Rz. 21

Werden durch Testament Grundstücke für ewige Zeiten an eine Körperschaft zur treuhänderischen Verwaltung, zur Übernahme und zur Verteilung daraus entstehender Einkünfte an bedürftige Personen übertragen, liegt eine nichtrechtsfähige Stiftung i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 vor. Dem steht nicht entgegen, dass die der Stiftung zuzurechnenden Grundstücke grundbuchamtlich auf die verwaltende Körperschaft eingetragen sind. Zum Wesen einer nichtrechtsfähigen Stiftung gehört nicht die rechtliche, sondern die wirtschaftliche Selbständigkeit. Die wirtschaftliche Selbständigkeit wird u. a. auch dadurch bestätigt, dass die verwaltende Körperschaft die Grundstücke namens der von ihr verwalteten Stiftung an einen Dritten verpachtet hat.[1]

 

Rz. 22

Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens bewirkt in steuerlicher Hinsicht keine Trennung des Vermögens des Schuldners von der Vermögensmasse. Der Steuerpflichtige verliert nach § 80 InsO mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zwar die Befugnis, sein zur Insolvenzmasse gehörendes Vermögen zu verwalten und über dasselbe zu verfügen, an den Insolvenzverwalter. Der Verlust der Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis lässt aber die Eigentums- und Gläubigerrechte des Schuldners an den zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenständen unberührt.

Die Insolvenzmasse stellt kein Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 dar. Die Einkünfte sind steuerlich bei „einem anderen Steuerpflichtigen”, nämlich dem Schuldner, zu erfassen. Dabei ist es unerheblich, ob und inwieweit der Schuldner tatsächlich Einkommen- oder Körperschaftsteuer zu entrichten hat.[2]

 

Rz. 23

Gelder, die eine Arbeitsgemeinschaft bei ihren Mitgliedern sammelt, sind keine Einkünfte eines Zweckvermögens. Wenn die Gelder nicht zur Bildung eines Vermögens dienen, sondern alsbald im Auftrag und im Interesse der Einzahler verbraucht werden sollen, so liegt kein Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 vor.[3]

 

Rz. 24

Ein nicht verteiltes Nachlassvermögen ist regelmäßig weder Einkommensteuer- noch Körperschaftsteuersubjekt.[4]  

 Auch beim (u. U. langwierigen) Streit unter Erbprätendenten scheidet mit Blick auf die verfahrensrechtlich zu bewältigende Ungewissheit (§§ 165, 171 Abs. 8 AO) eine materiell-rechtliche Konstruktion einer eigenen Interims-Körperschaftsteuerpflicht des Nachlasses als Sondervermögen nach § 3 aus. Nur ausnahmsweise ist eine ungeteilte Erbmasse bei Vorliegen besonderer Gründe[5] einem körperschaftsteuerpflichtigen Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 gleichzustellen, wenn eine Besteuerung des einzelnen Erben seit vielen Jahren praktisch unmöglich und nicht abzusehen ist, ob und wann diese Möglichkeit zur Heranziehung der Erben zur Steuer eintritt.[6]

 

Rz. 25

Vermögensgegenstände, die ein Schuldner seinem Gläubiger verpfändet oder sicherungshalber übereignet, bilden trotz der dem Schuldner auferlegten Verfügungsbeschränkungen kein Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5. Die Vermögensgegenstände werden nach wie vor dem Vermögen des Schuldners solange zugerechnet, bis sich das Pfandrecht oder das Sicherungseigentum in Ausübung des dem Gläubiger eingeräumten Vollstreckungsrechts in das volle Eigentum des Gläubigers oder eines Dritten verwandelt.[7]

 

Rz. 26

Kein Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG entsteht, wenn eine Körperschaft des öffentlichen Rechts ein ihr letztwillig für einen bestimmten Zweck zugewendetes Vermögen entgegen dem offenbaren Willen des Erblassers nicht ausschließlich für diesen Zweck verwendet und über das Vermögen ohne ausreichende Trennung von ihrem übrigen Vermögen frei verfügt.[8]

 

Rz. 27

Rechtsgebilde des öffentlichen Rechts mit hoheitlichen Aufgaben, die Mitglieder haben und Mitgliedsbeiträge erheben, sind Personenvereinigungen und keine Zweckvermögen, auch nicht andere Zweckvermögen i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 5.[9]

[1] Vgl. RFH v. 26.4.1938, VIa 34/37, RStBl 1938, 573.
[2] Vgl. RFH v. 22.6.1938, VI 687/37, RStBl 1938, 669; RFH v. 13.7.1938, VI 89/38, RStBl 1938, 843; BFH v. 12.9.1951, IV 135/51 U, BStBl III 1951, 192; BFH v. 7.11.1963, IV 210/62 S, BStBl III 1964, 70.
[3] RFH v. 16.7.1940, I 389/39, RStBl 1940, 835; ähnlich BFH v. 19.12.1952, III 216/51 S, BStBl III 1953, 54 zur Behandlung von sog. Gesamthafenbetrieben.
[5] Lampert, in Gosch, KStG, 4. Aufl. 2020, § 1 KStG Rz. 9.
[6] RFH v. 2.8.1940, I 250/40, RStBl 1940, 918, zu besonderen kriegs- und verfolgungsbedingten Umständen.
[7] Vgl. RFH v. 15.12.1942, I 123/41, RStBl 1943, 236.
[8] Vgl. RFH v. 16.4.1943, III 84/42, RStBl 1943, 658.
[9] Vgl. BFH v. 5.2.1964, I 213/64, HFR 1964, 247.

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