Rz. 77

Der Begriff der Überwachung der Geschäftsführung umfasst jede Tätigkeit, die innerhalb des möglichen Rahmens der Aufgaben eines Aufsichtsratsmitglieds liegt.[1] Dieser Rahmen ist von der Rechtsprechung sehr weit gefasst worden.[2] Dazu werden z. B. gerechnet:

  • die Erteilung allgemeiner Ratschläge durch einen Rechtsanwalt, der Aufsichtsratsmitglied ist[3],
  • die Beratung und Vertretung einer Gesellschaft durch einen Aufsichtsratsvorsitzenden in einem Rückerstattungsverfahren[4],
  • die Finanzierungsberatung einer Gesellschaft durch ein Aufsichtsratsmitglied[5],
  • die Einschaltung in die Wahrnehmung von Aufgaben der Geschäftsführung, die in Durchbrechung des gesetzlich begründeten dualistischen Systems erfolgt.[6]
 

Rz. 77a

Besteht die Tätigkeit nicht in Überwachungs-, sondern nur in Repräsentationsaufgaben, liegt keine Aufsichtsratstätigkeit vor; die Vergütungen sind voll abzugsfähig.[7]

 

Rz. 78

Nicht mehr in den Rahmen des möglichen Wortsinns der "Überwachung der Geschäftsführung" gehört die Tätigkeit des Vorstands. Der Vorstand ist zwingend und unabänderlich das für die Geschäftsführung verantwortliche Organ; er ist als solches Objekt der Überwachung durch den Aufsichtsrat, kann demnach nicht selbst die Überwachung durchführen. Das gilt auch dann, wenn (z. B. in einem Verein) die tatsächliche, tägliche Geschäftsführung in den Händen eines als "Geschäftsführer" bezeichneten Angestellten liegt und der Vorstand sich im Wesentlichen auf die Überwachung dieses Angestellten beschränkt. Auch in diesem Fall ist der Vorstand das für die Geschäftsführung verantwortliche Organ, das als solches der Überwachung durch den Aufsichtsrat unterliegt; der Vorstand erfüllt dann diese seine eigene Verantwortlichkeit durch den Angestellten. Die Vergütungen für den Vorstand fallen nicht unter § 10 Nr. 4 KStG.[8]

 

Rz. 79

Gehört das Mitglied eines Aufsichtsrats einer Kapitalgesellschaft einem anderen Ausschuss der Gesellschaft an, dem keinerlei Überwachungsaufgaben übertragen worden sind, und liegt die Tätigkeit des Aufsichtsratsmitglieds innerhalb des letztgenannten Organs außerhalb der weitgesteckten Grenzen seiner Überwachungstätigkeit, so ist das ihm hierfür gezahlte Entgelt abziehbar, wenn die Vereinigung beider Ämter Zufall ist und nicht auf einer beabsichtigten Teilung der Aufsichtsratsfunktionen beruht.[9] Unter Hinweis auf dieses Urteil hat der BFH[10] Sitzungsgelder an Aufsichtsratsmitglieder für eine Tätigkeit im Kreditausschuss eines Unternehmens, dem auch Vertreter der Darlehensgeber und mittelverwaltender Behörden sowie die Geschäftsführer angehören, zu den unter das Abzugsverbot fallenden Vergütungen gerechnet mit der Begründung, die Entsendung der Aufsichtsratsmitglieder in den Kreditausschuss sei nicht zufällig. Auch Vergütungen, die an Mitglieder des Kreditausschusses einer öffentlich-rechtlichen Sparkasse des Landes Nordrhein-Westfalen gezahlt werden, die zugleich Mitglieder des Verwaltungsrats dieser Sparkasse sind, gehören zu den unter die Vorschrift fallenden beschränkt abziehbaren Vergütungen.[11]

 

Rz. 80

Das Aufteilungsverbot kommt in den Fällen nicht zum Tragen, in denen die gesondert vergütete Tätigkeit eindeutig außerhalb des Rahmens der überwachenden Tätigkeit liegt, sich klar von ihr abgrenzen lässt und hinsichtlich dieser Tätigkeit eine besondere Vereinbarung vorliegt.[12] Eine für solche Tätigkeiten gewährte besondere Vergütung ist in voller Höhe als Betriebsausgabe abziehbar.

[3] RFH v. 23.8.1938, I 244/38, RStBl 1938, 1124.
[4] BFH v. 21.2.1961, I 59/60, HFR 1961, 105.
[8] im Ergebnis ebenso Niedersächsisches FG v. 29.3.1990, VI 303/86, EFG 1991, 421.
[9] RFH v. 21.6.1935, I A 92/35, RStBl 1935, 1435.

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