Rz. 95

Abs. 5 enthält Sonderregelungen für zwei Fallgruppen, in denen die Gefahr besteht, daß § 8a umgangen werden kann. Diese Umgehungsmöglichkeiten sollen ausgeschlossen werden. Es handelt sich um folgende Fälle:

  • Der ausländische Fremdkapitalgeber hält die Beteiligung über eine inländische Betriebsstätte; § 8a Abs. 1 ist nicht direkt anwendbar, weil der Anteilseigner dann anrechnungsberechtigt ist;
  • die Beteiligung wird über eine Personengesellschaft gehalten, und das Fremdkapital wird über die Personengesellschaft geleitet.

6.1 Beteiligung über eine Betriebsstätte

 

Rz. 96

§ 8a ist unmittelbar nur anwendbar, wenn der das Fremdkapital zur Verfügung stellende Anteilseigner bzw. die ihm nahestehende Person nicht anrechnungsberechtigt ist. Der ausländische Anteilseigner kann sich jedoch die Vorteile, die in der Zurverfügungstellung von Fremdkapital anstelle von Eigenkapital liegen, auch dann verschaffen, wenn er dadurch anrechnungsberechtigt wird, daß er die Beteiligung an der Anrechnungskörperschaft in einer inländischen Betriebsstätte hält (zur Anrechnungsberechtigung in diesen Fällen vgl. § 51 Rz. 8). Gibt der Anteilsinhaber das Fremdkapital in diesen Fällen nicht über die Betriebsstätte, sondern direkt, sind die Vergütungen nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 EStG nicht beschränkt steuerpflichtig, unterliegen also nicht der deutschen Besteuerung. Gewinnanteile als Vergütungen für Eigenkapital, die in der Betriebsstätte anfallen, unterliegen dagegen der deutschen Besteuerung. Trotz Bestehens der Anrechnungsberechtigung ist daher die Finanzierung mit Fremdkapital günstiger.

 

Rz. 97

Um diese Lücke zu schließen, bestimmt § 8a Abs. 5 Nr. 1, daß die Abs. 1—4 entsprechend gelten, wenn der ausländische Anteilseigner nur deshalb zur Anrechnung der Körperschaftsteuer berechtigt ist, weil die Einkünfte aus der Beteiligung an der Anrechnungskörperschaft Betriebseinnahmen eines inländischen Betriebs sind.

Der inländische Betrieb kann Einzelbetrieb, aber auch eine Beteiligung an einer ­inländischen Personengesellschaft sein. Die Einkünfte aus der Beteiligung bilden Betriebseinnahmen dieses Betriebs, wenn die Beteiligung notwendiges oder gewillkürtes Betriebsvermögen der Betriebsstätte, auch Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft ist.

Als Rechtsfolge bestimmt Abs. 5 Nr. 1, daß die Abs. 1—4 entsprechend anzuwenden sind, d. h. daß das Tatbestandsmerkmal der "fehlenden Anrechnungsberechtigung" bei dem Anteilseigner oder der nahestehenden Person nicht vorliegen muß. Alle übrigen Tatbestandsmerkmale sowie die Rechtsfolgen der Umqualifizierung gelten unverändert.

Der Tatbestand des Abs. 5 Nr. 1 geht über seinen Regelungszweck hinaus und ist daher zu reduzieren. Die Umqualifizierung trotz bestehender Anrechnungsberechtigung ist nur gerechtfertigt, wenn die Vergütungen für das Gesellschafter-Fremdkapital nicht der deutschen Besteuerung unterliegen. Ist dies doch der Fall, werden sie also von der beschränkten Steuerpflicht erfaßt, besteht kein Grund für die Umqualifizierung; der ausländische Anteilsinhaber ist dann in der gleichen Lage wie ein inländischer Anteilsinhaber, bei dem Gewinnausschüttungen und Vergütungen für Fremdkapital in gleicher Weise von der Steuerpflicht erfaßt werden und für den daher keine Umqualifizierung vorgesehen ist. Die Vergütungen für Fremdkapital werden dann von der beschränkten Steuerpflicht erfaßt, wenn diese Vergütungen Betriebseinnahmen des inländischen Betriebs sind. Erfolgt die Finanzierung mit Gesellschafter-Fremdkapital daher

über die inländische Betriebsstätte (d. h. ist das Fremdkapital gewillkürtes oder notwendiges Betriebsvermögen der Betriebsstätte), besteht kein rechtfertigender Grund für die Umqualifizierung; Abs. 5 Nr. 1 ist nicht anwendbar. Für den Fall, daß die Beteiligung über eine Personengesellschaft gehalten wird, vgl. jedoch Rz. 81; diese Sonderregelung zeigt jedoch, daß auch nach der Meinung des Gesetzgebers Abs. 5 Nr. 1 nicht anwendbar ist, wenn das Darlehen über die inländische Einzelbetriebsstätte geleitet wird.

 

Rz. 98

Rechtspolitisch ist die Rechtsfolge des Abs. 5 Nr. 1 gerechtfertigt. Trotz bestehender Anrechnungsberechtigung ist der beschränkt Steuerpflichtige in einer anderen Situation als der anrechnungsberechtigte unbeschränkt Steuerpflichtige. Bei dem unbeschränkt Steuerpflichtigen fallen Vergütungen für Eigenkapital und Vergütungen für Fremdkapital gleichermaßen in den Bereich der deutschen Besteuerung. Bei dem anrechnungsberechtigten beschränkt Steuerpflichtigen ist das nicht der Fall. Die Vergütungen für Eigenkapital fallen in den Bereich der inländischen Steuerpflicht, die Vergütungen für Fremdkapital dagegen nicht. Eine besondere Regelung zur Schließung dieser Lücke ist daher sachlich gerechtfertigt.

 

Rz. 99

Nicht geschlossen ist jedoch die Lücke im umgekehrten Fall, wenn nämlich ein unbeschränkt steuerpflichtiger Anrechnungsberechtigter das Fremdkapital durch eine ausländische Betriebsstätte gewähren läßt. Dann fallen die Vergütungen für das Fremdkapital als Betriebseinnahmen der ausländischen Betriebsstätte an und ...

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