Rz. 140

Das StGB normiert in §§ 38ff. StGB ein zweispuriges System der Reaktionen auf eine rechtswidrige Tat. Es unterscheidet zwischen Strafen einerseits, deren Voraussetzungen und Zumessungsgrundlage die Schuld des Täters ist, und in die Zukunft gerichteten vorbeugenden Maßnahmen andererseits, die entsprechend dem Schutzzweck des Strafrechts unabhängig vom Maß der Schuld des Täters oder auch ohne Schuld angeordnet werden können. Die Geldstrafe stellt eine der Hauptstrafen dar, hinzutreten können Nebenstrafen, zu denen in bestimmten Fällen die Einziehung[1] gehört, die aber auch selbstständig angeordnet werden kann.[2] Zu den Maßnahmen gehört der Verfall[3], in bestimmten Fällen aber auch die Einziehung als reine Sicherungsmaßnahme[4] sowie die Unbrauchbarmachung.[5]

6.3.1 Einziehung

 

Rz. 141

Bei vorsätzlich begangenen Straftaten können nach § 74 Abs. 1 StGB Gegenstände, die durch sie hervorgebracht (sog. producta sceleris; z. B. gefälschte Bilder) oder zu ihrer Begehung oder Vorbereitung gebraucht oder bestimmt gewesen sind (sog. instrumenta sceleris; z. B. Tatwerkzeuge, Fahrzeuge) eingezogen werden.

Die Einziehung ist nur zulässig[1], wenn

  • die Gegenstände zzt. der Entscheidung dem Täter oder Teilnehmer gehören oder zustehen oder
  • die Gegenstände nach ihrer Art und den Umständen die Allgemeinheit gefährden oder die Gefahr besteht, dass sie der Begehung rechtswidriger Taten dienen werden.

Unter den Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB ist die Einziehung der Gegenstände auch zulässig, wenn der Täter ohne Schuld gehandelt hat.[2]

 

Rz. 142

Ist die Einziehung nicht mehr möglich, z. B. weil der Täter oder Teilnehmer den betreffenden Gegenstand verwertet, insbesondere veräußert hat, kann Wertersatz angeordnet werden.[3] Einziehung oder Wertersatz kann neben der Hauptstrafe oder auch nachträglich nach § 76 StGB oder, wenn eine bestimmte Person nicht verfolgt oder verurteilt werden kann, unter den Voraussetzungen des § 76a StGB selbstständig angeordnet oder festgesetzt werden. Eine besondere Form der Einziehung ist die sog. Dritteinziehung gem. § 74a StGB gegenüber einem nicht Tatbeteiligten. Bei dem Dritten ist die Einziehung in bestimmten Fällen[4] zulässig, wenn er wenigstens leichtfertig dazu beigetragen hat, dass die Sache oder das Recht Mittel oder Gegenstand der Tat oder ihrer Verbreitung gewesen ist, oder wenn er die Gegenstände in Kenntnis der Umstände, die die Einziehung zugelassen hätten, in verwerflicher Weise erworben hat.

 

Rz. 143

Die Einziehung ist kein einheitliches Rechtsinstitut. Soweit sie Täter oder Teilnehmer betrifft (§ 74 Abs. 2 Nr. 1 StGB), ohne dass die Voraussetzungen des § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB vorliegen, handelt es sich um eine Strafe oder zumindest eine strafähnliche Sanktion[5], die steuerrechtlich der Geldstrafe gleichsteht und damit dem Anwendungsbereich des § 12 Nr. 4 EStG unterfällt. Eine Maßnahme mit Strafcharakter stellt auch die Dritteinziehung gem. § 74a StGB dar.

 

Rz. 144

Keinen Strafcharakter trägt die Einziehung zur Sicherung der Allgemeinheit gem.§ 74 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 3 StGB. Hier handelt es sich um eine reine Sicherungsmaßnahme. In diesen Fällen fehlt das mit einer Strafe verbundene Unwerturteil, sodass kein Grund für den Ausschluss des Abzugs besteht. Die Einziehung nach § 74 Abs. 2 Nr. 2 StGB kann allerdings mit der Einziehung gem. Abs. 1 Nr. 1 zusammentreffen. In diesen Fällen trägt die Maßnahme gemischten Charakter. Es ist im Einzelfall zu prüfen, ob der Strafcharakter oder der Sicherungscharakter überwiegt. Ist die Einziehung lediglich Sicherungsmaßnahme, ist der durch sie eingetretene Verlust eines zum Betriebsvermögen gehörenden Gegenstands Gewinn mindernd zu behandeln.[6] Die Einziehung eines Geldbetrags anstelle oder neben der Einziehung eines Gegenstands gem. § 74c StGB (Wertersatz) steht der Einziehung von Gegenständen gleich.[7]

[5] Tröndle/Fischer, StGB, 2010, § 74 Rn. 2 m. w. N.
[7] Fissenewert, in H/H/R, EStG/KStG, § 12 EStG Rz. 153.

6.3.2 Verfall

 

Rz. 145

Hat der Täter oder Teilnehmer für die Tat oder aus ihr einen Vermögensvorteil erlangt, ordnet das Strafgericht nach § 73 StGB dessen Verfall an, es sei denn, dem Verletzten ist aus der Tat ein Anspruch erwachsen, dessen Erfüllung den aus der Tat erlangten Vermögensvorteil beseitigen oder mindern würde. Die Anordnung des Verfalls erstreckt sich auf die gezogenen Nutzungen und auf Wertersatz. Die Rechtsnatur des Verfalls, der auch gegenüber ohne Schuld handelnden Tätern und unbeteiligten schuldlosen Dritten angewendet werden kann, ist im Einzelnen umstritten. Mit der Anordnung des Verfalls sollen dort, wo zivilrechtliche Ersatzansprüche des Geschädigten fehlen, im Weg eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs die durch eine rechtswidrige Tat erlangten Vermögensvorteile beim illegitimen Empfänger abgeschöpft werden. In jedem Einzelfall...

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