Rz. 1

[Autor/Stand] Hintergrund. Ziel einer hybriden Gestaltung ist es, durch unterschiedliche steuerliche Behandlung einer Zahlung in verschiedenen Staaten eine Besteuerungsinkongruenz herbeizuführen, welche eine Minderung der Gesamtsteuerlast zur Folge hat. Das hybride Element kann seinen Grund entweder in der Zahlung selbst haben, wenn die Zahlung unterschiedlich (z.B. als Dividende bzw. Zins) qualifiziert wird (hybrides Finanzinstrument), oder in einem der beteiligten Rechtsträger, wenn die involvierten Staaten diesen Rechtsträger unterschiedlich (z.B. steuerlich als intransparente bzw. transparente Rechtsform) qualifizieren (hybride Rechtsform). Die Verhinderung von hybriden Gestaltungen und Arbitragen gehört schon seit längerem zur steuerpolitischen Diskussion in Deutschland. Im Hinblick auf die durch Schlagworte wie "Steuerethik" und "Steuermoral" geprägte Polemik sollte jedoch festgehalten werden, dass es sich hierbei regelmäßig um eine legale Steuerreduktion durch die Ausnutzung von grenzüberschreitenden Qualifikationskonflikten handelt. Daher hatte der Gesetzgeber in Deutschland bislang lediglich vereinzelt Regelungen vorgesehen, die die Entstehung von Besteuerungsinkongruenzen durch den Einsatz von hybriden Finanzinstrumenten und Strukturen verhindern. Dies wird dadurch deutlich, dass der Gesetzgeber das Korrespondenzprinzip (d.h. eine steuerlich korrespondierende Behandlung von Aufwendungen und Erträgen) selektiv in ausdrücklich geregelten Bereichen (z.B. §§ 4i, 50d Abs. 8, 9, 10 EStG; §§ 8 Abs. 3 Satz 4, 14 Abs. 1 Nr. 5 KStG) anwendet. So bezog sich etwa das in § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG geregelte Korrespondenzprinzip ursprünglich ausschließlich auf verdeckte Gewinnausschüttungen.[2] Folglich blieb es in den anderen Fällen, in denen eine fehlende korrespondierende Behandlung von abzugsfähigen Aufwendungen und damit verbundenen Erträgen zu sog. "weißen Einkünften" führen konnte, bei der Freistellung gemäß § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG.[3] Erst im Rahmen des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26.6.2013[4] wurde das Korrespondenzprinzip gemäß § 8b Abs. 1 Satz 2 KStG auf sämtliche Bezüge i.S.d. § 8b Abs. 1 Satz 1 KStG ausgedehnt, wenn diese das Einkommen der leistenden Körperschaft nicht gemindert haben. Diese ab 2014 geltende Gesetzesänderung soll nach der Gesetzesbegründung die Entstehung von "weißen Einkünften" auf Grund des Einsatzes von sog. hybriden Finanzierungsinstrumenten verhindern.[5]

 

Rz. 2

[Autor/Stand] BEPS-Aktionsplan. Die OECD hatte bereits im Jahr 2012 einen Bericht über "aggressive" Steuergestaltungen im Bereich der "Hybrid Mismatches" veröffentlicht.[7] Im September 2013 verabschiedeten die OECD- und G20-Staaten auf Grundlage des Berichts "Addressing Base Erosion and Profit Shifting (BEPS)" einen gemeinsamen 15-Punkte-Aktionsplan (BEPS-Projekt) gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung. Der BEPS-Aktionsplan sah im Aktionspunkt 2 die Entwicklung von steuerrechtlichen Empfehlungen für die Neutralisierung der Effekte sog. hybrider Gestaltungen vor.[8] Wenngleich das BEPS-Projekt eine Ausarbeitung dieser Maßnahmen bis September 2014 anstrebte, gehörte der Aktionspunkt 2 nicht zu den Aktionspunkten, zu dessen Umsetzung sich die G20-Staaten verpflichtet hatten und stand somit zunächst nicht im Fokus vieler Staaten.[9] Im Jahr 2015 wurden die Abschlussberichte zu den einzelnen Aktionspunkten des BEPS-Projekts von der OECD veröffentlicht.[10] Der finale OECD-Bericht zur Aktionsmaßnahme 2 ("Neutralising the Effects of Hybrid Mismatch Arrangements") wurde am 5.10.2015 veröffentlicht. Teil I des OECD-Berichts sieht Empfehlungen für nationale Maßnahmen zur Neutralisierung der Effekte hybrider Finanzinstrumente und hybrider Rechtsformen vor. Teil II des OECD-Berichts enthält Handlungsempfehlungen auf Abkommensebene (insbesondere in Bezug auf doppelt ansässige Gesellschaften und die Zurechnung von Einkünften bei transparenten Rechtsformen).

 

Rz. 3

[Autor/Stand] ATAD. Auf Grundlage des BEPS-Abschlussberichts aus 2015 legte die EU Kommission bereits im Frühjahr 2016 einen ersten Richtlinienentwurf vor, der die einzelnen Aktionspunkte gegen Gewinnverkürzung und Gewinnverlagerung aufgriff, und schließlich in die erste Anti-Tax Avoidance Directive-Richtlinie (ATAD) vom 12.7.2016 mündete.[12] Diese erste ATAD-Richtlinie sah in Art. 9 Regelungen über die Neutralisierung von "hybriden Gestaltungen", die zu einem doppelten Abzug (sog. "Double Deduction" (DD) i.S.d. Art. 9 Abs. 1 ATAD), bzw. zu Aufwendungen ohne korrespondierende Erträge (sog. "Deduction/No-Inclusion" (D/NI) i.S.d. Art. 9 Abs. 2 ATAD) führen, vor. Allerdings hatten diese Regelungen einen relativ begrenzten Anwendungsbereich, so dass insoweit die Empfehlungen des Aktionspunkts 2 des BEPS-Projektes nicht hinreichend umgesetzt wurden.[13] Auf Grund dessen wurde die ATAD-Richtlinie überarbeitet und durch die Richtlinie zur Änderung der ATAD I in Bezug auf hybride Gestaltungen mit Drittstaaten ("ATAD II") ergänzt.[14] Nach Art. 9 und 9b ATAD sin...

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