Rz. 115

Das Teileinkünfteverfahren basiert auf einem typisierenden Belastungsvergleich, der die von der Körperschaft und die von dem Anteilseigner gezahlte Steuern einbezieht. Durch Ansatz von 60 % der Einkünfte auf der Ebene des Anteilseigners soll eine Besteuerung hergestellt werden, die als angemessen angesehen wird. Da dieser Belastungsvergleich, auf dem die gesetzliche Regelung beruht, nur typisierend erfolgen kann, weicht die Steuerbelastung im konkreten Fall von der vom Gesetz als angemessen empfundenen Belastung ab. Das System ist dabei in dem Sinne nicht steuerneutral, als Dividendeneinkünfte beim Anteilseigner einer Gesamtbelastung unterliegen können, die höher oder niedriger sein kann als die Belastung anderer Einkünfte bei diesem konkreten Steuerpflichtigen. Bei hoher Progressionsstufe sind die Dividendeneinkünfte danach niedriger besteuert als die übrigen Einkünfte, bei niedriger Progressionsstufe dagegen höher. Ursprünglich war bei einem persönlichen Steuersatz von 42 % die Gesamtbelastung der Dividenden mit 25 % KSt und Belastung durch das Halbeinkünfteverfahren einerseits und Belastung der übrigen Einkünfte andererseits gleich.[1] Unter dem Teileinkünfteverfahren wird diese Belastungsgleichheit nur annähernd erreicht. Das zeigt folgender Belastungsvergleich (ohne SolZ):

 
Persönlicher Steuersatz des Anteilseigners 42 % 20 % 45 %
Gewinn vor KSt 100,00 100,00 100,00
KSt 15 % 15,00 15,00 15,00
Dividende 85,00 85,00 85,00
60 % vom Anteilseigner zu versteuern 51,00 51,00 51,00
ESt des Anteilseigner 21,42 10,20 22,95
Belastung aus KSt und ESt 36,42 % 25,20 % 37,95 %
 

Rz. 116

Aus dem Belastungsvergleich ergibt sich, dass bei einem Steuerpflichtigen mit einem Durchschnittsteuersatz von 20 % die Gesamtsteuerbelastung der Dividende mit 25,2 % deutlich höher ist als die Belastung anderer Einkunftsteile. Bei einem Vorsteuerergebnis von 100 bleiben ihm also nur 74,8, während ihm bei anderen Einkommensteilen 80 bleiben. Bei rationalem Verhalten wird der Steuerpflichtige daher Dividendeneinkünfte meiden. Bei einem hohen Steuersatz ist die Wirkung dagegen umgekehrt. Während dem Steuerpflichtigen bei sonstigen Einkommensteilen nur 52 verbleiben, sind es bei Dividendeneinkünften 62,1. Der Steuerpflichtige wird also dahin tendieren, Dividendeneinkünfte zulasten anderer Einkünfte zu bevorzugen.

Steuerpolitisch sind für diese relativ geringere Belastung der Dividendeneinkünfte im Verhältnis zu anderen Einkünften desselben Steuerpflichtigen bei hohen Einkommen und die entsprechende relative Benachteiligung bei niedrigeren Einkommen keine Gründe ersichtlich. Gegen diese Ungleichbehandlung bestehen daher verfassungsrechtliche Bedenken.[2]

[1] Vgl. Bareis, StuW 2000, 133; Pezzer, StuW 2000, 144.
[2] Vgl. Pezzer, StuW 2000, 144, der diese Differenzierung allerdings als noch im gesetzgeberischen Ermessensrahmen liegend ansieht.

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