Rz. 34

Ist eine verdeckte Gewinnausschüttung bei der Anrechnungskörperschaft nicht ­abgeflossen (Beispiel: überhöhte Pensionsrückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführer), so wird handelsbilanziell i. d. R. Fremdkapital vorliegen. Eine Pensionsrückstellung für den Gesellschafter-Geschäftsführer ist handelsrechtlich eine echte Rückstellung, und damit Fremdkapital, soweit nicht gegen das Verbot der Kapitalrückgewähr verstoßen wird. Der Fremdkapitalcharakter der Rückstellung zeigt sich besonders deutlich, wenn später ein Gesellschafterwechsel eintritt; die Verbindlichkeit besteht dann nicht mehr gegenüber einem Gesellschafter, der neue Gesellschafter kann die Rückstellung nur als Fremdkapital einordnen.

Ist die Gewährung der überhöhten Pensionszusage dagegen wegen Verstoßes gegen das Verbot der Kapitalrückgewähr nichtig (d. h. bei der AG immer, bei der GmbH nur, wenn das Nennkapital beeinträchtigt wird), bildet der überhöhte Rückstellungsbetrag handelsrechtlich Eigenkapital. Da die Pensionszusage, soweit sie überhöht ist, nach § 134 BGB nichtig ist, kann für sie als nicht bestehender Verpflichtung keine Rückstellung gebildet werden; der Rückstellungsbetrag ist mangels einer zugrunde liegenden Verpflichtung handelsrechtlich Eigenkapital.

Wegen der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz gilt diese Einordnung auch für die Steuerbilanz.

 

Rz. 35

Für die Gliederungsrechnung ist jedoch eine andere Betrachtung erforderlich. Die Gewinnminderung infolge der Bildung der überhöhten Pensionsrückstellung führte als verdeckte Gewinnausschüttung zu einer entsprechenden Hinzurechnung bei der Einkommensermittlung und damit zu einer Versteuerung. Nach der Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers sollen verdeckte Gewinnausschüttungen im Anrechnungsverfahren grundsätzlich wie offene Gewinnausschüttungen behandelt werden; das Körperschaftsteuer-Anrechnungsguthaben darf also nicht verloren gehen. Das gilt sowohl für die sofort abgeflossene verdeckte Gewinnausschüttung als auch für die erst später abfließende. Das technische Mittel, um dies sicherzustellen, ist auch bei der nicht abgeflossenen verdeckten Gewinnausschüttung, ebenso wie in den übrigen Fällen der verdeckten Gewinnausschüttung (vgl. Rz. 27) die fiktive Erweiterung des Begriffs des Eigenkapitals in § 29 Abs. 1. Wenn diese Vorschrift bestimmt, dass das Eigenkapital das Betriebsvermögen ohne die Verringerung durch die im Wirtschaftsjahr erfolgten verdeckten Gewinnausschüttungen ist, so werden damit auch die nicht abgeflossenen Gewinnausschüttungen erfasst. Das Wort "erfolgt" ist im Zusammenhang mit dem Begriff "Verringerung (des Betriebsvermögens)" zu sehen und damit auf die Ebene der Anrechnungskörperschaft zu beziehen. Maßgebend ist also die erfolgte Minderung des Eigenkapitals, also die Bildung der Rückstellung. Es geht hier um die Definition des "Eigenkapitals", nicht um das Eingreifen des Mechanismus des Anrechnungsverfahrens; daher ist auf die Vermögensminderung, nicht auf den Abfluss (wie bei § 27 Rz. 88) abzustellen.

Bei der Anrechnungskörperschaft ist die Vermögensverringerung durch die nicht abgeflossene verdeckte Gewinnausschüttung bereits erfolgt; ohne Bedeutung ist es auf dieser Stufe, dass die Ausschüttung bei der Anrechnungskörperschaft noch nicht abgeflossen und bei dem Anteilsinhaber noch nicht "angekommen" ist. Für die Eigenkapitalfiktion des § 29 Abs. 1 kommt es daher nur darauf an, dass durch die Ausschüttung ohne Gewinnverteilungsbeschluss für ein abgelaufenes Wirtschaftsjahr das in der Steuerbilanz ausgewiesene Betriebsvermögen verringert worden ist; ohne Bedeutung ist es, ob diese Verringerung durch Abfluss des Vermögens oder durch Bilanzierung einer Rückstellung erfolgt ist.

Die Folge ist, dass der überhöhte Rückstellungsbetrag, obwohl handels- und steuerbilanziell Fremdkapital, nach der Definition des § 29 Abs. 1 in das Eigenkapital einzubeziehen und in der Gliederungsrechnung entsprechend im belasteten EK auszuweisen ist. Damit kann das Anrechnungsverfahren bei dem Abfluss der Beträge (Auszahlung der Pension) eingreifen, das Anrechnungsguthaben geht nicht verloren.

Weitere Folge ist, dass Steuerbilanz und Gliederungsrechnung eine Differenz aufweisen; das verwendbare Eigenkapital in der Gliederungsrechnung ist höher als das Eigenkapital in der Steuerbilanz. Diese Differenz ist von dem Gesetz gedeckt, da das verwendbare Eigenkapital nach § 29 Abs. 1 ohne Berücksichtigung einer verdeckten Gewinnausschüttung zu ermitteln ist. Es wird also kein negativer Anpassungsposten in das EK 02 eingestellt[1].

[1] Vgl. Rz. 31a; § 30 Rz. 143; Abschn. 80 Abs. 2 Nr. 2 S. 4 i. V. m. Abschn. 79 Abs. 2 KStR; a. A. Brenner, DStZ 1996, 65.

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