Rz. 12

Die Hebeberechtigung der Gemeinde setzt zwingend eine Betriebsstätte des Gewerbebetriebs in der Gemeinde voraus. Besteht in der Gemeinde keine Betriebsstätte, ist die Gemeinde nicht hebeberechtigt, auch wenn Teile des Gewerbebetriebs auf dem Gebiet der Gemeinde ausgeübt werden.[1] Dies gilt unabhängig davon, ob der Gemeinde durch den Betrieb des Gewerbebetriebs Lasten entstehen.

 

Rz. 13

In welcher Gemeinde sich eine Betriebsstätte des Gewerbebetriebs befindet, bestimmt sich nach der allgemeinen Definition der Betriebsstätte gem. § 12 AO. Das GewSt-Recht kennt keine eigene Definition, sondern übernimmt den allgemeinen Begriff.[2]. Gem. § 12 AO erfordert eine Betriebsstätte eine feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit des Unternehmens dient. Dies setzt eine feste und nicht nur vorübergehende Verbindung mit der Erdoberfläche voraus. Außerdem muss der Stpfl. Verfügungsmacht über die Geschäftseinrichtung haben[3]

 

Rz. 14

Nicht erforderlich ist dagegen, dass sich Menschen in der Geschäftseinrichtung aufhalten (können). Dies ist für das Vorliegen einer Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO allgemein anerkannt[4] und daher auch für das GewSt-Recht zu übernehmen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht in Bezug auf die Hebeberechtigung einer Gemeinde aus § 29 GewStG. § 29 GewStG regelt die Art der Zerlegung, wenn in mehreren Gemeinden Betriebsstätten unterhalten werden, eine mehrgemeindliche Betriebsstätte besteht oder eine Betriebsstätte von einer Gemeinde in eine andere Gemeinde verlegt wird.[5] Die Zerlegung erfolgt im Regelfall nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne. Dies impliziert, dass in einer Betriebsstätte – um bei der Zerlegung berücksichtigt zu werden – Arbeitnehmer beschäftigt sein müssen. Bestimmte Geschäftseinrichtungen, die gem. § 12 AO Betriebsstätten darstellen, in denen aber keine Arbeitnehmer beschäftigt sind (z. B. Rohrleitungen), werden gem. § 28 Abs. 2 GewStG bei der Zerlegung im Regelfall nicht berücksichtigt. Dies bedeutet aber nicht, dass die Hebeberechtigung einer Gemeinde gem. § 4 GewStG eine Betriebsstätte voraussetzt, die gem. der §§ 28ff. GewStG in das Zerlegungsverfahren einzubeziehen ist.[6] Für die Begründung der Hebeberechtigung genügt jede Betriebsstätte i. S. d. § 12 AO. Dies führt zu dem widersprüchlichen Ergebnis, dass eine Gemeinde zwar gem. § 4 GewStG hebeberechtigt sein kann, ihr aber gem. der §§ 28ff. GewStG im Zerlegungsverfahren kein Anteil am GewSt-Messbetrag zugeteilt wird.[7] Dieses Ergebnis darf aber nicht dazu führen, dass die Hebeberechtigung in derartigen Fällen durch Auslegung versagt wird. Dies folgt schon daraus, dass eine Betriebsstätte ohne Arbeitnehmer gem. § 28 Abs. 2 GewStG bei der Zerlegung zu berücksichtigen ist, wenn keine Betriebsstätten mit Arbeitnehmern vorhanden sind. Die Berücksichtigung im Zerlegungsverfahren ist aber nur möglich, wenn zuvor die Hebeberechtigung der Gemeinde gem. § 4 GewStG bejaht wird. Dies setzt voraus, dass auch eine Betriebsstätte ohne Arbeitnehmer zur Hebeberechtigung der Gemeinde führt.[8] Anderenfalls könnte die Gemeinde nicht am Zerlegungsverfahren teilnehmen. Somit könnte auch § 28 Abs. 2 GewStG nicht zur Anwendung kommen.

 

Rz. 15

Die Hebeberechtigung gem. § 4 Abs. 1 S. 1 GewStG besteht, wenn in der jeweiligen Gemeinde mindestens eine Betriebsstätte des Gewerbebetriebs unterhalten wird. Werden in einer Gemeinde mehrere Betriebsstätten unterhalten, so hat dies für die Hebeberechtigung dem Grunde nach keine Auswirkungen. Allerdings steht der Gemeinde im Zerlegungsverfahren gem. der §§ 28ff. GewStG möglicherweise ein größerer Anteil am GewSt-Messbetrag zu.[9]

[1] Lenski/Steinberg, GewStG, § 4 GewStG Rz. 5.
[6] A. A. Lenski/Steinberg, GewStG, § 2 GewStG, Rz. 8.
[7] Lenski/Steinberg, GewStG, § 4 GewStG, Rz. 8 sprechen daher richtigerweise von einer fehlenden Abstimmung zwischen beiden Regelungsbereichen.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge