Rz. 15

An die Auflösung schließt sich in der Praxis regelmäßig die Abwicklung der aufgelösten Körperschaft an.[1]  Während die Auflösung einen Rechtsakt darstellt, ist die Abwicklung ein tatsächlicher Vorgang. Das Ziel der Abwicklung ist auf die Beendigung der Tätigkeit und das Erlöschen der Körperschaft gerichtet. Im Rahmen der Abwicklung haben die Abwickler bzw. Liquidatoren

  • die laufenden Geschäfte abzuwickeln,
  • die Forderungen einzuziehen,
  • das übrige Vermögen in Geld umzusetzen,
  • die Gläubiger zu befriedigen,
  • das danach verbleibende Vermögen an die Gesellschafter auszukehren.

Neue Geschäfte dürfen nur eingegangen werden, soweit dies zur Abwicklung erforderlich ist.[2] Verbleibt nach der eigentlichen Abwicklung ein Vermögen, so ist dieses an die Gesellschafter zu verteilen.[3] Nach der Auskehrung des Schlussvermögens an die Anteilseigner, frühestens nach Ablauf des Sperrjahrs, ist die Abwicklung tatsächlich und rechtlich beendigt. Die Kapitalgesellschaft ist danach mangels eines noch vorhandenen Gesellschaftsvermögens materiell erloschen. Danach erfolgt die Löschung im Handelsregister, die indes lediglich deklaratorische Bedeutung hat. Die Löschung erfolgt typischerweise erst dann, wenn die zuständige Finanzbehörde eine sog. steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung ausgestellt hat. Dies erfolgt durch Mitteilung an das Registergericht, dass keinerlei Steuerverbindlichkeiten der Gesellschaft mehr bestehen und sämtliche Steuererklärungen eingereicht sind.

 

Rz. 16

Unterlassen es die Abwickler einer aufgelösten Körperschaft, die mit der Abwicklung verfolgten Zwecke zu verwirklichen, und gehen diese neue Geschäfte ein, die nicht zur Abwicklung erforderlich sind, sondern die sich als normale Beteiligung eines aktiv tätigen Unternehmens am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellen, wird die Abwicklung in tatsächlicher Hinsicht nicht vollzogen. Es liegt eine Scheinliquidation vor. § 11 KStG ist in diesen Fällen nicht anwendbar. Es erfolgt eine Besteuerung nach jährlichem Vz und nach allgemeinen Grundsätzen.[4]  In Zweifelsfällen obliegt die Nachweispflicht, dass eine Abwicklung tatsächlich vorgenommen wird, dem Steuerpflichtigen.[5]

 

Rz. 17

Die Anwendung des § 11 KStG setzt nicht voraus, dass alle Vermögensgegenstände der aufgelösten Körperschaft "versilbert" werden. Die Vorschrift ist vielmehr auch anzuwenden, wenn (sämtliche) Gegenstände des Betriebsvermögens in Form der Sachauskehrung auf die Anteilseigner (ähnlich einer Realteilung) übertragen werden. Auszukehrende Wirtschaftsgüter sind dann im Zeitpunkt der Übertragung auf die Gesellschafter mit dem gemeinen Wert zu bewerten, sodass die Aufdeckung der stillen Reserven und die Schlussbesteuerung sichergestellt sind.[6]  Die Sachauskehrung ist so zu behandeln, als ob die Kapitalgesellschaft ihr gesamtes Vermögen an den Alleingesellschafter oder an Dritte veräußern und anschließend den Erlös auskehren würde.[7]

 

Rz. 18

§ 11 KStG ist auch auf Fälle der Nachtragsliquidation anzuwenden. Eine Nachtragsliquidation ergibt sich, sofern sich nach Abschluss des Abwicklungsverfahrens (und ggf. auch nach Löschung der Gesellschaft) nachträglich herausstellt, dass noch Vermögen im Besitz der Gesellschaft ist, welches im Laufe der Abwicklung unbeachtet geblieben ist.

 

Rz. 19

§ 11 KStG ist auch anzuwenden, sofern Anteilseigner die Betriebsvermögensgegenstände und die Schulden der aufgelösten Kapitalgesellschaft im Wege der Einzelrechtsnachfolge in ein vorhandenes Betriebsvermögen übernehmen. Zwar erfolgt eine Abwicklung im eigentlichen Sinne in diesen Fällen nicht, da das gesamte Vermögen der aufgelösten Kapitalgesellschaft in einzelnen Teilen auf einen anderen übergegangen ist und dort in anderer Form (z. B. als Teilbetrieb des aufnehmenden Unternehmens) als betrieblicher Organismus fortbesteht. Es mangelt indes an der Anwendung speziellerer Vorschriften wie z. B. der Anwendung des UmwStG, da diese Vorschriften einen Vermögensübergang im Wege der Gesamtrechtsnachfolge voraussetzen. Die §§ 20, 24 UmwStG sind ebenfalls nicht anwendbar, weil die Einbringung nicht gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten bzw. einer Mitunternehmerstellung erfolgt.

[4] RFH v. 28.8.1928, I A 143/28, RStBl 1928, 366.
[5] Stalbold, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 11 KStG Rz. 37.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge