Rz. 7

Die Regelung verlangt für die Anwendung ferner, dass nach der Auflösung eine Abwicklung erfolgt. Eine begriffliche Definition erfolgt in der Regelung selbst indes nicht. Insoweit verbleibt es bei einer Maßgeblichkeit des Zivilrechts, d. h. es kommt nur dann zu einer Anwendung des § 11 KStG, sofern kumulativ sowohl die Auflösung als auch die Abwicklung vorliegen.

 

Rz. 8

Neben der formell richtigen Abwicklung, z. B. infolge eines Auflösungsbeschlusses, kann eine Abwicklung auch durch tatsächliche Rechtshandlungen, d. h. Zerschlagung bzw. Verteilung des Vermögens ohne formellen Auflösungsbeschluss, erfolgen (sog. stille Liquidation oder stille Abwicklung). In derartigen Fällen kommt es indes nicht zu einer Anwendung des § 11 KStG, da die Voraussetzungen der Vorschrift nicht erfüllt sind.[1]

Im Gegensatz zur offenen Abwicklung verbleibt es bei einem einjährigen Besteuerungszeitraum und es kommt auch nicht zur zwangsläufigen Aufdeckung stiller Reserven. Steuerpflichtige, die in den Anwendungsbereich des § 11 KStG fallen würden, sofern ein formeller Auflösungsbeschluss vorläge, verfügen mithin über ein faktisches Wahlrecht, ob diese in den Anwendungsbereich des § 11 KStG gelangen möchten oder nicht. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten dürften die Steuerbefolgungskosten einer jährlichen Veranlagung sowie die jährliche Berücksichtigung der Mindestbesteuerung typischerweise nachteilig im Vergleich zur Besteuerung gem. § 11 KStG sein.

 

Rz. 9

Der gegenteilige Fall einer stillen Liquidation ist die sog. Scheinliquidation, bei der eine Kapitalgesellschaft, eine Genossenschaft oder ein Versicherungsverein bzw. Pensionsfondsverein zwar durch einen formell getroffenen Beschluss aufgelöst werden, die Abwicklung aber tatsächlich nicht erfolgt. Auch in diesen Fällen kommt es nicht zu einer Anwendung des § 11 KStG. Es sind jährliche Veranlagungen durchzuführen und die Gewinnermittlung richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften. Wann eine Scheinliquidation vorliegt, muss im Einzelfall entschieden werden. Sofern das Körperschaftsteuersubjekt jedoch Geschäfte eingeht, die zur Abwicklung nicht erforderlich sind und sie daher weiterhin am allgemeinen Wirtschaftsleben teilnimmt, liegt eine Scheinliquidation vor.[2] Zu einer Auflösung ohne Abwicklung kommt es ebenfalls im Falle einer Löschung aufgrund Vermögenslosigkeit (z. B. gem. § 60 Abs. 1 Nr. 7 GmbHG i. V. m. § 394 FamFG). Auch in diesen Fällen ist § 11 KStG nicht anzuwenden.

 

Rz. 10

Befindet sich eine Gesellschaft bereits in Abwicklung und ist § 11 KStG anzuwenden, endet die Abwicklungsphase, sofern die Abwicklungsabsicht nicht mehr besteht und die Gesellschaft dazu übergeht, sich erneut dauerhaft am Erwerbsleben zu beteiligen.[3]

[1] Vgl. BFH v. 17.7.1962, I 254/60, HFR 1962, 310; Stalbold, in Gosch, KStG, 3. Aufl. 2015, § 11 KStG Rz. 30.
[2] Vgl. RFH v. 28.8.1928, I A 143/28, RStBl 1928, 366.
[3] RFH v. 7.5.1929, I Aa 818/28, RStBl 1929, 512.

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