Rz. 90

Gem. § 10a S. 3 GewStG kann die Organgesellschaft den Gewerbeertrag nicht um Fehlbeträge kürzen, die sich vor dem rechtswirksamen Abschluss des Gewinnabführungsvertrags ergeben haben. Damit ist ein Ausgleich organschaftlicher positiver Gewerbeerträge mit vororganschaftlichen negativen Gewerbeerträgen nicht möglich. Im Ergebnis können die vororganschaftlichen negativen Gewerbeerträge nicht auf den Organträger übertragen werden. Sie bleiben bei der Organgesellschaft erhalten und können nur von dieser und nur nach Beendigung des Organschaftsverhältnisses abgezogen werden. Die gewerbesteuerliche Rechtslage entspricht dadurch der nach § 15 S. 1 Nr. 1 KStG bestehenden Rechtslage (§ 15 KStG Rz. 3ff.).

Für die Frage, ob ein negativer Gewerbeertrag vor dem rechtswirksamen Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags angefallen ist, ist auf das Jahr des Wirksamwerdens des Gewinnabführungsvertrags abzustellen, nicht auf das des Abschlusses.[1] Das ist von Bedeutung, wenn der Vertrag in dem einen Jahr unterschrieben, aber erst im nächsten Jahr in das Handelsregister eingetragen wird. Dann sind negative Gewerbeerträge des Jahrs vor der Eintragung des Gewinnabführungsvertrags noch "vororganschaftliche" Gewerbeerträge.

 

Rz. 91

Hat der Organträger vororganschaftliche Verluste, sollten diese nach R 68 Abs. 5 S. 6 GewStR nicht von den positiven Gewerbeerträgen der Organgesellschaften abziehbar sein, sondern nur von denen des Organträgers.[2] Dies wäre nur richtig, wenn GewSt-Pflichtiger nach Begründung der Organschaft nicht der Organträger, sondern der Organkreis als Ganzes wäre. Dann wäre die Ansicht vertretbar, dass hinsichtlich der vororganschaftlichen Gewerbeverluste des Organträgers die Unternehmeridentität fehlt. Ein GewSt-Subjekt "Organkreis" gibt es nach § 2 GewStG aber nicht. GewSt-Subjekt ist der Organträger, nicht ein hiervon unterschiedener Organkreis. Dem Organträger werden die Gewerbeerträge der Organgesellschaften als eigene Besteuerungsgrundlagen, die nach der Betriebsstättenfiktion aus eigenen Betriebsstätten stammen, zur Besteuerung zugeordnet; er schuldet hierauf nicht etwa fremde GewSt (die der Organgesellschaften), sondern eigene. Dann besteht aber auch Unternehmeridentität. Es ist kein Rechtsgrund ersichtlich, den Ausgleich der vororganschaftlichen Gewerbeverluste des Organträgers mit den ihm zugerechneten organschaftlichen Gewerbeerträgen der Organgesellschaften zu verweigern.[3] Die Situation ist nicht anders, als wenn der Organträger eine weitere Betriebsstätte gründet und deren positive Gewerbeerträge mit vorher bestehenden Gewerbeverlusten verrechnen will.

Die Finanzverwaltung hat wegen dieser Kritik R 68 Abs. 5 S. 6–8 GewStR im Vorgriff auf eine Änderung der GewStR für unanwendbar erklärt.[4] Daher können vororganschaftliche Gewerbeverluste des Organträgers von positiven organschaftlichen Gewerbeerträgen der Organgesellschaften abgezogen werden.

 

Rz. 92

Die Ablehnung der Einheitstheorie durch den BFH hat im Bereich des § 10a GewStG die Konsequenz, dass der Verlustvortrag wegen Gesellschafterwechsels verfällt, wenn der Anteil an einer Personengesellschaft innerhalb des Organkreises übertragen wird (von Organträger auf Organgesellschaft oder umgekehrt sowie zwischen zwei Organgesellschaften). Die einzelnen Unternehmen des Organkreises sind selbstständige Gesellschaften, keine Einheit, sodass ein Gesellschafterwechsel mit allen Folgen für den Verlustvortrag nach § 10a vorliegt.[5] Dies gilt auch für § 8c KStG und § 8d KStG, die über § 10a S. 10 GewStG auch für die GewSt Anwendung finden.

[1] BMF v. 10.11.2005, IV B 7 – S 2770 – 24/05, BStBl I 2005, 1038, Rz. 25; kritisch Rautenstrauch/Adrian, DB 2005, 1018; Walter, GmbHR 2005, 459.
[2] Zustimmend Patt/Stimpel, FR 2000, 705.
[3] Im Ergebnis ebenso Prinz/Ommerborn, FR 1999, 993; dies., FR 2000, 708.
[4] Ländererlasse v. 14.12.1999, BStBl I 1999, 1134.

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