Rz. 189

Gem. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 UmwStG kommt es auch dann zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns, wenn entweder der Einbringende selbst oder im Fall einer Weitereinbringung die übernehmende Gesellschaft i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG die Voraussetzungen i. S. d. § 1 Abs. 4 UmwStG nicht mehr erfüllt.

 

Rz. 190

Da es sich bei der im Rahmen einer Weitereinbringung übernehmenden Gesellschaft i. S. d. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 4 UmwStG zugleich um die übernehmende Gesellschaft i. S. d. § 20 oder § 21 UmwStG handelt, ist davon auszugehen, dass für diese übernehmende Gesellschaft gem. § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 UmwStG die Anwendungsvoraussetzungen gelten sollen, die für die übernehmende Gesellschaft i. S. d. § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UmwStG gelten.[1]

Übernehmende Gesellschaft kann nur eine Kapitalgesellschaft (oder Genossenschaft) sein.[2]

 

Rz. 191

Bei dem Einbringenden kann es sich um eine natürliche Person, eine Personengesellschaft oder eine Körperschaft handeln.[3]

 

Rz. 191a

Gemäß § 22 Abs. 8 UmwStG soll allein der Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union nicht dazu führen, dass die Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 UmwStG nicht mehr erfüllt sind, sofern in den Fällen der Gesamtrechtsnachfolge der Umwandlungsbeschluss bzw. in den Fällen der Einzelrechtsnachfolge der Einbringungsvertrag vor dem Zeitpunkt erfolgt bzw. abgeschlossen wird, ab dem das Vereinigte Königreich Großbritannien und Nordirland nicht mehr Mitgliedstaat der Europäischen Union ist und auch nicht, z. B. aufgrund eines Austrittsabkommens für einen darin vereinbarten Zeitraum, wie ein solcher zu behandeln ist. Die Regelung soll sicherstellen, dass allein der Brexit – ohne weiteres Zutun des Steuerpflichtigen – nicht zu einer rückwirkenden Versteuerung des Einbringungsgewinns führt.[4]

 

Rz. 192

Ist Ausgangsrechtsträger eine Personengesellschaft, gelten die EU/EWR-Ansässigkeitsvoraussetzungen sowohl für die Personengesellschaft als auch für deren unmittelbar oder mittelbar über eine oder mehrere Personengesellschaften beteiligte Gesellschafter, gleich, ob es sich dabei um natürliche oder juristische Personen handelt.[5]

Erfüllt in diesen Fällen die Personengesellschaft selbst die Ansässigkeitsvoraussetzungen nicht mehr, kommt es, vorbehaltlich der Siebtelregelung, insgesamt zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns.

Hingegen kommt es nur zu einer entsprechend der Beteiligungsquote anteiligen rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns, soweit eine der an der Personengesellschaft beteiligten natürlichen oder juristischen Personen nicht mehr die geforderten Ansässigkeitsvoraussetzungen erfüllt.

Vorbehaltlich einer gesellschaftsvertraglichen Regelung ist der anteilig entstehende Einbringungsgewinn I nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel auf alle Beteiligten aufzuteilen.

 

Rz. 193

Nach wohl h. M.[6] sollen die persönlichen Anwendungsvoraussetzungen i. S. d. § 1 Abs. 4 UmwStG (nur) für den Einbringenden entsprechend § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b) UmwStG auch dann erfüllt sein, wenn nach dem Wegfall der Ansässigkeitsvoraussetzungen das Besteuerungsrecht aus der Veräußerung der sperrfristverstrickten Anteile weder ausgeschlossen noch beschränkt ist. Von Dreieckssachverhalten abgesehen, ist dies regelmäßig der Fall, wenn die sperrfristverstrickten Anteile weiterhin tatsächlich zu einer inländischen Betriebsstätte gehören.[7] In diesem Fall soll es nicht zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I kommen.

 

Rz. 194

Fraglich könnte sein, ob die (ersatzweise) Erfüllung der in § 1 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. b) UmwStG genannten Anwendungsvoraussetzungen die Anwendung des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 UmwStG tatsächlich ausschließt.

Dagegen könnte zum einen die enge Auslegung des Wortlauts des § 22 Abs. 1 S. 6 Nr. 6 UmwStG sprechen. Danach müssen die Voraussetzungen i. S. d. § 1 Abs. 4 UmwStG "für den Einbringenden" und nicht ersatzweise "für die erhaltenen Anteile" gelten.

Dagegen könnte auch sprechen, dass die weite Auslegung "für den Einbringenden" in bestimmten Fällen dem Sinn und Zweck des § 22 UmwStG widerspricht, wonach es zu einer rückwirkenden Besteuerung des Einbringungsgewinns I kommen soll, wenn der Einbringende durch eine Auflösung der stillen Reserven in den sperrfristverstrickten Anteilen gegenüber der Auflösung in den stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens einen Steuervorteil erzielt. Verlegt z. B. eine Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder Ort der Geschäftsleitung in einen Drittstaat, so kommt es gem. § 12 Abs. 3 KStG i. V. m. § 11 KStG ungeachtet eines weiterhin bestehenden uneingeschränkten Besteuerungsrechts am Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft zur Aufdeckung der stillen Reserven. Käme § 22 UmwStG in diesem Fall nicht zur Anwendung, hätte die Kapitalgesellschaft durch die vorherige Einbringung einen Steuervorteil erzielt.

Rz. 195 einstweilen frei

 

Rz.

 
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