Rz. 2140

[Autor/Stand] Keine Escape-Regelung nach den VWG-Umlage. Die VWG-Umlage enthalten keine Escape-Regelung, die es ermöglichen würde, einem konzernspezifischen Umlageverfahren beizutreten, das in seinen einzelnen Bestimmungen – insbesondere im Hinblick auf die Kostenerfassung und -verteilung – von den VWG-Umlage abweicht oder diese Fragen nicht regelt. Dies ist deshalb für die internationale Konzernpraxis von erheblicher Bedeutung, weil Umlageverträge nicht nur für ein Land vereinbart werden, sondern den Verhältnissen und Anforderungen einer Vielzahl von Staaten gerecht werden müssen und dabei eine multinationale Einigung oft nur auf dem "kleinsten gemeinsamen Nenner" erfolgen kann.[2] Eine solche Regelung sah etwa Tz. 7.2.4 VWG 1983[3] vor. Hiernach wurde deutschen Unternehmen, die an einem Umlageverfahren teilnehmen wollen, auf Antrag die Möglichkeit eingeräumt, abweichend von sämtlichen in Tz. 7 VWG 1983 enthaltenen Voraussetzungen und Anforderungen "auch andere Einzelregelungen" zu vereinbaren, "wenn dies wegen der besonderen Umstände (zB wegen des multilateralen Einsatzes des Umlagevertrages oder bei Fehlen einzelner die Kostenerfassung oder -verteilung regelnder Bestimmungen i.S. der Tz. 7.2.1.) sachgerecht ist und sich das Ergebnis des Umlagevertrages im Inland nicht wesentlich gegenüber dem eines den Voraussetzungen der Tz. 7.1. bis 7.2.3. entsprechenden Vertrages ändert". Diese Regelung bot auch den zuständigen Finanzämtern die notwendige Ermächtigung, in bestimmten Fällen den Unternehmen flexible Einzelregelungen zuzugestehen und "maßgeschneiderte Lösungen", die den unternehmensindividuellen Verhältnissen am ehesten entsprechen, mitzutragen.

 

Rz. 2141

[Autor/Stand] Keine Sanktionierung nach aktueller Rechtslage. Fraglich ist, ob die steuerliche Anerkennung allein von der Einhaltung der strengen Nachweis- und Formvorschriften (Anm. 2120) abhängig gemacht werden kann. Nach Tz. 5.1.1 VWG-Umlage bedarf der Umlagevertrag für dessen Anerkennung der Schriftform.[5] Nach Tz. 5.2. VWG-Umlage ist der Umlagevertrag steuerlich grundsätzlich nur dann der Einkunftsabgrenzung zugrunde zu legen, wenn die Dokumentationsanforderungen erfüllt werden. Hierbei ist allerdings zu beachten, dass die Dokumentationsanforderungen der VWG-Umlage nach der gesetzlichen Einführung einer Dokumentationspflicht ihre Rechtsgrundlagen in § 90 Abs. 3 AO und der GAufzV haben und nicht losgelöst von diesen als verwaltungsmäßiges Sonderrecht fortbestehen können. Nach § 1 Abs. 1 Satz 3 GAufzV besteht die Aufzeichnungspflicht ausdrücklich auch für solche "Geschäftsbeziehungen, die keinen Leistungsaustausch zum Gegenstand haben, wie [...] Poolvereinbarungen (zum Beispiel Umlageverträge)". Ausweislich der Verordnungsbegründung zur GAufzV soll die GAufzV die in der VWG-Umlage dargestellte Rechtsauffassung nicht berühren.[6] Dies kann allerdings nur für Art und Umfang der erforderlichen Aufzeichnungen gelten, nicht hingegen für die Rechtsfolgen bei Verletzung der Dokumentationspflichten. Diese Sanktionen sind gesetzlich geregelt, nämlich in § 162 Abs. 3 und 4 AO. Der hier entscheidende § 162 Abs. 3 Satz 1 AO sieht gerade nicht vor, dass die Geschäftsbeziehung bzw. die dieser gleichgestellte Umlagevereinbarung steuerlich nicht anerkannt wird. Insofern ist Tz. 5.2. VWG-Umlage ohne rechtliche Grundlage.

§ 162 Abs. 3 Satz 1 AO regelt stattdessen die widerlegbare Vermutung, dass die inländischen Einkünfte aus den entsprechenden Geschäftsbeziehungen zum Ausland höher sind als die bislang erklärten, dh. dass gegen den Fremdvergleichsgrundsatz verstoßen wurde, und zwar nur dann, wenn der Stpfl. seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt, indem

  • er die in § 90 Abs. 3 AO bzw. der GAufzV vorgeschriebenen Aufzeichnungen[7] nicht vorlegt,
  • die von ihm vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar sind oder
  • Aufzeichnungen zu außergewöhnlichen Geschäftsvorfällen i.S. des § 90 Abs. 3 Satz 3 AO – hierzu gehört auch der Abschluss eines Umlagevertrags (§ 3 Abs. 2 GAufzV) – nicht zeitnah erstellt wurden.

Aufgrund der "Widerlegbarkeit" dieser Vermutung ist es an dem Stpfl. nachzuweisen, dass die Kostenumlage – insbesondere im Hinblick auf die Kostenerfassung und -verteilung – einem Fremdvergleich standhält. Dies bedeutet, dass die Kostenumlage nach dem konkreten Umlageverfahren an dem Ergebnis zu messen ist, das sich nach den Grundsätzen der VWG-Umlage eingestellt hätte. Insofern bestehen u.E. vergleichbare Rahmenbedingungen für eine Teilnahme an multinationalen Umlageverfahren, wie sie nach der Escape-Regelung der Tz. 7.2.4 VWG 1983 bestanden haben. Auf rein formale Gesichtspunkte kann die Finanzverwaltung jedenfalls die Ablehnung der Kostenumlage mangels Rechtsgrundlage nicht stützen.

 

Rz. 2142

[Autor/Stand] Sperrwirkung nach Art. 9 OECD-MA. Schließlich ist auch in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen, dass die Art. 9 OECD-MA entsprechenden Bestimmungen der deutschen DBA nach der Rspr. des BFH[9] gegenüber einer auf rein formale Anforderungen gestützt...

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