Rz. 51

Zu den medizinischen Berufen gehört die Tätigkeit als Arzt, Zahnarzt und Tierarzt sowie die Tätigkeit als Heilpraktiker, Dentist und Krankengymnast (Ausübung der Heilkunde).[1] Die Tätigkeit umfasst alle Maßnahmen, die der Vorbeugung (z. B. Impfungen, Reihenuntersuchungen), Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten oder sonstigen Körperschäden dienen. Für sogen. Schönheitsoperationen gilt dies nur dann, wenn ein therapeutisches Ziel im Vordergund steht, nicht dagegen bei rein kosmetischen Eingriffen.[2] Arzt kann nur sein, wer die berufliche Qualifikation[3] besitzt.[4] Das Berufsrecht der Tierärzte richtet sich nach der Bundestierärzteordnung.[5]

Das Berufsbild des Arztes ist durch den "persönlichen, individuellen Dienst am Patienten" geprägt[6], auch ein Facharzt für plastische Chirurgie ("Schönheitschirurg") erfüllt diese Voraussetzungen. Die ärztliche Tätigkeit umfasst auch die Erstellung von Gutachten[7] (Rz. 12), z. B. über die Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit, über kausale Zusammenhänge zwischen bestimmten Krankheiten und deren Ursachen (z. B. bei Berufskrankheiten, Unfällen usw.) sowie über den Eintritt des Tods und seiner Ursachen. Im Rahmen der vorbeugenden Gesundheitspflege gehören hierzu auch Gutachten über die Freiheit des Trinkwassers von Krankheitserregern, über die Untersuchung von Körperflüssigkeiten oder Geweben auf dem Gebiet der übertragbaren Krankheiten sowie über die pharmakologische Wirkung von Medikamenten.

 

Rz. 52

Die Erstellung von Gutachten, die keinen therapeutischen Zwecken dienen (z. B. zur Blutalkoholbestimmung), können allenfalls als wissenschaftliche Tätigkeit freiberuflicher Betätigung zugeordnet werden.[8] Das Ausstellen von Impfzertifikaten durch Ärzte ist keine gewerbliche Tätigkeit i. S. v. § 15 EStG. Das Ausstellen von digitalen Impfzertifikaten ist lediglich eine (andere) Dokumentationsform (anstelle der/ergänzend zur bisherigen Dokumentation im" gelben" Impfpass) über durchgeführte Covid-19-Impfungen. Sie ist untrennbar mit der eigentlichen Impfung verbunden, die eine originäre ärztliche Tätigkeit i. S. v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG darstellt.[9] Zur ärztlichen Tätigkeit i. d. S. gehören dagegen nicht Untersuchungen zur Vaterschaftsfeststellung, über die chemische Zusammensetzung von Stoffen oder experimentelle Untersuchungen für Forschungszwecke. Ein Arzt, der serologische Gutachten zur Feststellung der Vaterschaft erstellt, übt aber einen der Berufstätigkeit der Ärzte ähnlichen Beruf aus.[10] Zur Ausübung der Heilkunde gehört ferner nicht die schriftstellerische Tätigkeit, die Vortrags- oder Lehrtätigkeit eines Arztes.

 

Rz. 53

Zur Abgrenzung zwischen freiberuflicher und gewerblicher Tätigkeit bei einem Arzt für Laboratoriumsmedizin s. BFH v. 1.2.1990, IV R 140/88, BStBl II 1990, 507. In diesen Fällen ist regelmäßig problematisch, inwieweit der Arzt trotz Mithilfe fachlich vorgebildeter Arbeitskräfte noch aufgrund eigener Fachkenntnisse leitend und eigenverantwortlich tätig werden kann (s. dazu Rz. 85, 90ff.). Einkünfte eines Arztes aus dem Betrieb einer Dialysestation können Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit sein, solange die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 3 EStG vorliegen.[11] Wer als Betriebsarzt, Vertrauensarzt oder Knappschaftsarzt tätig wird, erzielt regelmäßig Einkünfte aus selbstständiger Arbeit, selbst wenn er neben der vertraglichen Tätigkeit keine eigene Praxis ausübt (H 18.1 Abs. 1 EStH 2022). Das gilt nicht für angestellte Krankenhausärzte, selbst wenn diese in leitender Position (Chefarzt) tätig sind oder für "Honorarärzte", die zeitlich befristet auf Honorarbasis aufgrund eines Dienstvertrags ärztliche Leistungen für einen Krankenhausträger erbringen, da diese regelmäßig in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert sind.

 

Rz. 54

Heilpraktiker üben die Heilkunde aus, ohne als Arzt approbiert zu sein. Ihre Tätigkeit ist gesetzlich geregelt[12] und bedarf der behördlichen Erlaubnis.[13] Ähnliches gilt für Dentisten, die ihre Tätigkeit nach dem Gesetz über die Ausübung der Zahnheilkunde v. 31.3.1952[14] ausüben. Krankengymnasten üben die Heilkunde durch planmäßige körperliche Bewegung aus. Ihre Tätigkeit, auch als "Physiotherapeut" bezeichnet, ist im MPhG[15] geregelt. Soweit Krankengymnasten medizinisches Gerätetraining (MGT) anbieten, treten sie in Wettbewerb zu gewerblichen Fitnessstudios. Auch bei ärztlicher Verordnung des MGT üben sie dann keine heilberufliche Tätigkeit aus und erzielen gewerbliche Einkünfte.[16] Das gilt auch für einen ambulanten Pflegedienst, der nur Leistungen der Grundpflege und der hauswirtschaftlichen Versorgung erbringt.[17]

[3] Approbation nach § 2 Abs. 1 und §§ 3ff. Bundesärzteordnung,

G. v. 2.10.1961, zuletzt geändert durch G. v. 15.8.2019, BGBl I 2019, 1307.

[5] G. v. 17.5.1965, BGBl I 1965, 416, zuletzt geä...

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