Rz. 49

Erziehung besteht in der planmäßigen Tätigkeit zur körperlichen, geistigen und sittlichen Formung junger Menschen zu tüchtigen und mündigen Menschen; unter Mündigkeit wird dabei die Fähigkeit verstanden, selbstständig und verantwortlich die Aufgaben des Lebens zu bewältigen.[1] Zur Erziehung gehören daher die Wissensvermittlung (= Unterricht), die Willensbildung und die Charakterbildung.[2] Eine so verstandene Erziehungstätigkeit kann auch gegenüber Erwachsenen ausgeübt werden.[3] Die Tätigkeit muss aber stets auf die Formung der Gesamtpersönlichkeit angelegt sein. Eine Beratungstätigkeit, die auf die Lösung von Problemen in einem bestimmten Teilbereich zwischenmenschlicher Beziehungen (z. B. eine ambulante Eingliederungshilfe für behinderte Menschen) gerichtet ist, ist nicht erzieherisch i. S. d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.[4] Eine bestimmte qualifizierte Ausbildung zur Ausübung erzieherischer Tätigkeit ist nicht Voraussetzung; die hierfür erforderlichen Kenntnisse können auch im Weg praktischer Erfahrungen angeeignet worden sein.[5] Die Erziehung von Tieren (Ausbildung von Blindenhunden) gehört nicht hierher.[6]

 

Rz. 50

Verhaltenstrainer und psychologische Berater üben regelmäßig keine erzieherische Tätigkeit aus, da sie nicht nur Kenntnisse und Fähigkeiten vermitteln, sondern ihre Probanden auch mit dem Ziel der Analyse von Problemlagen und Konfliktsituationen beraten und Handlungsstrategien zu deren Bewältigung vermitteln.[7] Wer ein Kinderheim betreibt, wird nur dann erzieherisch tätig, wenn die auswärtige Unterbringung der Kinder in erster Linie zu deren körperlichen, geistigen und sittlichen Formung erfolgt und die freiberufliche Tätigkeit der Gesamtleistung des Heims das Gepräge gibt. Das ist in erster Linie aus der Sicht der versendenden Stellen zu beurteilen und weniger aus der Sicht der Heimleitung. Erfolgt die Auswahl der Kinder für einen Heimaufenthalt aus Gründen der physischen oder psychischen Erholung, so führt die entgeltliche Aufnahme selbst dann zu gewerblichen Einkünften, wenn die Heimleitung über sozialpädagogische Fachkenntnisse verfügt und die allgemeine erzieherische Betreuung besonders intensiv gestaltet.[8] Da der steuerrechtliche Erziehungsbegriff nicht auf die schulische Erziehung beschränkt ist, sondern auch die Erziehung des Kleinkinds einschließlich der Gruppenerziehung (Spielgruppe, Wohngruppenbetreuung) umfasst[9], lässt sich die frühere pauschale Einordnung von Säuglingsheimen als Gewerbebetrieb[10] kaum halten. In Kindertagesstätten, in denen die sozialen, sprachlichen und motorischen Fähigkeiten der Kinder umfassend gefördert und entwickelt werden, wird eine erzieherische Tätigkeit ausgeübt. Die Erziehung kann der Gesamtheit der Leistungen das Gepräge geben, während die außerdem erbrachten Dienste wie Unterbringung, Verköstigung, Beaufsichtigung und sonstige Betreuung lediglich notwendige Hilfstätigkeiten sein können.[11]

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