Rz. 128a

Die grundsätzliche Steuerfreiheit gem. § 8b Abs. 1 S. 1 KStG wird durch S. 3 eingeschränkt für Fälle, bei denen die Anteile nach ausländischem Recht einer anderen Person als nach deutschem Recht zugerechnet werden. Die Regelung ist daher nur bei grenzüberschreitenden Sachverhalten anwendbar. Erfasst werden sollen damit Fälle, bei denen im Ausland ein Abzug der Ausschüttung als Betriebsausgabe möglich ist. Der Gesetzgeber hatte dabei insbesondere Wertpapierleihen im Blick. Da es sich um die Anwendung des § 8b Abs. 1 KStG in Deutschland handelt, sind insofern nur Fälle erfasst bei denen Deutschland die Ausschüttung im Inland gem. § 8b KStG erfasst.

 

Rz. 128b

Die Regelung ist gem. § 34 Abs. 5 S. 1 KStG erstmalig auf Bezüge anzuwenden, die nach dem 31.12.2019 zufließen. Die Steuerfreiheit kann damit erstmalig für den Vz. 2020 versagt werden. Zu beachten ist aber, dass für die Anwendung nicht auf den Vz abgestellt wird, sondern auf den Zuflusszeitpunkt. Bei einem abweichenden Wirtschaftsjahr kann dieser auch um Wirtschaftsjahr 2019/2020 liegen, sofern er nur im Kalenderjahr 2020 liegt.

Die Regelung ist mit dem ATAD Umsetzungsgesetz vom 25.6.2021[1] eingefügt worden. Da die Regelung die EU Richtlinie (EU) 2016/1164 vom 12.7.2016 umsetzen soll, bezogen auf die hybriden Gestaltungen, geht der Gesetzgeber davon aus, dass keine verbotene Rückwirkung vorliegt.

 

Rz. 128c

S. 3 schränkt die Steuerfreiheit bei Vorliegen der Voraussetzungen zwar mit dem Wort "sofern" ein. Dies bedeutet aber nicht, dass wenn die Tatbestandsvoraussetzungen erfüllt sind, die Steuerfreiheit in voller Höhe entfällt. Die Rechtsfolge, dass Satz 1 nicht gilt, wird mit dem Wort "soweit" eingeleitet. Damit wird deutlich gemacht, dass nur eine anteilige Versagung der Steuerfreiheit erfolgt in dem Ausmaße, wie die Ausschüttung im Ausland als Betriebsausgabe geltend gemacht werden kann. Die Einschränkung der Steuerfreiheit erfolgt nicht ausdrücklich, sondern über einen Verweis auf Satz 1, der nur insoweit gilt, wie der Tatbestand des S. 3 erfüllt ist. Die Rechtsfolge, nämlich die Anwendung der Steuerfreiheit, wird damit nur in dem jeweiligen Umfang gewährt.

 

Rz. 128d

Voraussetzung für die Versagung der Steuerfreiheit ist, dass nach ausländischem Recht die Anteile, die der Ausschüttung zugrunde liegen, einer anderen Person zugerechnet werden. Gedanklich wird dabei vorausgesetzt, dass der Anteilsinhaber auch die Ausschüttung vereinnahmt. Dies muss aber nicht der Fall sein. Erfasst werden sollen Fälle der Wertpapierleihe, die im Ausland anders behandelt werden als in Deutschland. Aus dem Wortlaut der Norm ist dies aber nur schwer zu entnehmen. Da der Wortlaut auch nicht auf die Fälle einer Wertpapierleihe begrenzt ist, kann er auch in anderen Konstellationen eingreifen.

Erfasst werden soll der Fall, dass eine deutsche Gesellschaft Anteile im Wege der Wertpapierleihe an eine ausländische Gesellschaft überlässt, nach deutschem Recht aber das wirtschaftliche Eigentum an den Wertpapieren bei der deutschen Gesellschaft verbleibt. Nach deutschem Recht vereinnahmt dann die entleihende (ausländische) Gesellschaft zwar die Ausschüttung. Gleichzeitig erhält die (deutsche) verleihende Gesellschaft eine aufgrund des wirtschaftlichen Eigentums einen Anspruch auf die Ausschüttung, die durch die Kompensationszahlung erfüllt wird. Diese Zahlung wäre gem. § 8b Abs. 1 KStG steuerfrei. Die Steuerfreiheit ist nicht gem. § 8b Abs. 1 S. 2 KStG ausgeschlossen, da der Betriebsausgabenabzug nicht bei der ausschüttenden Gesellschaft, sondern bei der entleihenden Gesellschaft erfolgt. Diese Kompensationszahlung wäre nach deutschem Recht gem. § 8b Abs. 10 S. 1 KStG nicht als Betriebsausgabe abzugsfähig. Es ist aber nicht zwingend, dass auch das ausländische Recht für eine derartige Kompensationszahlung ein entsprechendes Abzugsverbot vorsieht. Diesen Fall will § 8b Abs. 1 S. 3 KStG regeln.

Der Tatbestand setzt voraus, dass das ausländische Recht eine nicht dem deutschen Recht entsprechende Zurechnung der Anteile vornimmt. Damit wird auf eine Inkongruenz beim (wirtschaftlichen) Eigentum abgestellt. Weiterhin darf das Einkommen der ausländischen Person, d. h. der Person, der nach ausländischem Recht die Anteile zuzurechnen sind, nicht niedriger sein als in dem Fall, dass die Zurechnung der Anteile entsprechend dem deutschen Recht erfolgen würde. Diese Regelung ist nur verständlich, wenn man den oben erläuterten Fall der Wertpapierleihe vor Augen hat. In diesem Fall wäre nämlich nach ausländischem Recht, das Einkommen der entleihenden Person durch die Ausgleichszahlung gemindert. Würde man aber, entsprechend dem deutschen Verständnis, die Anteile weiterhin dem Entleiher zurechnen, gäbe es keine Kompensationszahlung, die als Betriebsausgabe abzugsfähig wäre. Damit hätte die entleihende Person ein höheres Einkommen.

Ebenfalls erfasst wird der Fall, dass der Betriebsausgabenabzug nicht bei der (entleihenden) Person erfolgt, sondern bei einer ihr nahe stehenden Person.

[1] BGBl I 2021, 2035.

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