4.3.1 Wiederkehrende Versorgungsleistungen

 

Rz. 103

§ 12 Nr. 2 EStG ist weder auf wiederkehrende Versorgungsleistungen noch auf wiederkehrende Veräußerungsleistungen anzuwenden. Diese Leistungen sind strikt von den Unterhaltsleistungen zu trennen. Zu Versorgungsleistungen im Zusammenhang mit einer Vermögensübertragung s. Rz. 92ff.

4.3.2 Zurechnung von Einkünften

 

Rz. 104

Nach der Rspr. des BFH[1] ist § 12 Nr. 2 EStG lediglich als Vorschrift der Einkommensverwendung zu sehen, die mit dem Problemkreis der Zurechnung von Einkünften oder auch der Zuwendung einer Einkunftsquelle nichts zu tun hat. Die gegenteilige Rspr.[2], nach der § 12 Nr. 2 EStG als bei allen Einkunftsarten zu berücksichtigender übergreifender Rechtsgedanke auch im Bereich der Zurechnung von Einkünften zu verstehen war, wurde aufgegeben.

 

Rz. 105

Wem Einkünfte zuzurechnen sind, ergibt sich nicht aus § 12 Nr. 2 EStG, sondern aus § 2 Abs. 1 EStG, wonach der ESt die dort genannten Einkünfte unterliegen, "die der Steuerpflichtige … erzielt". Die Einkünfte sind somit demjenigen zuzurechnen, der sie "erzielt", d. h. demjenigen Stpfl., der in seiner Person die gesetzlichen Voraussetzungen der jeweiligen Einkunftsart nach § 2 Abs. 1 Nr. 1-7 EStG i. V. m. §§ 1324 EStG erfüllt.[3] Der Stpfl. muss also die ihm zuzurechnenden Einkünfte erwirtschaften, indem er selbst oder durch eine Hilfsperson wirtschaftliche Chancen nutzt, Leistungen erbringt, ändert oder verweigert, wobei ihn Erfolg oder Misserfolg dieses Handelns treffen.[4] Einkünfte i. S. d. § 21 EStG erzielt so z. B. derjenige, der mit den Rechten und Pflichten eines Vermieters Sachen und Rechte i. S. d. § 21 Abs. 1 EStG an andere zur Nutzung gegen Entgelt überlässt.[5] Bei Vermietung eines Grundstücks sind daher dem Nutzungsberechtigten die Vermietungseinkünfte nur dann zuzurechnen, wenn ihm die volle Besitz- und Verwaltungsbefugnis zusteht, er die Nutzungen tatsächlich zieht, das Grundstück in Besitz hat und es verwaltet. Einkünfte i. S. d. § 20 EStG erzielt, wer Kapitalvermögen an andere zur Nutzung gegen Entgelt überlässt[6]; die Erzielung von Einkünften aus selbstständiger Arbeit und aus nichtselbstständiger Arbeit beruht neben dem Einsatz von Kapital (Betriebsvermögen des Freiberuflers, Arbeitsmittel des Arbeitnehmers) auf persönlicher Arbeitsleistung usw.

Stpfl. Einnahmen sind somit dem Einkunftserzieler zuzurechnen. Liegen ihm zuzurechnende Einkünfte vor, können begrifflich keine Zuwendungen i. S. d. § 12 Nr. 2 EStG von dritter Seite mehr gegeben sein. Bezüge aus den einzelnen Einkunftsarten und Zuwendungen schließen sich aus.[7]

[4] Bewirtschaftungs- und Dispositionsbefugnis im eigenen Namen und auf eigenes Risiko; Ruppe, in Tipke, Übertragung von Einkunftsquellen im Steuerrecht, 1978, 7, 18; vgl. auch BMF v. 9.2.2001, BStBl I 2001, 171, sog. Nießbrauchserlass.
[7] Claßen, in Lademann, EStG, § 12 EStG Rz. 31; Loschelder, in Schmidt, EStG, 2022, § 12 EStG Rz. 36.

4.3.3 Rechtsverhältnisse zwischen Angehörigen

 

Rz. 106

Auch bei der Prüfung der steuerlichen Anerkennung von Rechtsverhältnissen unter Familienangehörigen bedarf es keines Rückgriffs auf § 12 Nr. 2 EStG. Ob Leistungen des Stpfl. gegenüber Angehörigen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar oder als nicht abziehbare Zuwendungen i. S. v. § 12 Nr. 2 EStG zu behandeln sind, beurteilt sich nicht nach § 12 Nr. 2 EStG, sondern danach, ob die Ausgabe aufseiten des Leistenden betrieblich oder beruflich veranlasst ist.[1] Hierfür ist eine hinreichende deutliche Trennung der Vermögensverhältnisse erforderlich[2] sowie eine Würdigung anhand eines Fremdvergleichs.[3], dessen Durchführung des FG als Tatsacheninstanz obliegt.[4]

Die Überlassung eines Dienstwagens an Ehefrau zur unbeschränkten Privatnutzung ist z. B. im Falle einer geringfügiger Beschäftigung fremdunüblich.[5]

Aufwendungen eines Facharztes für die Facharztausbildung seines Sohnes, der als sein Nachfolger unentgeltlich in eine GbR eintreten soll, sind z. B. keine (Sonder-) Betriebsausgaben, wenn eine solche Ausbildung einem fremden Dritten nicht gewährt worden wäre.[6] Tätigkeiten in der familiären Hausgemeinschaft sind daher grds. der Privatsphäre zuzurechnen, auch wenn sie vertraglich geregelt werden.[7] Der Abzug von Zinsen als Betriebsausgaben setzt z. B. voraus, dass die Bedingungen einem Fremdvergleich standhalten[8] und bei Schenkung des darlehensweise hingegebenen Betrags eine endgültige Vermögensverschiebung bewirkt wird.[9]§ 12 Nr. 2 EStG ist dafür nicht einschlägig.[10]

 

Rz. 107

Ebenso ist auf Seiten des Leistungsempfängers – ohne Anwendung des § 12 Nr. 2 EStG – zu prüfen, ob er sich die Einkünfte aufgrund eigener Bewirtschaftungs- und Dispositionsbefugni...

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