Leitsatz

Die Anwendung des § 6e EStG auf Gründungskosten eines Schifffonds ist auch rückwirkend zulässig gewesen.

 

Sachverhalt

Die Klägerin betriebt einen geschlossen Schiffsfonds in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG. Nach der Gründung im Jahr 2007 schloss sie einen Chartervertrag und einen Vertrag über den Bau eines Schiffs ab. Im Emissionsprospekt, der herausgegeben wurde um Anleger einzuwerben, wurden die rechtlichen und steuerlichen Grundlagen dargestellt. Die Kosten für Finanzierung und Beratung (sogenannte Weichkosten) wurden zunächst als Anschaffungskosten behandelt. Als sich herausstellte, dass das Schiff nicht rechtzeitig fertiggestellt werden würde, wurde beschlossen, den eingeworbenen Anlegern eine alternative Beteiligung an einer anderen GmbH & Co. KG anzubieten. In dieser Beteiligung behandelte die Klägerin die bereits aufgelaufenen Anschaffungskosten des ersten Schiffs als abziehbare Betriebsausgabe. Das Finanzamt teilte diese Auffassung nicht. Die beiden Beteiligungen seien eng miteinander verflochten, zudem sei in der Zwischenzeit § 6e EStG in Kraft getreten, der auch rückwirkend anzuwenden sei.

 

Entscheidung

Die Klage hatte keinen Erfolg, denn das FG Münster wies die Klage ab. Die Kosten der Fondsetablierung seien keine sofort abziehbaren Betriebsausgaben, sondern Anschaffungskosten auch der neuen Beteiligung. Hierbei sei § 6e EStG anwendbar, da zwischen den beiden Investitionsobjekten ein direkter wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe. Die rückwirkende Anwendung der Vorschrift § 6e EStG (die im Jahr 2019 geschaffen worden sei) auf abgeschlossene Zeiträume sei hier zulässig. Aufgrund der ständigen Rechtsprechung des BFH zu Weichkosten sowie auch der einhelligen Verwaltungspraxis habe kein schutzwürdiges Interesse der Klägerin bestanden. Diese habe nicht darauf vertrauen können, dass die Kosten als Betriebsausgabe hätten berücksichtigt werden können.

 

Hinweis

Fragen im Zusammenhang mit § 6e EStG sind kaum Gegenstand der Rechtsprechung gewesen. Da die Bestimmung erst 2019 geschaffen wurde, ist dies auch nicht besonders überraschend. Die Regelung greift aber ältere Entwicklungen in der Rechtsprechung und der Verwaltungspraxis zu Fonds auf (vgl. hierzu Kulosa, in Schmidt, EStG, 2024, § 6e EStG Rz. 2). Neben der Frage, was alles als Kosten der Fondsetablierung anzusehen ist, ist umstritten, ob es rechtlich zulässig ist, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Anwendung des § 6e EStG auf alle offenen Fälle angeordnet hat. Das FG Münster bejaht die Verfassungsmäßigkeit und begründet dies im Wesentlichen damit, dass der Gesetzgeber lediglich die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis konkretisiert hat. Dies kann man so sehen, zwingend erscheint es indes nicht. Jedenfalls hat sich die Praxis hierauf einzustellen bzw. hat dies bereits in der Vergangenheit getan.

Abzuwarten bleibt, ob der BFH die Ansicht des Finanzgerichts teilt. Dieses hat nämlich wegen der grundsätzlichen Bedeutung und zur Fortbildung des Rechts die Revision zugelassen, Az beim BFH IV R 6/24.

 

Link zur Entscheidung

FG Münster, Urteil v. 24.01.2024, 12 K 357/18 F

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