1.2.1 Allgemeines

 

Rz. 3

Der Anspruch auf Ausstellung einer Steuerbescheinigung kann nur vom Anteilseigner geltend gemacht werden. Nur ihm darf eine Steuerbescheinigung erteilt werden. Vereinbarungen über die Anrechnungsberechtigung, und damit auch über den Anspruch auf die Steuerbescheinigung, sind nicht möglich. Die §§ 44ff. enthalten insoweit zwingendes Recht. Ein vertragliches Abweichen hiervon ist nicht möglich, da dann Doppelanrechnungen nicht ausgeschlossen wären und die Praktikabilität des Anrechnungsverfahrens gefährdet wäre.

Anteilseigner ist derjenige, dem die in § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG bezeichneten Anteile nach § 39 AO im Zeitpunkt der Fassung des Gewinnausschüttungsbeschlusses zuzurechnen sind. Auch bei Pensionsgeschäften gilt derjenige als Anteilsinhaber, der ihr wirtschaftlicher Eigentümer ist.

 

Rz. 3a

Anteilseigner i.S.d. § 44 ist auch ein früherer Anteilseigner, wenn es sich um Einkünfte aus einem früheren Rechtsverhältnis[1] handelt.

Bei (schuldrechtlichen) Leistungen an einen Gesellschafter bestimmt sich die Qualifizierung als verdeckte Gewinnausschüttung nach der Gesellschafterstellung zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses. Veräußert der Gesellschafter nach diesem Zeitpunkt seine Beteiligung, bezieht er aber weiterhin als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizierende Leistungen (z. B. Pension aus seiner Anstellung als Gesellschafter-Geschäftsführer), ist die Steuerbescheinigung auf seinen Namen als "Anteilsinhaber" auszustellen.

Bei verdeckten Gewinnausschüttungen an nahestehende Personen ist der Anteilseigner anrechnungsberechtigt; die Steuerbescheinigung ist daher an ihn auszustellen.

[1] Vgl. § 24 EStG.

1.2.2 Treuhandverhältnisse, Sicherungsübereignung, Verpfändung

 

Rz. 4

Anteilseigner ist

  • bei Treuhandverhältnissen der Treugeber (zur Ausstellung der Steuerbescheinigung in diesen Fällen vgl. Rz. 10);
  • bei Sicherungsübereignung der Sicherungsgeber;
  • bei Verpfändung der Pfandgläubiger;
  • bei Abtretung der Abtretende.

1.2.3 Nießbrauchsverhältnisse

 

Rz. 5

Anteilseigner ist

  • in den Fällen des Vorbehalts- und Vermächtnisnießbrauchs der Nießbraucher[1]; die Steuerbescheinigung ist auf seinen Namen auszustellen;
  • in den Fällen des unentgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs der Nießbrauchsbesteller[2],
  • in den Fällen des entgeltlichen Zuwendungsnießbrauchs zwar grundsätzlich der Nießbraucher, da dieser aber keine Einkünfte bezieht, sondern entgeltlich erworbene Forderungen einzieht, verbleibt die Anrechnungsberechtigung beim Nießbrauchsbesteller (vgl. BMF, a.a. O., Tz. 58, 59).

1.2.4 Anteilsbesitz zur gesamten Hand oder nach Bruchteilen

 

Rz. 6

Gehören die Anteile zum Gesamthandsvermögen einer Personengesellschaft, ist die Steuerbescheinigung auf die Firma der Personengesellschaft auszustellen. Die Anrechnungsberechtigung für die Gesellschafter kann nur über die Personengesellschaft vermittelt werden. Das bedeutet, daß über die steuerliche Zurechnung der Gewinnausschüttung und der anzurechnenden Körperschaft- und Kapitalertragsteuer nur im Rahmen der gesonderten Feststellung des Gewinns der Personengesellschaft[1] entschieden werden kann. Für die Mitunternehmer ergibt sich der Betrag der anzurechnenden Körperschaft- und Kapitalertragsteuer aus der gesonderten Feststellung.

Entsprechende Grundsätze gelten, wenn die Anteile im Alleineigentum eines Gesellschafters stehen, aber zum Sonderbetriebsvermögen einer Personengesellschaft gehören. Die Steuerbescheinigung ist dann auf den Namen des Gesellschafters (Alleininhaber des Kapitalvermögens) auszustellen; die Ausschüttung und die anzurechnenden Steuerbeträge sind aber in die gesonderte Feststellung einzubeziehen.

 

Rz. 7

Die Grundsätze der Rz. 6 gelten entsprechend, wenn die Anteile einer anderen Gesamthandsgemeinschaft oder Bruchteilsgemeinschaft gehören. Ist die Steuerbescheinigung auf den Namen der Gesamthands- oder Bruchteilsgemeinschaft ausgestellt worden und unterbleibt nach § 180 Abs. 3 AO eine gesonderte Feststellung, ist die anzurechnende Körperschaft- und Kapitalertragsteuer den Steuerpflichtigen in dem Verhältnis zuzurechnen, in dem ihnen die zugrunde liegenden Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG zugerechnet werden[2].

[2] Vgl. in diesem Sinne auch Abschn. 97 Abs. 4 KStR.

1.2.5 Identifizierung durch die Kapitalgesellschaft

 

Rz. 8

Da die Körperschaft eine Steuerbescheinigung nur an den Anteilseigner erteilen darf, muß sie bestrebt sein, den Anteilseigner vor Ausstellung der Bescheinigung zu identifizieren. Hat sie Kenntnis vom Bestehen eines Treuhandverhältnisses und ist ihr der Treugeber der Anteile bekannt, darf sie eine Steuerbescheinigung nur für den Treugeber, nicht dagegen für den Treuhänder ausstellen.

 

Rz. 9

In der Regel ist der ausschüttenden Gesellschaft weder das Treuhandverhältnis noch der Treugeber, der steuerlicher Anteilseigner ist, bekannt. Stellt die ausschüttende Körperschaft in einem solchen Falle in dem guten Glauben, der Treuhänder sei steuerlicher Anteilseigner, eine Steuerbescheinigung für den Treuhänder aus, können hieraus keine Vorwürfe und Haftungsansprüche hergeleitet werden.

 

Rz. ...

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