4.1 Rechtsentwicklung

 

Rz. 48

RFH und BFH haben in langjähriger Rechtsprechung die Auffassung vertreten, durch den Betrieb oder Beruf ausgelöste Geldstrafen und Geldbußen könnten nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, weil die betriebliche Veranlassung hinter der persönlichen Verfehlung zurücktrete.[1]

 

Rz. 49

Von dieser ständigen Rechtsprechung ist der Große Senat[2] hinsichtlich der Geldbußen abgewichen. Er hat entschieden, dass folgende Aufwendungen als Betriebsausgaben abziehbar seien:

  1. eine gegen eine GmbH verhängte Geldstrafe nach § 890 ZPO a. F. wegen Zuwiderhandlung gegen ein durch einstweilige Verfügung nach §§ 1, 13, 25 UWG a. F. angeordnetes Verbot sowie eine gegen eine GmbH verhängte Geldbuße wegen Verstoßes gegen § 38 Abs. 2 S. 2 GWB i. d. F. v. 3.1.1966,
  2. eine gegen eine öffentlich-rechtliche Sparkasse festgesetzte Geldbuße wegen Verstoßes gegen § 33 AWG i. d. F. v. 28.4.1961,
  3. die mit den genannten Verfahren zusammenhängenden Gerichts- und Anwaltskosten.
 

Rz. 50

Um die bis zum Ergehen der Beschlüsse des Großen Senats bestehende Nichtabzugsfähigkeit dieser Aufwendungen beibehalten zu können, wurde durch Gesetz v. 25.7.1984[3] durch § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG ein Abzugsverbot für betrieblich oder beruflich veranlasste Geldbußen eingeführt und durch § 10 Nr. 3 KStG die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen kodifiziert.

4.2 Geldbußen, Ordnungsgelder, Verwarnungsgelder

4.2.1 Allgemeines

 

Rz. 51

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG, der durch den Verweis in § 8 Abs. 1 KStG auch für den unter das KStG fallenden Personenkreis gilt, enthält Abzugsverbote für

  • Geldbußen, Ordnungsgelder und Verwarnungsgelder, die von einem Gericht oder einer Behörde in der Bundesrepublik Deutschland oder von Organen der EU festgesetzt werden,
  • Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem berufsgerichtlichen Verfahren erteilt werden, soweit die Auflagen und Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen.
 

Rz. 51a

Außerdem bestimmt § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 3 EStG, dass die Rückzahlung nichtabziehbarer Ausgaben den Gewinn nicht erhöht (allgemein zur Nichtabziehbarkeit von Geldbußen, Ordnungsgeldern und Verwarnungsgeldern Frotscher, EStG, § 4 EStG Rz. 830 ff.).

4.2.2 Geldbußen

 

Rz. 52

Geldbußen sind Sanktionen, die nach dem Recht der Bundesrepublik Deutschland so bezeichnet sind, insbesondere

  • Geldbußen nach dem OWiG einschließlich der nach § 30 OWiG vorgesehenen Geldbußen gegen juristische Personen oder Personenvereinigungen nach den berufsgerichtlichen Gesetzen des Bundes und der Länder,
  • Geldbußen nach den Disziplinargesetzen des Bundes und der Länder, die allerdings für juristische Personen bedeutungslos sind.
 

Rz. 52a

Geldbußen nach dem OWiG sind jedoch insoweit abziehbar, als bei ihrer Bemessung der aus der Tat gezogene Vorteil[1] oder der durch die Tat erlangte Umsatzerlös[2] abgeschöpft wird, wenn bei der Bemessung der Geldbuße die insoweit auf den abgeschöpften Vorteil entfallende Ertragsteuer nicht berücksichtigt worden ist (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 4 EStG; hierzu Frotscher, EStG, § 4 Rz. 839ff.). Ist die Geldbuße dagegen um die Steuer niedriger festgesetzt worden, bleibt es bei der Nichtabzugsfähigkeit. Hierdurch wurden verfassungsrechtliche Bedenken berücksichtigt, die gegen die frühere Regelung bestanden, wonach das Gesetz den auf die Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils entfallenden Teil der Geldbuße vom Betriebsausgabenabzug ausschloss.[3]

Das Bundeskartellamt versieht Bußgeldbescheide mit der Standardformel, dass die Kartellbuße rein ahndend sei und nicht die Vorteile aus dem Kartellvergehen abschöpfen solle.[4] An diese bußgeldrechtliche Bewertung und den Willen der Bußgeldbehörde ist das Finanzamt nicht gebunden, weil es eigenständig die Abschöpfungswirkung der Geldbuße für das steuerrechtliche Abzugsverbot beurteilen muss.[5] Dieser Position ist der BFH in der jüngsten Entscheidung gefolgt, wonach es steuerrechtlich "auf die objektive Abschöpfungswirkung der Geldbuße ankommt".[6] Allerdings sah er im konkreten Fall keinen Abschöpfungsanteil und ließ allein die Belastung der Liquidität des Unternehmens mit der Geldbuße nicht ausreichen.[7]

 

Rz. 53

Voraussetzung für das Abzugsverbot ist, dass die Geldbuße von einem Gericht oder einer Behörde der Bundesrepublik Deutschland oder von Organen der EG festgesetzt wird. Betrieblich veranlasste Geldbußen, die von Gerichten oder Behörden ausländischer Staaten festgesetzt werden, fallen nicht unter das Abzugsverbot, wenn sie in Zusammenhang mit der betrieblichen Tätigkeit angefallen sind.

[4] Drüen/Kersting, Steuerrechtliche Abzugsfähigkeit von Kartellgeldbußen des Bundeskartellamtes, 2016, 78ff.
[5] Drüen/Kersting, Steuerrechtliche Abzugsfähigkeit von Kartellgeldbußen des Bundeskartellamtes, 2016, 49, 65ff.

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