Rz. 234

Bei verdeckten Gewinnausschüttungen im Dreiecksverhältnis, z. B. an nahestehende Personen einschließlich der Lieferungs- und Leistungsbeziehungen innerhalb von Konzernen[1], ist der Besteuerung nicht der tatsächliche Verlauf der Zuwendung im Zahlungsweg, sondern die wirtschaftliche Zuwendung des Vermögenswerts zugrunde zu legen. Wirtschaftlich handelt die Gesellschaft bei der Zuwendung nicht im eigenen Interesse oder im Interesse des Zahlungsempfängers, sondern im Interesse des Gesellschafters. Die Leistung der Gesellschaft an den Dritten beruht also nicht auf dem Verhältnis zwischen Gesellschaft und Drittem, sondern auf dem Verhältnis zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Da im Ertragsteuerrecht, und damit auch im Recht der verdeckten Gewinnausschüttung, nicht die formale Vertragsgestaltung maßgebend ist, sondern der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs, ist für die steuerliche Behandlung maßgebend, weshalb die Kapitalgesellschaft dem Dritten einen Vorteil zuwendet. Wenn es sich dem Grunde nach um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt[2], kann der Grund der Vorteilszuwendung nur das Gesellschaftsverhältnis sein – sonst läge keine verdeckte Gewinnausschüttung vor. Das gesellschaftsrechtliche Verhältnis ist der Anlass, dass die Gesellschaft den Vermögensvorteil dem Dritten zuwendet. Aus dem Verhältnis zwischen der Gesellschaft und dem Dritten ergibt sich ein solcher Anlass zu einer Vorteilszuwendung nicht. Ohne das gesellschaftsrechtliche Verhältnis wäre die Vorteilszuwendung grundlos erfolgt und daher nur als Fehler, aber nicht als wirtschaftlicher Vorgang zu verstehen. Die Gesellschaft hat nur auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage einen Anlass, einen Vermögensnachteil hinzunehmen, und dies auch nur im Verhältnis zu dem Gesellschafter.Dagegen besteht ein solcher Anlass im Verhältnis zu dem Dritten nicht. Der Dritte wird nicht begünstigt, weil dies im Interesse der Gesellschaft liegt. Vielmehr ergibt sich der wirtschaftliche und rechtliche Grund seiner Begünstigung nur aus dem Verhältnis zum Gesellschafter. Dem hat die Abwicklung der verdeckten Gewinnausschüttung zu folgen. Der wirtschaftliche Gehalt des Vorgangs besteht in einer Leistung aufgrund des Verhältnisses der Gesellschaft zu dem Gesellschafter und einer weiteren Leistung aufgrund des Verhältnisses zwischen dem Gesellschafter und dem Dritten. Zu Recht betont der BFH[3], dass es sich hierbei nicht um eine Fiktion handelt, sondern um eine Erfassung der Wertverschiebung nach ihrem tatsächlichen wirtschaftlichen Gehalt.[4] Eine Parallele zu der BFH-Rechtsprechung zur Schenkungsteuer[5], auf die sich Haussmann a. a. O. bezieht, ist nicht tragfähig, da bei der Schenkungsteuer eine strenge rechtliche Betrachtungsweise, nicht die wirtschaftliche Betrachtungsweise, gilt. Die Alternative wäre nur, dass die Leistung der Gesellschaft an den Dritten auf einer Beziehung zwischen diesen beiden Personen beruht. Dann kann aber keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegen, weil dieses Verhältnis kein gesellschaftsrechtlich beeinflusstes Verhältnis sein kann.[6]

 

Rz. 234a

Dass in der Abwicklung der verdeckten Gewinnausschüttung im Dreiecksverhältnis über den Gesellschafter keine Fiktion liegt, sondern eine Berücksichtigung der tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse, zeigt auch eine Parallelwertung zu entsprechenden Strukturen im Zivilrecht. So erfolgt bei der Zahlung einer Bank an einen Dritten auf Rechnung des Kunden bei einem Zahlungsdienstvertrag nach § 675f BGB die Vorteilszuwendung (Zahlung) direkt zwischen Bank und Dritten. Trotzdem beruht dieser Vorgang nicht auf einem Rechtsverhältnis zu dem Dritten, sondern auf dem Zahlungsdienstleistungsvertrag zwischen Kontoinhaber und Bank. Der Vorgang ist wirtschaftlich nur aus dem Verhältnis zwischen Kunden und Dritten zu verstehen, das angibt, warum der Dritte den Vermögensvorteil erhalten soll. Eine gleiche Struktur hat die Anweisung nach §§ 783ff. BGB. Warum es zu einer Vorteilszuwendung an den Dritten kommt, ist nur aus dem Verhältnis des Steuerpflichtigen zu dem Dritten, also dem "Valutaverhältnis", verständlich. Der Gesellschafter benutzt seine gesellschaftsrechtliche Beziehung zu der Kapitalgesellschaft, um den Dritten auf der Grundlage des zwischen ihm, dem Gesellschafter, und dem Dritten bestehenden finanziellen, familiären, persönlichen, gesellschaftsrechtlichen oder sonstigen Verhältnis zu begünstigen.

 

Rz. 234b

Diese Abwicklung gilt für alle Fälle der verdeckten Gewinnausschüttung an nahestehende Personen. Es kann nicht argumentiert werden, dass dem Gesellschafter selbst kein Vorteil zugeflossen ist.[7] Entweder ist die verdeckte Gewinnausschüttung im Interesse des Gesellschafters[8] erfolgt (sei er Mehrheits- oder Minderheitsgesellschafter); dann ist die verdeckte Gewinnausschüttung einschließlich des Zuflusses ihm zuzurechnen. Oder die Leistung der Kapitalgesellschaft ist nicht im Interesse dieses Gesellschafters erfolgt; dann liegt keine verdeckte Gewinnausschüttung (an eine nahestehende Pe...

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