Rz. 155

Die unentgeltliche Übertragung von Betrieben, Teilbetrieben und Mitunternehmeranteilen war bis 1998 in § 7 EStDV geregelt. Durch Gesetz v. 24.3.1999[1] wurde die Regelung in § 6 Abs. 3 EStG übernommen. Die bisher für § 7 EStDV geltenden Grundsätze und die hierzu ergangene Rspr. gelten unverändert weiter (§ 6 EStG Rz. 175f.).

§ 6 Abs. 3 S. 1 EStG regelt die unentgeltliche Übertragung

  • eines ganzen Betriebs,
  • eines Teilbetriebs,
  • einer 100 %igen Beteiligung (bestritten),
  • eines Mitunternehmeranteils sowie
  • eines Teils eines Mitunternehmeranteils.

In diesen Fällen hat nach § 6 Abs. 3 EStG der bisherige Betriebsinhaber in seiner letzten Gewinnermittlungsbilanz die Wirtschaftsgüter mit den sich nach den Vorschriften über die Gewinnermittlung ergebenden (Buch-)Werten anzusetzen; der Betriebsübernehmer ist an diese Werte gebunden und muss sie in seiner Eröffnungsbilanz ansetzen. Die stillen Reserven gehen auf ihn über. Ein Veräußerungs- oder Aufgabegewinn entsteht nicht (§ 6 EStG Rz. 461ff.).

Die unentgeltliche Übertragung eines Betriebs, Teilbetriebs oder Mitunternehmeranteils ist nach h. L. ein Vorgang, der nicht von § 16 EStG erfasst wird, und zwar auch nicht subsidiär. Es soll sich vielmehr um einen qualitativ anderen Vorgang handeln, weil die unentgeltliche Übertragung weder eine Betriebsveräußerung ist – was mangels Entgeltlichkeit zutreffend ist – noch eine Betriebsaufgabe – was trotz Weiterbestehens des betrieblichen Organismus nach hier vertretener Ansicht unzutreffend ist (Rz. 28). Die unentgeltliche Übertragung nach § 6 Abs. 3 EStG unterscheidet sich demnach nach dieser Ansicht von der Betriebsveräußerung nach § 16 Abs. 1 EStG (zutreffend) dadurch, dass sie unentgeltlich erfolgt und von der Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG (unzutreffend) dadurch, dass der Betrieb nicht zerschlagen wird (Rz. 19f.).

 

Rz. 156

Infolge dieser Ansicht tritt die in § 6 Abs. 3 EStG angeordnete Rechtsfolge – Übertragung zu Buchwerten, Übergang der stillen Reserven – in jedem Fall unentgeltlicher Betriebsübertragung ein, was nicht immer im Interesse der Beteiligten liegt. Der Betrieb wird in jedem Fall zu Buchwerten übertragen; es kommt weder zu einer steuerlichen Erfassung der stillen Reserven beim Übertragenden, noch zu einer Aufstockung des Abschreibungsvolumens beim neuen Betriebsinhaber; vielmehr besteht im Anwendungsbereich des § 6 Abs. 3 EStG ein Zwang zur Buchwertfortführung.

Die Übertragung eines Betriebs zu Buchwerten entspricht bei einem unentgeltlichen Übergang zwar in vielen Fällen dem Interesse der Beteiligten. Im Einzelfall kann indes auch ein Interesse an der Aufdeckung der stillen Reserven noch beim bisherigen Unternehmer bestehen (z. B. wegen der Unübertragbarkeit von Verlustvorträgen bei der Übertragung oder an der unterschiedlichen gewerbesteuerlichen Behandlung). Die h. M. versagt den Stpfl. diese Möglichkeit ohne Not.

 

Rz. 157

Eine Betriebsübertragung zu Buchwerten nach § 6 Abs. 3 S. 1 EStG setzt wie § 16 EStG voraus, dass der gesamte Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil übertragen wird, also alle wesentlichen Grundlagen des Betriebs – ggf. mit den wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen – auf den Übernehmer übertragen werden, ist also bis auf die erforderliche Unentgeltlichkeit mit dem Tatbestand des § 16 Abs. 1 EStG identisch (§ 6 EStG Rz. 466)[2]. Werden Wirtschaftsgüter, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, vom Übertragenden zurückbehalten oder anderweitig (entgeltlich oder unentgeltlich) übertragen, liegt – vorbehaltlich der Sonderregelung in § 6 Abs. 3 S. 2 EStG – keine Betriebsübertragung im Ganzen, sondern eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG vor; folglich kommt es nicht zu einer Buchwertfortführung, es sind vielmehr die gesamten stillen Reserven aufzulösen[3].

Entsprechendes gilt für die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils; hier ist die Mitübertragung von wesentlichen Betriebsgrundlagen im Sonderbetriebsvermögen des Übertragenden zur Anwendung des § 6 Abs. 3 EStG unerlässlich; andernfalls liegt eine (tarifbegünstigte) Aufgabe des Mitunternehmeranteils vor (Rz. 100; § 6 EStG Rz. 481)[4]. Nach § 6 Abs. 3 S. 2 EStG ist allerdings ein Zurückbehalten wesentlicher Betriebsgrundlagen unter zwei Voraussetzungen unschädlich: Zum einen müssen die zurückbehaltenen Wirtschaftsgüter weiterhin zum Betriebsvermögen derselben Mitunternehmerschaft gehören. Dies ist nur möglich, wenn der übertragende Stpfl. weiterhin Mitunternehmer bleibt, also entweder nur einen Teil seines Mitunternehmeranteils überträgt oder als Einzelunternehmer eine natürliche Person unentgeltlich in das Einzelunternehmen aufnimmt; eine zeitliche Sperrfrist für das Verbleiben im Betriebsvermögen ist gesetzlich nicht vorgesehen. Zum anderen darf der Rechtsnachfolger den übernommenen Mitunternehmeranteil über einen Zeitraum von fünf Jahren weder veräußern noch aufgeben. Bei einem Verstoß gegen die Behaltenspflicht entfällt rückwirkend die Rechtsfolge der Buchwertfortführung und dam...

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