2.1 Hebeberechtigte Gemeinde

 

Rz. 20

Gemeinden sind Gebietskörperschaften (z. B. § 1 Abs. 2 GemO SH), die mit öffentlich-rechtlichen Aufgaben unterhalb der Bundes- und Landesebene betraut sind. Sie sind Körperschaften des öffentlichen Rechts. Als solche nehmen sie die ihnen übertragenen Aufgaben selbstständig wahr (z. B. § 2 GemO SH). Selbstverwaltung bedeutet dabei Ermessens-, Gestaltungs- und Weisungsfreiheit innerhalb der gesetzlichen Vorgaben.[1] Der Rahmen, innerhalb dessen den Gemeinden das Selbstverwaltungsrecht zusteht, ergibt sich aus der Aufgabenverteilung zwischen den Gemeinden und den Ländern bzw. dem Bund. Die Gemeinden sind für alle Angelegenheiten zuständig, die die örtliche Gemeinschaft betreffen.[2] Diese sehr weite Aufgabenbeschreibung umfasst alle Bedürfnisse und Interessen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln oder einen spezifischen Bezug zu ihr haben.[3] Diese Aufgaben nehmen die Gemeinden selbstverantwortlich wahr.

Die Wahrnehmung der Aufgaben durch die einzelne Gemeinde beschränkt sich auf das jeweilige Gebiet der Gemeinde, den Gemeindebezirk. Dieser ist so bemessen, dass die örtliche Verbundenheit der Gemeindeeinwohner gewahrt bleibt und gleichzeitig die Leistungsfähigkeit der Gemeinde gesichert ist (z. B. § 5 GemO SH). Das Gemeindegebiet ist dabei in der Regel historisch gewachsen und durch die Gemeindeordnung gegen Veränderungen gesichert (z. B. §§ 13ff. GemO SH).

 

Rz. 21

Das GewStG sieht ab dem Vz 2004 eine Pflicht der Gemeinden zur Erhebung der GewSt vor. Diese Regelung ist eine Reaktion auf die Entscheidung einiger Gemeinden (z. B. Norderfriedrichskoog), aus standortpolitischen Gründen auf die Erhebung der GewSt zu verzichten. Um zu verhindern, dass diese Regelung dadurch unterlaufen wird, dass eine Gemeinde eine nur minimale GewSt erhebt, schreibt § 16 Abs. 4 S. 2 GewStG einen Mindesthebesatz von 200 % vor. Nach Auffassung einiger Gemeinden verstößt diese Pflicht zur Erhebung der GewSt gegen ihr verfassungsrechtlich gewährtes Recht auf gemeindliche Selbstverwaltung (Art. 28 Abs. 2 S. 3 GG), vom BVerfG wurde jedoch entschieden, dass der Mindesthebesatz nicht gegen die Selbstverwaltungsgarantie verstößt.[4]

 

Rz. 22

Die Gemeinden können die GewSt nur im Rahmen der (bundes-)gesetzlichen Vorgaben erheben. Sie sind daher nicht berechtigt, durch Gesetz oder Verordnung Regelungen zu treffen, die das GewStG überlagern. Nur insoweit, wie das GewStG keine Regelung enthält, reicht die Selbstverwaltungskompetenz der Gemeinden. Ein maßgeblicher Gestaltungsspielraum verbleibt für die Gemeinden daher nur bezüglich des Hebesatzes. Auch dieser Spielraum ist aber durch die Einführung des Mindesthebesatzes eingeschränkt.

[1] Jarass/Pieroth, GG, Art. 28 Rz. 16.
[2] Jarass/Pieroth, GG, Art. 28 Rz. 12.
[3] BVerfG v. 23.11.1988, 2 BvR 1619/83, BVerfGE 79, 127, 151; BVerfG v. 11.1.1995, 1 BvR 892/88, BVerfGE 92, 56, 62.

2.2 Verwaltungsverfahren

 

Rz. 23

Das Verwaltungsverfahren für die GewSt unterscheidet sich maßgeblich von der Verwaltung der ESt und KSt. Dies beruht im Wesentlichen darauf, dass es sich bei der GewSt um eine Gemeindesteuer handelt. Daher sind nicht nur die Finanzämter als Landesbehörden, sondern auch die Gemeinden an der Verwaltung der GewSt beteiligt. Die Verwaltung umfasst dabei alle Maßnahmen, die zur Erhebung der GewSt beitragen.[1] Nicht zum Verwaltungsverfahren gehört die Anmeldung des Gewerbebetriebs durch den Betriebsinhaber. Diese geht dem eigentlichen Verwaltungsverfahren voraus.[2]

 

Rz. 24

Angemeldet werden muss jede Eröffnung sowie die Fortführung eines Gewerbebetriebs durch einen Rechtsnachfolger oder Erwerber. Die Anmeldung hat innerhalb eines Monats nach Verwirklichung des anmeldepflichtigen Tatbestands zu erfolgen. Wird ein Gewerbebetrieb verlegt, aufgegeben oder übertragen, so hat eine Abmeldung zu erfolgen. Auch die Abmeldung gehört mangels hoheitlicher Maßnahme nicht zum Verwaltungsverfahren. Sie ist diesem nachgelagert.

 

Rz. 25

Die Erhebung der GewSt erfolgt in einem mehrstufigen Verfahren. Es ist zu unterscheiden zwischen dem Verfahren zur Festsetzung des Steuermessbetrags und der eigentlichen Festsetzung der GewSt.

Die Festsetzung des Messbetrags erfolgt in einem Festsetzungsbescheid, der wie ein Steuerbescheid behandelt wird.[3] Dieser Bescheid wird von den Finanzbehörden erlassen; auf ihn ist daher die AO nach § 1 Abs. 1 S. 1 AO in vollem Umfang anwendbar. Im Verfahren zur Festsetzung des Steuermessbetrags werden die Grundlagen der Besteuerung festgesetzt. Es wird der Steuermessbetrag ermittelt, auf den zur Ermittlung der GewSt-Schuld in einem zweiten Schritt der Hebesatz anzuwenden ist. Der Steuermessbetrag ergibt sich aus der Multiplikation der Steuermesszahl gem. § 11 Abs. 2 GewStG mit dem Gewerbeertrag gem. § 10 Abs. 1 GewStG. Neben der Festsetzung des Steuermessbetrags als Bemessungsgrundlage für die GewSt werden in diesem Verfahren auch der Steuerschuldner und das Steuerobjekt bestimmt.[4] Mit der Festsetzung des Steuermessbetrags wird daher gleichz...

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