Rz. 2

Der Gesetzgeber kann nach Art. 80 Abs. 1 S. 1 GG die Bundesregierung durch formelles Gesetz ermächtigen, Rechtsverordnungen – hierbei handelt es sich um Gesetze im materiellen Sinn und nicht um Verwaltungsvorschriften – zu erlassen. Das Ermächtigungsgesetz muss nach Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG Inhalt, Zweck und Ausmaß der erteilten Ermächtigung bestimmen. Genügt das Ermächtigungsgesetz nicht den genannten Anforderungen, ist es nichtig. Gleiches gilt für die auf der Grundlage des Ermächtigungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen. Fällt das Ermächtigungsgesetz nach dem Erlass der entsprechenden Rechtsverordnung weg, wird hierdurch deren Wirksamkeit nicht berührt.[1] Ebenfalls zu beachten ist das Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG. Dessen Nichtbeachtung hat die Nichtigkeit der erlassenen Rechtsverordnung zur Folge. Ermächtigungsgesetz i. S. d. Art. 80 GG für den Erlass der GewStDV ist § 35c Abs. 1 GewStG. Danach kann die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundesrats im durch § 35c GewStG vorgegebenen Rahmen Rechtsverordnungen erlassen. Ob und in welchem Umfang sie davon Gebrauch macht, steht in ihrem Ermessen. Eine Pflicht zur Ausfüllung der Ermächtigung besteht nicht. § 35c Abs. 1 GewStG entspricht – unter Heranziehung auch der übrigen Vorschriften des GewStG – den Kriterien des Art. 80 Abs. 1 S. 2 GG.[2] Ob die erlassene GewStDV in vollem Umfang dem Zitiergebot nach Art. 80 Abs. 1 S. 3 GG genügt, dürfte zweifelhaft sein.[3] Dies deshalb, weil in den einzelnen Regelungen der GewStDV nicht auf die konkrete Ermächtigungsgrundlage hingewiesen wird.

 

Rz. 3

Die Ermächtigung in § 35c Abs. 1 GewStG ist zweigeteilt. § 35c Abs. 1 Nr. 1 GewStG enthält Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die der Durchführung bestimmter Regelungen des GewStG dienen. § 35c Abs. 1 Nr. 2 GewStG beinhaltet Ermächtigungen zum Erlass von Rechtsverordnungen, die das GewStG ergänzen. Rechtsverordnungen nach § 35c Abs. 1 GewStG dürfen nur den durch das GewStG vorgegebenen Rahmen ganz oder teilweise ausfüllen. Sie dürfen im GewStG enthaltene Regelungen nur konkretisieren, nicht aber ändern.[4] Die Zweiteilung der Ermächtigung hat keinerlei rechtliche Relevanz.[5]

 

Rz. 4

§ 35c Abs. 2 GewStG ermächtigt das BMF, den Wortlaut des GewStG und der GewStDV nach dem jeweils geltenden Stand in einer Neufassung satzweise nummeriert mit neuem Datum und u. U. in neuer Paragrafenfolge bekannt zu machen und dabei Unstimmigkeiten im Wortlaut zu beseitigen. Bekanntmachung i. d. S. ist lediglich die Kundmachung der geltenden Fassung des GewStG bzw. der GewStDV. Sie stellt keine Verkündung i. S. d. Art. 82 GG dar.

[2] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35c GewStG Rz. 12; vgl. Selder, in Glanegger/Güroff, GewStG, 10. Aufl. 2021, § 35c GewStG Rz. 1.
[3] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35c GewStG Rz. 13.
[5] Sarrazin, in Lenski/Steinberg, GewStG, § 35c GewStG Rz. 14.

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