1.1 Voraussetzungen für die Ausstellung einer Steuerbescheinigung

1.1.1 Objektive Voraussetzungen

 

Rz. 1

Die in § 44 Abs. 1 begründete Pflicht, dem Anteilseigner eine Steuerbescheinigung auszustellen, geht auf ein Kreditinstitut über, wenn

  • die Auszahlung der Leistung von der Vorlage eines Dividendenscheins abhängt,
  • die Auszahlung der Leistung für Rechnung der Körperschaft durch ein Kreditinstitut erbracht wird, und
  • das Kreditinstitut mit der Ausstellung der Bescheinigung nicht gegen ein Ausstellungsverbot gem. Abs. 4 i. V. m. § 44 Abs. 2 Nr. 2 und 3 verstößt (vgl. Rz. 24, 25).

Es handelt sich also um die Fälle, in denen das Kreditinstitut gegen Vorlage des Dividendenscheines die Dividende für Rechnung der ausschüttenden Körperschaft auszahlt. Die ausschüttende Körperschaft darf in diesen Fällen nach § 44 Abs. 2 Nr. 1 selbst keine Steuerbescheinigung ausstellen.

Die Pflicht zur Ausstellung der Steuerbescheinigung kann nur übergehen, wenn sie bei der ausschüttenden Körperschaft besteht. Das bedeutet, daß die Körperschaft die Voraussetzungen des § 44 Abs. 1 erfüllen muß; es muß sich also um eine unbeschränkt steuerpflichtige Anrechnungskörperschaft handeln (vgl. § 44 Rz. 1).

 

Rz. 2

Unter den Voraussetzungen der Rz. 1 hat der Anteilseigner einen klagbaren Anspruch auf Erteilung einer Steuerbescheinigung gegenüber dem Kreditinstitut, das die Leistung für Rechnung der ausschüttenden Körperschaft erbringt (vgl. Vor §§ 44—46 Rz. 7—9).

1.1.2 Subjektive Voraussetzungen

 

Rz. 3

Die Bescheinigung darf nach Abs. 1 S. 1 nur von einem inländischen Kreditinstitut, d. h. einem Kreditinstitut mit Sitz und/oder Geschäftsleitung im Inland ausgestellt werden. Weiterhin darf die Bescheinigung nach Abs. 1 S. 3 auch von der inländischen Zweigniederlassung eines Einlagenkreditinstituts, eines Wertpapierhandelsunternehmens oder eines Unternehmens, das sonstige Bankgeschäfte betreibt oder Finanzdienstleistungen erbringt und seinen Sitz in einem (anderen) Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes hat[1], ausgestellt werden. Diese Regelung wurde eingeführt durch Gesetz v. 22.10.1997[2] und ist erstmals anzuwenden auf Leistungen der ausschüttenden Körperschaft, die nach dem 28.10.1997 zufließen.

Die in § 53b Abs. 1, 7 KWG genannten Institute bedürfen für ihre Tätigkeit im Inland keiner Erlaubnis durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, wenn sie in ihrem Herkunftsstaat zugelassen worden sind. Sie können im Inland Bankgeschäfte durch inländische Zweigniederlassungen oder vom ausländischen Staat aus im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs durchführen. Die Steuerbescheinigung darf jedoch von diesen Instituten nur durch eine inländische Zweigniederlassung erstellt werden, also durch eine im Inland belegene Betriebsstätte. Außerdem muß die Leistung (Auszahlung der Dividende) durch die inländische Zweigniederlassung erfolgen. Im Wege des grenzüberschreitenden Dienstleistungsverkehrs (Auszahlung der Dividende durch eine ausländische Niederlassung bzw. die Hauptniederlassung) darf die Steuerbescheinigung vom Ausland aus nicht ausgestellt werden.

Des weiteren dürfen die Bescheinigungen ausgestellt werden von einer im Inland befindlichen Zweigniederlassung eines ausländischen Kreditinstituts, das seinen Sitz nicht in einem Staat des Europäischen Wirtschaftsraumes hat. Voraussetzung ist, daß dem ausländischen Unternehmen die Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäftenim Inland erteilt und daß die in §§ 44 Abs. 1 bezeichnete Leistung für Rechnung der ausschüttenden Körperschaft von der inländischen Zweigstelle erbracht worden ist[3]. Die ausländischen Kreditinstitute, die die Erlaubniszum Geschäftsbetrieb im Inland haben, werden vom BMF öffentlich bekanntgegeben[4].

[2] BGBl I 1997, 2567.
[3] Abschn. 99 Abs. 9 KStR.
[4] Vgl. zuletzt BMF v. 24.2.1998, IV B 7 — S 2830 — 2/98, BStBl I 1998, 256; zur Steuerbescheinigung bei Investmenterträgen vgl. Abschn. 102 Abs. 1 KStR.

1.2 Anteilseigner

1.2.1 Allgemeines

 

Rz. 4

Der Anspruch auf Ausstellung einer Steuerbescheinigung kann nur von dem Anteilseigner (vgl. § 44 Rz. 35) geltend gemacht werden. Nur ihm darf eine Steuerbescheinigung erteilt werden.

1.2.2 Identifizierung

1.2.2.1 Normale Wertpapierdepots

 

Rz. 5

Ein Kreditinstitut hat größere Schwierigkeiten, den Anteilseigner zu identifizieren, als die ausschüttende Kapitalgesellschaft. Sind die Aktien in einem auf den Namen einer Person lautenden Wertpapierdepot bei dem Kreditinstitut verzeichnet, kann das Kreditinstitut mangels gegenteiliger Anhaltspunkte davon ausgehen, daß der Depotinhaber Anteilseigner ist[1]. Ist dem Kreditinstitut aber bekannt, daß der Depotinhaber kein Anteilseigner ist, darf es ihm keine Steuerbescheinigung ausstellen[2].

[1] Vgl. Abschn. 99 Abs. 6 Satz 1 KStR.
[2] Vgl. Abschn. 99 Abs. 6 Satz 2 KStR.

1.2.2.2 Nießbrauch-, Treuhand- oder Anderdepots

 

Rz. 6

Hat das Kreditinstitut Kenntnis von einer Nießbrauchsbestellung oder einem Treuhandverhältnis, ohne zu wissen, ob der Depotinhaber Anteilseigner ist, oder handelt es sich um ein Ander-Konto von Rechtsanwälten, Notaren oder Angehörigen der wirtschaftsprüfenden oder steuerberatenden Berufe, kann eine Steuerbescheinigung auf den Namen des Depotinhabers ausgestellt werden, auch wenn Zweifel daran bestehen, ob dieser Ante...

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