Rz. 94

Kosten der Verschmelzung sind bei der übernehmenden Körperschaft Betriebsausgaben. Es handelt sich um die mit der Verschmelzung zusammenhängenden Kosten, die objektiv der übernehmenden Körperschaft zuzuordnen sind, d. h. also danach, wer (objektiv) den Kostentatbestand verwirklicht hat. Eine vertragliche Zuordnung zwischen übertragender und übernehmender Körperschaft ist nicht möglich (vgl. § 11 Rz. 57). Eventuell liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung der übertragenden Körperschaft vor, wenn sie freiwillig Kosten übernimmt, die sie objektiv nicht treffen[1].

Die Verschmelzungskosten mindern nicht den Übernahmegewinn. In § 12 Abs. 2 S. 1 sind die Kosten bei der Definition des Übernahmegewinns, anders als bei § 17 Abs. 2 S. 1 EStG, nicht erwähnt[2]. Für die Nichtberücksichtigung beim Übernahmegewinn spricht auch, dass in den Fällen, in denen die übernehmende Körperschaft an der übertragenden Körperschaft nicht beteiligt ist, kein Übernahmegewinn anfallen kann, trotzdem aber Verschmelzungskosten entstehen.

Verschmelzungskosten können auch nicht als Anschaffungskosten des übernommenen Vermögens aktiviert werden, da die Verschmelzung kein Anschaffungsvorgang ist (vgl. Rz. 48). Das im obiter dictum anders lautende Urteil des BFH v. 22.4.1998 (I R 83/96, BStBl II 1998, 698) ist zu dem früheren Recht ergangen, bei dem die Verschmelzung als Veräußerung zu behandeln war.

 

Rz. 95

Es stellt sich damit die Frage, ob die Abzugsfähigkeit der Verschmelzungskosten nach § 3c EStG ausgeschlossen ist. Das wäre der Fall, wenn sie mit dem steuerfreien Übernahmegewinn in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen und wenn § 12 Abs. 1 S. 1 eine Steuerbefreiung darstellt, nicht aber eine fehlende Nichtsteuerbarkeit begründet. Das FG Köln (v. 21.8.1996, 13 K 6812/95, EFG 1997, 329) bejaht beide Fragen und stuft die Verschmelzungskosten der übernehmenden Körperschaft daher als nichtabzugsfähige Betriebsausgaben ein.

Bei der Beurteilung der Frage fällt zuerst auf, dass § 3c EStG jedenfalls dann nicht anwendbar ist, wenn und soweit der übernehmende Rechtsträger an dem übertragenden Rechtsträger nicht beteiligt ist. In diesen Fällen kann kein steuerfreier Übernahmegewinn entstehen. Es entsteht ein Agiogewinn (vgl. Rz. 19), der nicht steuerfrei, sondern als auf gesellschaftsrechtlicher Einlage beruhend, nicht steuerbar ist. Da § 3c EStG bei nicht steuerbaren Vorgängen nicht eingreift, sind Verschmelzungskosten in diesen Fällen eindeutig abzugsfähige Betriebsausgaben.

 

Rz. 96

Dies spricht dafür, auch in den Fällen des Entstehens eines steuerfreien Übernahmegewinns die Verschmelzungskosten zum Abzug als Betriebsausgaben zuzulassen. Es ist systematisch jedenfalls nicht zu begründen, warum Verschmelzungskosten bei Bestehen einer Beteiligung des übernehmenden an dem übertragenden Rechtsträger anders behandelt werden sollen, als wenn diese Beteiligung fehlt. Da beide Fallgruppen grundsätzlich gleich behandelt werden sollten, spricht dies dafür, dass auch der Übernahmegewinn bzw. -verlust nicht steuerbar ist und schon aus diesem Grund § 3c EStG nicht eingreift[3]. Hiergegen bestehen jedoch systematische Bedenken. Nicht steuerbare Vorgänge liegen vollständig außerhalb des Systems der Einkunftserzielung und könnten ohne schwerwiegende Systemverletzung nicht in die Besteuerung einbezogen werden. Eine Besteuerung des Übernahmegewinns würde zwar Verschmelzungen praktisch unmöglich machen; es besteht aber kein systemtragender Grundsatz, dass Vermögensübertragungen zur Umstrukturierung von Unternehmen steuerfrei sein müssen. Eine Gewinnrealisierung würde, so unzweckmäßig sie wäre, keine systemtragenden Grundsätze des Bilanzsteuerrechts verletzen. Die Steuerfreiheit des Übernahmegewinns ist deshalb eine positivrechtliche Steuerbefreiung, auf die § 3c EStG grundsätzlich anwendbar ist.

 

Rz. 97

M.E. fehlt es aber an einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Verschmelzungskosten und Übernahmegewinn. Ein solcher Zusammenhang besteht nur, wenn eine direkte und unmittelbare Kausalität zwischen den Kosten und dem Gewinn besteht. Die Verschmelzungskosten hängen mit dem Verschmelzungsvorgang, nicht aber mit dem entstehenden Übernahmegewinn zusammen. Das ergibt sich daraus, dass Verschmelzungen nicht notwendig einen Übernahmegewinn oder -verlust bewirken, etwa bei Verschmelzungen, bei denen der übernehmende Rechtsträger nicht an dem übertragenden Rechtsträger beteiligt ist. Auch in diesen Fällen entstehen jedoch Verschmelzungskosten; sie können daher systematisch nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit dem Übernahmegewinn stehen. Außerdem können bei einer Verschmelzung, außer dem Agiogewinn, noch andere Gewinne entstehen, so der Gewinn bei Gewährung einer (schädlichen) Gegenleistung (z. B. Spitzenausgleich), der Beteiligungskorrekturbetrag und der Übernahmefolgegewinn. Alle diese Gewinne sind steuerpflichtig. Es lässt sich daher nicht sagen, dass die Verschmelzungskosten in unmittelbarem Zusammenhang mit gerade dem Übernahmegewinn s...

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