Rz. 65

§ 12 ist durch Gesetz v. 29.10.1997[1] für Verschmelzungen, deren Eintragung in das Handelsregister nach dem 5.8.1997 beantragt wurde, verschärft worden[2] Die Übertragung des verbleibenden Verlustvortrags ist dabei von der Fortführung des Betriebs oder Betriebsteils, der den Verlust erlitten hat, abhängig gemacht worden. Dieser Betrieb oder Betriebsteil muss über den Verschmelzungsstichtag hinaus in einem nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse vergleichbaren Umfang in den folgenden fünf Jahren von der übernehmenden Körperschaft fortgeführt werden. Die Vorschrift ähnelt § 8 Abs. 4 S. 3 Halbs. 2 KStG, verwendet aber in Einzelpunkten andere Begriffe („Betrieb oder Betriebsteil” anstelle von „Geschäftsbetrieb”).

Die Einschränkung gilt jedoch nur für den verbleibenden Verlustvortrag der übertragenden Körperschaft. Dazu gehört der laufende Verlust der übertragenden Körperschaft für dasjenige Wirtschaftsjahr, das mit dem steuerlichen Übertragungsstichtag endet, nicht. Die übernehmende Körperschaft tritt hinsichtlich dieses Verlustes ohne weitere Voraussetzungen in die Stellung der übertragenden Körperschaft ein[3]

Auf Grund des § 19 Abs. 2[4] gilt diese Regelung ab Vz 1999 auch für die Gewerbesteuer.

 

Rz. 66

Der Betrieb oder Betriebsteil, der den Verlust erlitten (verursacht) hat, muss von der übernehmenden Körperschaft fortgeführt werden. Auffällig ist, dass § 12 Abs. 3 Begriffe verwendet, die mit den sonst verwendeten Begriffen nicht kompatibel sind. § 12 Abs. 3 S. 2 verwendet den Begriff „Betrieb”, nicht, wie § 8 Abs. 4 KStG, den Begriff „Geschäftsbetrieb”. Außerdem wird der Ausdruck „Betriebsteil” verwendet, nicht der sonst übliche Begriff „Teilbetrieb”. Da § 12 Abs. 3 S. 2 auf die Begriffe „Betrieb” und „Betriebsteil” zurückgreift, ergibt sich hieraus jedenfalls, dass nicht die gesamte geschäftliche Tätigkeit fortgeführt werden muss, sondern dass die Gesamttätigkeit der übertragenden Körperschaft in einzelne Aktivitäten aufzuspalten ist.

„Betrieb” wird dabei im Gegensatz zu „Betriebsteil” als die gesamte wirtschaftliche Tätigkeit der übertragenden Körperschaft angesehen werden können[5].

„Betriebsteil” ist dagegen eine sachlich, personell und organisatorisch davon abgegrenzte Teiltätigkeit, die mit einer gewissen Selbstständigkeit ausgestattet ist. Da nicht der Begriff „Teilbetrieb” verwendet worden ist, muss der Betriebsteil nicht die Voraussetzungen des Teilbetriebs erfüllen. Betriebsteil ist jeder in sich abgrenzbare Teil der wirtschaftlichen Betätigung der übertragenden Körperschaft. Es kann ein Teilbetrieb sein, sich aber auch um Tätigkeiten handeln, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen; der Betriebsteil ist gegenüber dem Teilbetrieb die kleinere Einheit[6]. Jede Tätigkeit bzw. jedes Wirtschaftsgut der übertragenden Körperschaft ist einem Betriebsteil zuzuordnen. Es gibt keine Wirtschaftsgüter, die außerhalb eines Betriebsteils stehen; erforderlichenfalls bilden sie selbst einen Betriebsteil.

Andererseits darf die Tätigkeit der übertragenden Körperschaft nicht „atomisiert” werden, d. h. es müssen wirtschaftlich sinnvolle Einheiten gebildet werden. Liegt ein Teilbetrieb im steuerlichen Sinne vor, kann dieser nicht weiter in selbstständige „Betriebsteile” zerlegt werden. Besteht ein Teilbetrieb aus mehreren Produktlinien (z. B. Betten, Schränke, Sitzmöbel bei einer Möbelfabrik), muss für die Übertragung des Verlustabzugs auf den Teilbetrieb abgestellt werden, nicht auf die einzelnen Betriebsteile des Teilbetriebs[7]. Dagegen stellt das BMF (v. 16.4.1999, IV C 6 — S 2745 — 12/99, BStBl I 1999, 455, Tz. 37) auf einzelne Produktlinien ab.

 Ist die übertragende Körperschaft eine Holdinggesellschaft, bildet jede Beteiligung einen „Betriebsteil”[8]. Verwaltung der Beteiligung bildet den Betrieb, der fortgeführt werden muss. Wird eine Holding auf eine ihrer Tochtergesellschaften verschmolzen, erfolgt eine Betriebsfortführung nur, wenn die Tochtergesellschaft die Holdingfunktion übernimmt. Das bedeutet, dass es bei Downstream-merger einer Holding auf ihre einzige Tochtergesellschaft nicht zu einer Fortführung des Betriebs kommen kann, weil die aufnehmende Gesellschaft nicht die Holdingfunktion in Form der Vermögensverwaltung ihr selbst gegenüber übernehmen kann[9] Ist die übertragende Körperschaft an einer Mitunternehmerschaft beteiligt, ist „Betriebsteil” der Betrieb der Mitunternehmerschaft; dieser ist also fortzuführen[10].

Laut BMF (v. 16.4.1999, IV C 6 — S 2745 — 12/99, BStBl I 1999, 455, Tz. 37) sollen „reine Kostenstellen” kein Betriebsteil sein; als Beispiel wird die Forschungsabteilung eines Chemieunternehmens genannt. Das ist unrichtig; „reine Kostenstellen” gibt es nicht. Eine Forschungsabteilung ist eine abgegrenzte wirtschaftliche Aktivität mit eindeutig zugeordneten personellen und sachlichen Ressourcen, also ein „Betriebsteil”. Das ergibt sich u. a. daraus, dass die Forschungsabteilung auch in einer Kapitalgesellschaft verselbstständigt sein könnte; da sie dann unzweifelhaft ein „Betri...

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