Rz. 4

[Autor/Stand] § 16 ist seiner Natur nach eine allgemeine Verfahrensvorschrift, deren Anwendungsbereich keineswegs auf das Ertragsteuerrecht begrenzt ist. Rechtsfolgemäßig verweist die Vorschrift allerdings auf § 160 AO. § 160 AO enthält ein materiell-rechtlich wirkendes und in das Ermessen des zuständigen FA gestelltes Abzugsverbot. Durch die Vorschrift sollen Steuerausfälle bei einer im Ausland ansässigen Person vermieden werden.[2] Der im Inland Stpfl. soll für die Steuerausfälle seines ausländischen Geschäftspartners "haften".[3] Der ausländische Geschäftspartner muss dem Stpfl. nicht nahestehen. Dennoch greift die Vorschrift auch dann, wenn der Steuerinländer Gewinne und Vermögen auf im Ausland ansässige nahestehende Personen verlagert. Sie enthält keine Beweislastregelungen im engeren Sinn.[4] Die verwendeten Begriffe "Betriebsausgaben", "Werbungskosten", "Schulden und andere Lasten" belegen, dass die Vorschrift einerseits auf sämtliche Einkunftsarten und andererseits z.B. auch auf die Erbschaftsteuer Anwendung findet (vgl. Anm. 12 und 41).[5] Der Gesetzgeber hätte allerdings die Regelung besser hinter § 160 AO oder hinter § 90 AO platzieren sollen. Die AO geht zwar von dem Amtsermittlungsgrundsatz des § 88 AO aus. Sie bürdet jedoch dem Stpfl. (erweiterte) Mitwirkungspflichten auf. Dieser muss Auskunft über den der Besteuerung zugrunde zu legenden Sachverhalt geben (§§ 93 Abs. 3, 97, 200 AO). Er muss zusätzlich die erforderlichen Beweismittel beschaffen, soweit dies ”nach Lage des Falles” möglich ist oder war (§ 90 Abs. 2 AO). Die Vorschrift hat auf der einen Seite eine Ausweitung des § 160 AO zum Gegenstand[6]; auf der anderen Seite ergeben sich aber auch Überschneidungen und Konkurrenzfragen zu § 90 Abs. 2 AO (vgl. Anm. 68.1 und 68.2). Im Kern weitet § 16 den Anwendungsbereich des § 160 AO insoweit aus, als er zur genauen Gläubiger- oder Empfängerbenennung vorschreibt, dass der Stpfl. alle Beziehungen offenlegt, die unmittelbar oder mittelbar zwischen ihm und einer unwesentlich besteuerten ausländischen Gesellschaft oder Person bestehen bzw. bestanden haben.[7]

 

Rz. 4.1

[Autor/Stand] Bei der rechtssystematischen Einordnung von § 16 wird man nicht nur die Konkurrenz zu §§ 90 ff. und zu § 160 AO, sondern ebenso die Konkurrenz zu § 17 sehen müssen. Zwar ist § 16 mit "Mitwirkungspflichten des Steuerpflichtigen" und § 17 mit "Sachverhaltsaufklärung" überschrieben. Da die Mitwirkungspflichten aber ausschließlich die Sachverhaltsaufklärung zum Gegenstand haben, handelt es sich der Sache nach um rechtssystematisch vergleichbare Offenlegungspflichten. § 16 und § 17 haben letztlich das gleiche Ziel. Unter diesem Gesichtspunkt ist es von Bedeutung, dass die Anwendung von § 17 auf die Fälle des § 5 und der §§ 715 ausdrücklich beschränkt wird. Aus dem Blickwinkel des AStG verbleiben deshalb für den Anwendungsbereich von § 16 allenfalls noch die Fälle der §§ 14 und des § 6.[9] Die Erwähnung auch des § 5 innerhalb des § 17 zeigt aber bereits, dass die Stoßrichtung von § 16 nicht speziell die Fälle der beschränkten Steuerpflicht im Auge hat. Der Regelungsgehalt von § 16 liegt im Vorfeld des § 1 (vgl. Anm. 27, 46).[10] Die Vorschrift will unzutreffende Gewinn- und Vermögensverlagerungen ins Ausland verhindern. In vielen Fällen wird die Finanzverwaltung Geschäftsbeziehungen zu einer nahestehenden Person vermuten, ohne sie beweisen zu können. So weist Ebling[11] darauf hin, dass häufig ein Stpfl. Kosten als Betriebsausgaben absetzt, die ihm von Personen oder Gesellschaften mit Wohnsitz oder Sitz in einem Steueroasenland, z.B. für Warenlieferungen, erbrachte Dienstleistungen (Beratungen), Lizenz- und Zinszahlungen u.a.m., in Rechnung gestellt werden. In diesen Fällen besteht die Gefahr unzulässiger Gewinnverschiebungen ins Ausland, wenn die nahestehende Person im niedrigbesteuerten Ausland ansässig ist. § 16 schafft mit der Erweiterung des Abzugsverbotes nach § 160 AO eine Ergänzung zu der Gewinnkorrekturvorschrift des § 1. § 16 gilt deshalb in erster Linie für denkbare Fälle des § 1, wobei die Bestimmung nicht auf den unternehmerischen Bereich begrenzt ist (vgl. Anm. 12), während § 17 auf die Fälle des § 5 und der §§ 715 anzuwenden ist. Für die Fälle der §§ 24 und des § 6 gelten die allgemeinen Vorschriften der §§ 90 ff. AO. § 16 ist sicherlich auch auf Fälle des § 42 AO, zur Bekämpfung des "treaty shoppings" (§ 50d EStG) und im Bereich des ErbStG anzuwenden. § 17 ist allerdings vorrangig anzuwenden.[12] Die Vorschrift zieht eine Schätzung nach sich; dagegen begründet § 16 ein Abzugsverbot von Aufwendungen und Lasten.[13] Dennoch kommt der Konkurrenzfrage wenig praktische Bedeutung zu.

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Die sich aus § 16 ergebenden praktischen Schwierigkeiten dürfen nicht unterschätzt werden. Der Stpfl., der die Absetzung von Aufwendungen oder Verpflichtungen begehrt, wird i.d.R. den Tatbestand der unwesentlichen Besteuerung seines ausländischen Geschäftspartners gar nicht erkennen können bzw., wenn er ihn erk...

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