5.4.1 Allgemeines

 

Rz. 912a

Durch Gesetz v. 25.6.2021[1] ist das System der Ausgleichsposten für organschaftliche Minder- und Mehrabführungen mit Verursachung in organschaftlicher Zeit (§14 Abs. 4 KStG) ab Vz 2022 auf die Einlagelösung umgestellt worden.[2] Minderabführungen werden als Einlagen des Organträgers in die Organgesellschaft, Mehrabführungen als Einlagerückgewähr von der Organgesellschaft an den Organträger behandelt. Minderabführungen führen daher zu einem Zugang zum Bilanzansatz der Organgesellschaft in der Bilanz des Organträgers, Mehrabführungen zu einer entsprechenden Verminderung. Betroffen sind nur Minder- und Mehrabführungen der Organgesellschaft mit Verursachung in vororganschaftlicher Zeit nach § 14 Abs. 4 KStG. Durch die Neuregelung ist die bisherige Diskussion über die Rechtsnatur der Ausgleichsposten gegenstandslos geworden.[3] Minder- und Mehrabführungen mit Verursachung in vororganschaftlicher Zeit nach § 14 Abs. 3 KStG werden schon bisher in vergleichbarer Weise behandelt.[4] Minderabführungen mit Verursachung aus vororganschaftlicher Zeit sind danach Einlagen, Mehrabführungen jedoch keine Einlagerückgewähr, sondern Gewinnausschüttungen.

 

Rz. 912b

Durch die Neuregelung wird nur die Rechtsfolge der Minder- und Mehrabführungen in der Bilanz des Organträgers geändert. Der Begriff der Minder- und Mehrabführungen und der Begriff der Verursachung in vororganschaftlicher Zeit ist unverändert geblieben; die Neuregelung enthält insoweit nur die Anpassung einer Verweisung. Für den Begriff der Minder- und Mehrabführungen kann daher die bisherige Kommentierung in Rz. 789ff. verwiesen werden, wobei lediglich für "Ausgleichsposten" die Begriffe "Einlage" bzw. "Einlagenrückgewähr" zu lesen sind. Auch die Abgrenzung zwischen organschaftlicher und vororganschaftlicher Zeit ist durch die Neuregelung nicht geändert worden. Für den Begriff der Verursachung in vororganschaftlicher bzw. organschaftlicher Zeit kann daher auf Rz. 748ff. verwiesen werden.

[1] BGBl I 2021, 2050; hierzu Liedgens/Himmer, DStR 2022, 2393ff.; Prinz, DB 2023, 8, 11f.
[2] Zur Erl. durch die Finanzverwaltung BMF v. 29.9.2022, IV C 2 – S 2770/19/10004 :007, BStBl I 2022, 1412; zu der Neuregelung Dorn/Dibbert, DB 2021, 706; Leucht/Jesic, FR 2021, 934; Liedgens/Himmer, DB 2021, 1221; Liedgens, DB 2021, 2859; Reifahrt-Belli/Lechtenberg, DStR 2021, 2222; Schwalm, DStR 2021, 980; Tigges/Scheerer, Der Konzern 2021, 319, 326; Lietgens/Himmer, DStR 2022, 801; Bünning, BB 2022, 1579; Krechel/Hoyndorff/Braun, DB 2022, 1226; Fey/Aschenbrenner, DB 2022, 2820; Fey/Aschenbrenner, DB 2023, 406; Rödder/Tigges-Knümann, Ubg 2023, 49; Liekenbrock/Liedgens, DStR 2023, 113.
[3] Zu dieser Frage Rz. 842ff.
[4] Hierzu Rz. 739ff.

5.4.2 Minderabführungen als Einlagen (Abs. 4 S. 1)

 

Rz. 913

Nach § 14 Abs. 4 S. 1 KStG werden Minderabführungen, die ihre Ursache in organschaftlicher Zeit haben, als Einlage des Organträgers in die Organgesellschaft behandelt. Der Grundfall für diese Regelung ist die Bildung einer zulässigen Gewinnrücklage in der Handels- und Steuerbilanz der Organgesellschaft.[1]

In diesem Fall vermindert sich die handelsrechtliche Gewinnabführung um den Betrag der Rücklagenbildung, da der in die Rücklage eingestellte Betrag nicht an den Organträger abgeführt wird. Steuerlich wird aber das Einkommen der Organgesellschaft, und damit die Vermögensmehrung der Organgesellschaft vor Rücklagenbildung, dem Organträger zur Besteuerung zugewiesen. Bei dem Organträger ist jedoch wegen der verminderten Gewinnabführung kein tatsächlicher Vermögenszufluss erfolgt. Andererseits ist das Vermögen der Organgesellschaft erhöht, da der Betrag der Rücklagenzuführung in ihrem Vermögen verbleibt. Dieser Unterschied zwischen Erfassung des höheren Steuerbilanzgewinns in der Einkommenszurechnung und geringerem tatsächlichen Vermögenszufluss bei dem Organträger und einem geringeren Vermögensabfluss bei der Organgesellschaft lässt sich nur so auflösen, dass der Vorgang in der Steuerbilanz des Organträgers ein Vermögenszufluss unterstellt wird, der im Rahmen der Einkommenszurechnung auch besteuert wird, der Betrag der Rücklagenbildung aber gleichzeitig als an die Organgesellschaft zurückgeführt angesehen wird. Diese Rückführung ist steuerlich eine Einlage des Organträgers in die Organgesellschaft und daher in der Steuerbilanz des Organträgers auf dem Beteiligungskonto der Organgesellschaft zu aktivieren.[2] Diese Rechtsfolge spricht § 14 Abs. 4 S. 3 KStG ausdrücklich aus. Diese Vorschrift ist zur Klarstellung durch Gesetz v. 16.12.2022 eingefügt worden.[3] Bei der Organgesellschaft ist der Betrag in eine Rücklage eingestellt worden. Handelsrechtlich handelt es sich regelmäßig um eine Gewinnrücklage, steuerlich jedoch, da eine Einlage unterstellt wird, um eine Kapitalrücklage. Konsequent bestimmt § 27 Abs. 6 KStG, dass der Betrag der steuerlichen Einlage in das steuerliche Einlagekonto einzustellen ist.

 

Rz. 913a

Treffen mehrere Vorgänge zusammen, die in Minderabführungen resultieren, ist eine geschäftsvorfallbezogene Behandlung der einzelnen Vorgänge ...

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