Rz. 58

Die Auflösung und Liquidation einer Kapitalgesellschaft werden in § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG der Anteilsveräußerung gleichgestellt, weil auch hierdurch die in einbringungsgeborenen Anteilen enthaltenen stillen Reserven — etwa infolge nicht ausgeschütteter Gewinne — verwirklicht werden. Die Vorschrift entspricht § 17 Abs. 4 EStG.

 

Rz. 59

Auf die Auflösung einer Kapitalgesellschaft nach § 262 AktG oder §§ 60 bis 62 GmbHG folgt ihre Abwicklung (vgl. § 264 AktG, §§ 66ff. GmbHG), die mit der Verteilung des Vermögens an die Gesellschafter endet (vgl. § 271 AktG, § 72 GmbHG). Somit ist der Tatbestand des § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG noch nicht mit der Betriebseinstellung und auch noch nicht mit der Auflösung verwirklicht[1], sondern nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes erst mit der Abwicklung. Der BFH (v. 2.10.1984, VIII R 20/84, BStBl II 1985, 428) hat zu § 17 Abs. 4 EStG entschieden, dass es für die Entstehung des Gewinns oder Verlusts nicht auf den Zufluss (vgl. § 11 EStG), sondern auf die Entstehung des Anspruchs auf den Gewinn ankommt, bzw. bei Verlusten auf den Zeitpunkt, in dem mit einer wesentlichen Änderung eines bereits feststehenden Verlustes nicht mehr zu rechnen ist. Letztmöglicher Zeitpunkt für den Ansatz von Gewinn oder Verlust soll das Jahr sein, in dem die Abwicklung förmlich abgeschlossen und die Kapitalgesellschaft im Handelsregister gelöscht worden ist.

 

Rz. 60

Einnahmen aufgrund des Untergangs einbringungsgeborener Anteile sind jedoch nach § 21 Abs. 2 Nr. 3 UmwStG nur Beträge, die aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG ausgeschüttet oder zurückgezahlt werden. Diese Regelung entspricht dem § 17 Abs. 4 Satz 1 EStG. Die Worte „Beträge aus dem steuerlichen Einlagekonto im Sinne des § 27 KStG” sind an die Stelle der Worte „Eigenkapital i. S. von § 30 Abs. 2 Nr. 4 KStG” getreten. Infolge der Einführung des Halbeinkünfteverfahrens und der Abschaffung des Körperschaftsteuer-Anrechnungsverfahrens durch das Gesetz vom 23.10.2000[2] gibt es kein EK 04 mehr.

 

Rz. 61

Für den Gewinn aus der Auflösung der Kapitalgesellschaft, aus einer Kapitalherabsetzung oder einer Rückzahlung gelten die Grundsätze des § 17 Abs. 4 und Abs. 2 EStG entsprechend. Als gemeiner Wert der Anteile i. S. von § 21 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ist der Betrag anzusetzen, den der Steuerpflichtige aus der Auflösung des bzw. Kapitalherabsetzung bzw. aus dem steuerlichen Einlagenkonto erhält. Wenn das ausgekehrte Vermögen ausnahmsweise nicht in Geld, sondern in Sachwerten besteht, sind die zurückgewährten Gegenstände mit dem gemeinen Wert anzusetzen. Dem empfangenen Betrag, vermindert um die dem Steuerpflichtigen durch die Auflösung oder Kapitalherabsetzung entstandenen Kosten, sind die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile gegenüberzustellen. Der sich aufgrund dessen ergebende Differenzbetrag stellt den Auflösungs- oder Herabsetzungsgewinn oder -verlust dar. Natürliche Personen unterliegen mit diesem innerhalb der Siebenjahresfrist nicht dem Halbeinkünfteverfahren bzw. dem Halbabzugsverfahren, es sei denn, die einbringungsgeborenen Anteile sind auf die Einbringung einer mehrheitsverschaffenden Beteiligung i. S. von § 20 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zurückzuführen (vgl. § 3 Nr. 40 Sätze 3 und 4 EStG).

 

Rz. 61a

Einnahmen aus Kapitalvermögen stellt hingegen das anteilige Eigenkapital i. S. von § 27 KStG dar, gemindert um den Teil, der durch Einlagen der Anteilseigner zugeführt worden ist. In Eigenkapital umgewandeltes EK 01, 02, EK 30 und EK 40 führt zu steuerpflichtigen Einkünften. Dies folgt aus § 29 Abs. 1 i. V. m. § 28 Abs. 2 KStG. Einnahmen aus Kapitalvermögen sind somit Auskehrungen aus den Rücklagen. Diese Einnahmen unterliegen dem Halbeinkünfteverfahren.

 

Rz. 61b

Die Trennung von Auflösungsgewinn und Einnahmen aus Kapitalvermögen mag durch folgendes Beispiel erläutert werden:

 
Praxis-Beispiel

A und B sind zu je ½ Gesellschafter der AB-GmbH. Die GmbH hat ein Stammkapital von 100.000 EUR und Rücklagen von 400.000 EUR. Als jeweils einbringungsgeborene Beteiligung hat A seine Beteiligung für 60.000 EUR, B für 40.000 EUR erworben, jeweils vor weniger als sieben Jahren. Die GmbH wird liquidiert. A und B erhalten je 250.000 EUR. A und B haben Einnahmen aus Kapitalvermögen von je ½ von 200.000 EUR = 100.000 EUR. A hat einen Auflösungsverlust von 50.000 EUR ./. 60.000 EUR = 10.000 EUR, B einen Auflösungsgewinn von 50.000 EUR ./. 40.000 EUR = 10.000 EUR. Auflösungsgewinn und -verlust werden steuerlich voll berücksichtigt, da die Auflösung innerhalb der siebenjährigen Behaltefrist des § 3 Nr. 40 Satz 3 EStG erfolgt.

[2] BStBl I 2000,1428.

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