Rz. 42

Ebenfalls ein Indiz für eine schädliche Veränderung des Geschäftsbetriebs sollen Veränderungen bei der Qualifikation der Arbeitnehmer sein. Dieses Kriterium dürfte in der Praxis sehr problematisch sein; daher sollte es m. E. nur wenig Gewicht bei der Beurteilung haben, ob der Geschäftsbetrieb sich i. S. d. § 8d Abs. 1 S. 1 KStG verändert hat.

 

Rz. 43

M.E. kann nicht auf die einzelne Qualifikation des Mitarbeiters abzustellen sein. Dies würde jegliche Weiterentwicklung der Arbeitnehmer hemmen. Es ist daher m. E. auf die gesamte Arbeitnehmerschaft abzustellen und auf deren Qualifikationsniveau.[1] Erst wenn sich dieses ändert, kann es ein Indiz dafür sein, dass sich der Geschäftsbetrieb verändert. Die Qualifikation einzelner Arbeitnehmer hat regelmäßig keine Auswirkung auf den Geschäftsbetrieb und kann daher auch kein Indiz für eine schädliche Veränderung sein.

 

Rz. 44

Dem Wortlaut nach ist jede Veränderung in der Qualifikation der Mitarbeiter schädlich. Darunter würden auch Fortbildungen der bestehenden Mitarbeiter fallen. Diese Auslegung ist m. E. zu weit. Erfasst werden dürfen nur Qualifikationen, die außerhalb des Arbeitsbereichs des jeweiligen Mitarbeiters erworben werden.[2]

 

Rz. 45

Zu weitgehend wäre es auch, wenn jeder Erwerb von Wissen als schädliche (Zusatz-)Qualifikation eines Arbeitnehmers anzusehen wäre. Es muss sich um eine Zusatzqualifikation handeln, die durch einen Abschluss o. Ä. dokumentiert wird. Ein bloßes Teilnahmezertifikat dürfte regelmäßig diese Anforderungen nicht erfüllen. Ein Studium ist dazu aber nicht erforderlich. Auch Fortbildungen können ausreichend sein, wenn ihnen ein (Lehr-)Plan o. Ä. zugrunde liegt. Nicht aus dem Wortlaut zu ersehen ist, ob eine Abschlussarbeit oder Prüfung erforderlich ist. M.E. kann eine reine Teilnahme an einer Fortbildung nicht ausreichen, um eine "schädliche" Qualifikation i. d. S. zu sein. Es muss zumindest ein Nachweis der Qualifikation in Form einer Prüfungsleistung erbracht werden. In welcher Form die Prüfungsleistung erbracht wird, ist m. E. dagegen unerheblich.

 

Rz. 46

Schädlich ist sowohl die Qualifikation der eigenen Arbeitnehmer, als auch der "Erwerb" von Qualifikationen der Arbeitnehmerschaft durch Einstellung neuer anders qualifizierter Mitarbeiter. Auch insoweit ist aber zu beachten, dass die Arbeitnehmerschaft als Ganzes zu betrachten ist und nicht einzelne Arbeitnehmer.

 

Rz. 47

Der Wortlaut der Norm stellt nur auf Arbeitnehmer ab. Unerheblich ist, ob es sich dabei um befristete oder unbefristete Arbeitnehmer handelt. Unter den Begriff der Arbeitnehmer sind alle Mitarbeiter zu erfassen, die steuerlich als Arbeitnehmer zu behandeln sind, d. h. insbesondere auch Scheinselbstständige. Nicht erfasst sind dagegen freie Mitarbeiter. Unschädlich ist es daher, wenn eine Veränderung im Geschäftsbetrieb mit freien Mitarbeitern erfolgt, wenn dadurch nicht auch andere qualitative Merkmale verändert werden. Unerheblich muss sein, ob der Stpfl. eigene Mitarbeiter beschäftigt oder diese im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung beschäftigt.

 

Rz. 48

Hat die Gesellschaft keine eigenen Mitarbeiter, sondern werden nur z. B. Mitarbeiter anderer Konzerngesellschaften über Dienstleistungsverträge genutzt oder erfolgt eine Weiterbelastung von Aufwendungen über sog. Management Fees, ist m. E. das Kriterium der Qualifikation der Arbeitnehmer nicht anwendbar. Fehlt es aber an der Anwendbarkeit, ist auch die Einstellung des ersten Mitarbeiters (und weiterer Mitarbeiter) unschädlich. Nur aufgrund der Tatsache, dass der Stpfl. die Leistungen über eigene Mitarbeiter statt über den "Einkauf" der Leistungen über Dienstleistungsverträge macht, kommt es nicht zu einer Veränderung des Geschäftsbetriebs. Es werden die gleichen Tätigkeiten ausgeübt; der Geschäftsbetrieb läuft regelmäßig unverändert weiter. Dagegen sind Arbeitnehmer im Rahmen einer Mitarbeiterentsendung als "eigene Arbeitnehmer" des Stpfl. zu behandeln, wenn er "wirtschaftlicher Arbeitgeber" geworden ist.[3]

[1] Ähnlich Förster/von Cölln, DStR 2017, 8, die die zahlenmäßige Zusammensetzung für unerheblich halten; Frey/Thürmer, GmbHR 2016, 1085.
[2] Ähnlich Ortmann-Babel/Bolik, DB 2016, 2984f.

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