Rz. 301

Die Regelung für unentgeltlich erworbene Anteile in § 17 Abs. 2 S. 6 Buchst. a) EStG (zum Begriff des unentgeltlichen Erwerbs vgl. Rz. 154ff.) ist nicht nur auf den unentgeltlichen Erwerb unter Lebenden, sondern auch auf den Erwerb von Todes wegen anwendbar.

Danach ist ein Verlustabzug nicht möglich, soweit er aus Anteilen stammt, die innerhalb der letzten fünf Jahre unentgeltlich erworben wurden. Der Verlustabzug ist jedoch möglich, soweit er bei dem Rechtsvorgänger möglich gewesen wäre. Durch diese Regelung soll verhindert werden, dass eine Verlustausgleichsmöglichkeit dadurch geschaffen wird, dass die Anteile verschenkt werden. Ist z. B. der Vater nicht in der in § 17 EStG vorausgesetzten Höhe beteiligt, soll die Verlustausgleichsmöglichkeit nicht dadurch geschaffen werden, dass er die Anteile an den Sohn verschenkt, in dessen Hand sie zusammen mit eigenen Anteilen eine Beteiligung i. S. d. § 17 EStG bilden. War die Beteiligung aber bereits in der Hand des Schenkers eine Beteiligung i. S. d. § 17 EStG, für die der Verlustabzug nicht ausgeschlossen war, bleibt die Verlustausgleichsmöglichkeit in der Hand des Beschenkten bestehen. Die Regelung folgt dem in § 17 EStG auch sonst enthaltenen Prinzip, dass der unentgeltliche Erwerber in die Rechtsstellung des Rechtsvorgängers eintritt, seine Rechtsstellung verglichen mit der des Rechtsvorgängers, also weder verbessert noch verschlechtert wird.

Für die Frage, ob der Übertragende im Zeitpunkt der unentgeltlichen Übertragung (Rz. 303) etwaige Verluste hätte abziehen können, ist auch § 17 Abs. 2 S. 6 Buchst. b) EStG heranzuziehen. Das bedeutet, dass bei dem Übertragenden ein Verlust abziehbar gewesen wäre (und damit bei dem unentgeltlich Erwerbenden abziehbar ist), wenn dieser Tatbestand vorliegt.

 

Berücksichtigung von Veräußerungsverlusten

(1) A hat im Jahr 01 Anteile i. H. v. 0,6 % und im Jahr 03 von 0,5 % entgeltlich erworben. Im Jahr 04 überträgt er die Anteile an seinen Sohn B, der sie anschließend mit Verlust veräußert. A hätte nach § 17 Abs. 2 S. 6 Buchst. b EStG nur die Veräußerungsverluste der Anteile i. H. v. 0,5 % geltend machen können, weil dadurch eine Beteiligung nach § 17 EStG entstanden ist (vgl. Rz. 306); B kann die Verluste also im gleichen Umfang nach § 17 Abs. 2 S. 6 Buchst. a) EStG geltend machen.

(2) A hat im Jahr 01 Anteile i. H. v. 0,6 % erworben und überträgt sie im Jahr 03 unentgeltlich auf seinen Sohn B. Dieser erwirbt in 03 weitere 0,5 % entgeltlich hinzu und veräußert alle Anteile im Jahr 04 mit Verlust. Hier hätte A, isoliert betrachtet, den Veräußerungsverlust nicht geltend machen können, also kann dies auch B nicht. B hat aber in eigener Person den Tatbestand des § 17 Abs. 2 S. 6 Buchst. b) EStG erfüllt, d. h., er kann den durch die Veräußerung der Anteile von 0,5 % verursachten Verlust abziehen, zwar nicht nach Buchst. a, wohl aber nach Buchst. b.

 

Rz. 302

Schädlich sind nur unentgeltliche Erwerbe innerhalb der letzten fünf Jahre. Gemeint ist ein Zeitraum von fünf Jahren vor dem Eintritt (der Realisierung) des Verlusts, also dem Zeitpunkt der Veräußerung, Liquidation oder Kapitalherabsetzung. "Fünf Jahre" bedeutet 5 mal 365 Tage (bzw. 366 Tage bei Schaltjahren). Liegt der unentgeltliche Erwerb mehr als fünf Jahre (also mindestens 5 mal 365 Tage plus 1 Tag) zurück, sind die Verluste abzugsfähig. Die unentgeltlich erworbenen Anteile müssen eine Beteiligung i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG bilden, da sie sonst nicht steuerverhaftet sind. Ohne Bedeutung ist es jedoch, wie lange sie zu einer Beteiligung i. S. d. § 17 EStG gehört haben.

 

Höhe der abzugsfähigen Verluste

(1) Im Jahr 01 schenkt der Rechtsvorgänger dem Stpfl. seine gesamte Beteiligung von 0,4 % der Anteile. Der Stpfl. besaß bereits 1 % der Anteile. Im Jahr 05 werden alle Anteile mit Verlust veräußert.

Der Verlust, soweit er sich auf die 0,4 % der Anteile bezieht, ist nicht abzugsfähig, da die Fünf-Jahres-Frist nicht eingehalten ist und die geschenkten Anteile bei dem Rechtsvorgänger keine wesentliche Beteiligung gebildet hatten, bei ihm der Verlust also nicht abzugsfähig war. Hinsichtlich der Beteiligung von 1 % sind die Verluste abzugsfähig, wenn nicht ein Tatbestand des Buchst. b vorliegt (keine "Infektion" der Beteiligung).

(2) Wie Fall 1, der Rechtsvorgänger schenkt dem Stpfl. aber 0,4 % von einer Gesamtbeteiligung von 1,2 %.

Der Verlustabzug hinsichtlich der geschenkten Beteiligung ist möglich, da sie bei dem Stpfl. unter § 17 EStG fällt (Gesamtbeteiligung 1,2 %) und bei dem Rechtsvorgänger ein Verlustabzug möglich gewesen wäre.[1]

(3) Wie Fall 1, die eigene Beteiligung des Stpfl. betrug aber nur 0,9 %. Der Verlust ist insgesamt nicht abzugsfähig, für die geschenkte Beteiligung wegen Abs. 2 S. 6 Buchst. a, für die eigene Beteiligung wegen Abs. 2 S. 6 Buchst. b (keine wesentliche Beteiligung während der gesamten fünf Jahre).

(4) Wie Fall 2, die Schenkung erfolgt am 2.1.01., die Veräußerung am 3.1.06. Der Veräußerungsverlust ist für die ganze Beteiligung (0,4 % und 0,9 %) abzugsfähig,...

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