Rz. 850

Der Grundfall, der zu einer Minderabführung mit Ursache in organschaftlicher Zeit führt, ist die Bildung einer Rücklage in der Bilanz der Organgesellschaft. Entsprechend kommt es zu einer Mehrabführung, wenn während der Laufzeit des Gewinnabführungsvertrags die Rücklage aufgelöst wird, da dann der Auflösungsbetrag von der Gewinnabführung erfasst wird. Die Technik der Bildung und Auflösung der Ausgleichsposten wird daher im Folgenden anhand dieses Grundfalles erläutert.

 

Rz. 850a

Wird in der Handelsbilanz der Organgesellschaft und damit auch in der Steuerbilanz eine Rücklage gebildet, wird handelsrechtlich nur das um die Rücklage geminderte Jahresergebnis an den Organträger abgeführt. Steuerlich ist aber auch die in die Rücklage eingestellte Vermögensmehrung der Organgesellschaft zu erfassen. Die im Einkommen erfasste Vermögensmehrung ist daher höher als die handelsrechtlich abgeführte Vermögensmehrung. Bei der Einkommenszurechnung wird also dem Organträger eine höhere Vermögensmehrung zur Versteuerung zugewiesen als bei der handelsrechtlichen Ergebnisabführung. Aus den in Rz. 835 genannten Gründen muss sich diese zusätzliche Vermögensmehrung in der Steuerbilanz des Organträgers niederschlagen. Dies geschieht durch die Bildung eines aktiven Ausgleichspostens in der Steuerbilanz des Organträgers.[1] Dabei wird die Entscheidung darüber, ob der Vorgang zu einem aktiven oder passiven Ausgleichsposten führt, im Jahr der Minderabführung getroffen. Führt der Vorgang in diesem Jahr zu einem aktiven Ausgleichsposten, sind Mehrabführungen als Folgewirkungen dieses Vorfalls durch Verringerung des aktiven Ausgleichspostens, nicht durch Bildung eines passiven Ausgleichspostens, zu berücksichtigen.[2]

 
Praxis-Beispiel
 
Handelsbilanzergebnis der Organgesellschaft 100.000
Rücklagenzuführung 30.000
Steuerbilanz des Organträgers 01
div. Aktiva 900.000 500.000 Nennkapital
Beteiligung an der      
Organgesellschaft 170.000 570.000 Verbindlichkeiten
Anspruch auf Gewinnabführung 01 100.000 100.000 abgeführter Gewinn der
      Organgesellschaft 01
Ausgleichsposten 30.000 30.000 Mehrgewinn lt. Steuerbilanz 01
  1.200.000 1.200.000  

Wird die Beteiligung an der Organgesellschaft veräußert, wird der Veräußerungspreis 200.000 EUR betragen, wenn keine stillen Reserven vorhanden sind.[3] Die Veräußerung ist dann gewinnneutral. Der Erhöhung des Aktivvermögens des Organträgers aus der Veräußerung um 200.000 EUR steht die Verminderung des Kontos "Beteiligung" um 170.000 EUR und die des steuerlichen Ausgleichspostens um 30.000 EUR gegenüber. Steuerlich entsteht also in Höhe der Rücklage der Organgesellschaft kein Veräußerungsgewinn bei dem Organträger, da diese Rücklage bereits bei ihrer Bildung im zugerechneten Einkommen der Organgesellschaft bei dem Organträger steuerlich erfasst wurde.

 

Rz. 851

Entsprechend sind die Auflösung und Abführung der Rücklage während des Bestehens der Organschaft zu behandeln. Handelsrechtlich steigt das an den Organträger abzuführende Ergebnis der Organgesellschaft um den Betrag der aufgelösten Rücklage. Das Vermögen des Organträgers wird in gleicher Höhe durch die Forderung auf Gewinnabführung erhöht. Da insoweit keine abweichenden Bewertungsvorschriften bestehen, muss sich die handelsrechtliche Erhöhung des Aktivvermögens des Organträgers auch in der Steuerbilanz niederschlagen. Soweit die Rücklage jetzt abgeführt wird, handelt es sich um eine zivilrechtlich bestehende Forderung des Organträgers gegen die Organgesellschaft auf Gewinnabführung, die auch steuerlich bei dem Organträger zu aktivieren ist und daher das Steuerbilanzvermögen erhöht, bei der Organgesellschaft dagegen zu passivieren ist und das Steuerbilanzvermögen vermindert. Diese Erhöhung des Aktivvermögens bei dem Organträger darf aber nicht zu einem steuerpflichtigen Gewinn führen, da der jetzt abgeführte Betrag bereits im Jahr der Bildung der Rücklage bei dem Organträger durch die Einkommenszurechnung versteuert worden ist. Der aufgrund der Gewinnabführung in der Handels- und Steuerbilanz des Organträgers ausgewiesene Gewinn wird ausgeglichen durch eine entsprechende Verminderung des aktiven Ausgleichspostens, sodass der Vorgang steuerbilanziell gewinnneutral ist und eine doppelte steuerliche Erfassung des Rücklagenbetrags bei dem Organträger vermieden wird. Entsprechend dem Grundsatz, dass im ersten Jahr des Vorgangs darüber entschieden wird, ob ein aktiver oder ein passiver Ausgleichsposten zu bilden ist[4], führt die Mehrabführung jetzt nicht zur Bildung eines passiven Ausgleichspostens.

 

Beispiel (Jahr 02):

 
Handelsbilanzergebnis der Organgesellschaft 130.000
darin enthalten aufgelöste Rücklage 30.000
Steuerbilanz des Organträgers 02
div. Aktiva 900.000 500.000 Nennkapital
Beteiligung an der      
Organgesellschaft 170.000 570.000 Verbindlichkeiten
Gewinnabführung 01 100.000 100.000 abgeführter Gewinn 01
    30.000 steuerlicher
Mehrgewinn 01
Gewinnabführung 02 130.000 100.000 steuerlicher Gewinn 02 (130.000 ./. 30.000
steuerlicher Mindergewinn)

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