1.2.1 Einkommen als Grundlage der Besteuerung der Körperschaft

 

Rz. 5

Die verdeckte Gewinnausschüttung wird in § 8 Abs. 3 KStG in Zusammenhang mit der Einkommensermittlung der Körperschaft gestellt. Durch diesen Zusammenhang unterscheidet sich die verdeckte Gewinnausschüttung auf der Ebene der Körperschaft von dem gleichen Institut auf der Ebene des Anteilseigners. Bei § 8 Abs. 3 KStG steht das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung im Zusammenhang mit der Ermittlung des steuerpflichtigen Einkommens der Körperschaft, auf der Ebene des Anteilseigners steht es im Zusammenhang mit den Einkünften aus Kapitalvermögen, und damit dem steuerpflichtigen Einkommen des Anteilsinhabers.[1]

 

Rz. 6

Für die Ebene der Körperschaft bestimmt § 8 Abs. 3 KStG, dass die Verteilung des Einkommens, und zwar auch eine verdeckte Verteilung des Einkommens (die verdeckte Gewinnausschüttung), das Einkommen nicht mindern darf. Grundlage für die Besteuerung der Körperschaft ist nach § 7 Abs. 1 KStG das Einkommen. Die Funktion des Einkommensbegriffs im KSt-Recht ist grundsätzlich die gleiche wie im ESt-Recht. Der Begriff des Einkommens dient danach der Durchsetzung des Prinzips der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Körperschaft. Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wird durch das Einkommen repräsentiert, das zur (freien) Verfügung steht. Aufwendungen, die Einkommensverwendung sind, mindern daher die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und damit das wirtschaftliche Substrat, das dem Steuerzugriff unterliegt, nicht. Aufwendungen, die dazu dienen, diese wirtschaftliche Leistungsfähigkeit erst zu schaffen ("Erwerbsaufwendungen"), sind dagegen bei der Ermittlung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit (und damit bei der Ermittlung des Einkommens) abzuziehen. Dies beruht auf dem "objektiven Nettoprinzip", wonach den Ertragsteuern nicht die Bruttoeinnahmen unterliegen, sondern nur die Differenz zwischen Einnahmen und Aufwendungen als Nettozugang. Betriebsausgaben und Werbungskosten sind daher Bestandteil der Einkommenserzielung, nicht der Einkommensverwendung.[2]

 

Rz. 6a

Dem Steuerzugriff unterliegen somit diejenigen Vermögensmehrungen, die der Körperschaft zur freien Verwendung (Einkommensverwendung) zur Verfügung stehen, d. h. nicht im Rahmen der Einkunftserzielung aufgewendet werden mussten. Das Einkommen, das der KSt unterliegt, ist daher im Ergebnis derjenige Betrag, der der Körperschaft aus steuerbarer und steuerpflichtiger Einkommenserzielung zur Einkommensverwendung zur Verfügung steht.[3]

Einkommensverwendung kann dabei in der Reinvestition der Vermögensmehrung im Unternehmen (Thesaurierung) oder in der Auskehrung an die Gesellschafter bestehen.

[1] Rz. 27.
[3] S. auch Frotscher, in Widmann, Besteuerung der GmbH und ihrer Gesellschafter, DStJG 20, 205, 207.

1.2.2 Verdeckte Gewinnausschüttung als Institut zur Abgrenzung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Körperschaft

 

Rz. 7

§ 8 Abs. 3 KStG stellt das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung in Zusammenhang mit der Einkommensermittlung und weist ihm damit eine Funktion bei der Abgrenzung von Einkommenserzielung und -verwendung zu. Das ergibt sich schon aus dem sprachlichen Zusammenhang der Vorschrift. Wie in Rz. 6 dargestellt, dient der Begriff des Einkommens der Definition der dem Steuerzugriff unterliegenden wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Verdeckte Gewinnausschüttungen dürfen nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG das Einkommen nicht mindern. Das bedeutet, dass verdeckte Gewinnausschüttungen die dem Steuerzugriff unterliegende und als Einkommen ausgewiesene wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft nicht mindern dürfen. Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung erweist sich damit als Institut zur Abgrenzung der Einkommenserzielung (als Quelle der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit) von der Einkommensverwendung. Das Institut der verdeckten Gewinnausschüttung stellt einen wesentlichen Baustein im System einer belastungsgleichen und gerechten KSt dar. Andererseits werden durch die Rückkoppelung auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit fiskalisch motivierte Konstruktionen verhindert, mit denen auch Sachverhalte als verdeckte Gewinnausschüttung erfasst werden könnten, die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Körperschaft nicht erhöhen und die daher nicht besteuerungswürdig sind.

 

Rz. 8

Konkret ergibt sich die Funktion der verdeckten Gewinnausschüttung als Institut zur Abgrenzung der Sphäre der Einkommenserzielung von der der Einkommensverwendung aus der Art, wie das Einkommen als der Gegenstand des Steuerzugriffs definiert ist. Nach § 8 Abs. 1 KStG wird das Einkommen nach den einkommensteuerrechtlichen Vorschriften und damit unter Berücksichtigung von Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben ermittelt.[1] Betriebseinnahmen und -ausgaben entstehen dadurch, dass der Stpfl. am Marktgeschehen teilnimmt. Er bietet Güter und Leistungen am Markt gegen Entgelt an und fragt zum Zweck der Erstellung eigener Leistungen Güter und Leistungen am Markt nach. Grundsätzlich macht es keinen Unterschied, ob dieser Güter- und Leistungsaustausch mit Fremden oder mit "nahestehenden Personen" abgewickelt wird, solange sich der Umschla...

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