Rz. 253

In den Fällen der Haftung aus § 171 Abs. 1 HGB ist nach allem ein Verlustausgleich über die tatsächliche Einlage hinaus möglich. Der Kommanditist wird so gestellt, als habe er eine Einlage in Höhe der im Handelsregister eingetragenen Haftsumme geleistet. Die höhere Haftsumme steht nur einmal für den erweiterten Verlustausgleich zur Verfügung. Eine Addition von Haftsumme und tatsächlicher Einlage kommt gleichfalls nicht in Betracht; Letztere geht vielmehr in Ersterer auf.[1]

 

Rz. 254

Die Frage, ob eine Einlage tatsächlich geleistet ist, richtet sich ausschließlich nach dem Handelsrecht. Nur wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind, tritt auch eine Haftungsbefreiung ein. Sie erfordert kumulativ die Erfüllung von zwei Voraussetzungen: Leistung und Wertdeckung aufgrund vertraglicher Einlageverpflichtung. In diesem Zusammenhang hat der BFH[2] in einem Sonderfall entschieden, dass eine zusätzliche Sacheinlage nicht notwendig zum Erlöschen der bestehenden Einlageverpflichtung führt. Der Kommanditist habe vielmehr die Möglichkeit, eine negative Tilgungsbestimmung zu treffen. Dadurch könne er Eigenkapital zuführen, ohne dass die Forderung der KG aus der Pflichteinlage erlischt. Damit führt eine solche Sacheinlage in vollem Umfang zur (zusätzlichen) Abzugsfähigkeit von Verlusten, nicht nur in der Höhe, um die der Wert der Sacheinalge die Einlageverpflichtung übersteigt. Durch die negative Tilgungsbestimmung und die damit verbundene zusätzliche Kapitalzuführung wird der Ausweis oder die Erhöhung eines negativen Kapitalkontos vermieden.

 
Praxis-Beispiel

Verlustpotenzial der Sacheinlage eines Kommanditisten

Kommanditist K ist an der A-KG mit einer Einlage i. H. v. 520.000 EUR beteiligt, die seiner Haftsumme entspricht und auf die er noch keine Zahlung geleistet hat. In den Jahren 01–03 nach der Gesellschaftsgründung werden dem K Verluste von insgesamt 520.000 EUR zugerechnet, die aufgrund des erweiterten Verlustausgleichs nach § 15a Abs. 1 S. 2 EStG ausgleichsfähig sind. Im Jahr 04 legt K eine Eigentumswohnung im Wert von 600.000 EUR in die Gesellschaft ein. Die Einlage hat weder Einfluss auf die Haftsumme, noch auf die Position der ausstehenden Einlage in der Gesellschaftsbilanz, nach der K weiterhin eine Einlage i. H. v. 520.000 EUR zu erbringen hat. Ebenfalls im Jahr 04 wird K ein Verlust von rund 270.000 EUR zugewiesen. Die Einlage der Wohnung soll gemäß Vereinbarung mit der Gesellschaft nicht als auf die Pflichteinlage geleistet gelten (negative Tilgungsbestimmung).

Der Verlust des Jahres 04 ist in voller Höhe und nicht lediglich i. H. v. 80.000 EUR als die Haftsumme übersteigender Teil ausgleichsfähig, da die Außenhaftung aufgrund der negativen Tilgungsbestimmung nicht beendet wird und der Betrag von 600.000 EUR somit vollständig für den Verlustausgleich zur Verfügung steht.

 

Rz. 255

Bei der Berechnung des erweiterten Verlustausgleichs muss die bilanzielle Behandlung der nicht geleisteten Einzahlung auf die höhere Haftsumme berücksichtigt werden. In der Praxis ist es durchaus üblich, in der Handelsbilanz hierfür eine Forderung auszuweisen. Sollte das geschehen, muss entweder eine gesonderte Steuerbilanz aufgestellt oder der effektive Kontenstand über eine steuerliche Ergänzungsbilanz (negativ) ermittelt werden.

 
Praxis-Beispiel

1. Handelsbilanz

 
Aktiva EUR     Passiva EUR
Anlagevermögen 540.000     Kapital Komplementär 100.000
Umlaufvermögen 20.000     Kapital Kommanditist 200.000
Forderung Einlage Kapital Kommanditist 180.000     Verbindlichkeiten 1.070.000
Verlust 630.000        
  1.370.000       1.370.000

2. Steuerbilanz

 
Aktiva EUR     Passiva EUR
Anlagevermögen 540.000     Kapital Komplementär 100.000
Umlaufvermögen 20.000     Kapital Kommanditist 20.000
Verlust 630.000     Verbindlichkeiten 1.070.000
  1.190.000       1.190.000

3. Ergänzungsbilanz Kommanditist

 
Aktiva EUR     Passiva EUR
Minderkapital 180.000     Einlageverpflichtung 180.000
  180.000       180.000

Bei einer Ergebnisverteilung entsprechend dem Festkapital entfällt auf den Kommanditisten ein Anteil am Verlust der KG von zwei Dritteln (= 420.000 EUR). Davon sind ausgleichsfähig gem. § 15a Abs. 1 S. 1 EStG 20.000 EUR, gem. § 15a Abs. 1 S. 2 180.000 EUR (Haftsumme abzüglich tatsächliche Einlage). Der Rest von 220.000 EUR ist nicht ausgleichsfähig, sondern nur verrechenbar.

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