Rz. 33

[Autor/Stand] Anwendung in allen offenen Jahren. § 50 i Abs. 1 Satz 3 (bzw. § 50 i Satz 2 a.F.) unterwirft auch die laufenden Einkünfte aus der Beteiligung an der Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 EStG der Inlandsbesteuerung. Im Jahr 2014 wurde die Vorschrift im Zuge des KroatienAnpG[2] redaktionell neu verordnet (vormals § 50 i Satz 2) und an die tatbestandliche Erweiterung von § 50 i um Einbringungsfälle i.S. des § 20 UmwStG redaktionell angepasst. Nach § 52 Abs. 48 Satz 2 (vormals § 52 Abs. 59 d Satz 2) ist die Vorschrift in allen Fällen anzuwenden, in denen die Einkommensteuer noch nicht bestandskräftig festgesetzt worden ist.

 

Rz. 34

[Autor/Stand] Echte Rückwirkungsfälle. § 50 i Abs. 1 Satz 3 (bzw. § 50 i Satz 2 a.F.) stellt bezogen auf bestimmte Einkünftebestandteile der Personengesellschaft (insb. für Kapitalerträge) eine Änderung der bis zu seiner Einführung geltenden Rechtslage dar, weil der BFH in 2010 erstmals entschieden hat, dass gewerblich geprägte Personengesellschaften kein abkommensrechtlich gestütztes deutsches Besteuerungsrecht für von diesen bezogene Einkünfte vermitteln, wenn die bezogenen Einkünfte nach dem jeweiligen DBA der Besteuerung im Ansässigkeitsstaat des ausländischen Mitunternehmers der inländischen Personengesellschaft unterliegen (Anm. 10).[4] In diesen Fällen hat Deutschland also kein Besteuerungsrecht. Diese aus Sicht des deutschen Fiskus ungünstige Rechtslage wurde durch § 50 i ausgehebelt, der in seiner ursprünglichen Fassung am 29.6.2013 im BGBl. verkündet wurde und seit dem 31.7.2014 in modifizierter Fassung gilt (Anm. 2 f.). Da § 50 i Abs. 1 Satz 3 (bzw. § 50 i Satz 2 a.F.) für alle noch nicht bestandskräftigen Veranlagungszeiträume anzuwenden ist (§ 52 Abs. 48 Satz 2), entfaltet die Vorschrift für Jahre bis einschließlich 2012 eine echte Rückwirkung, weil eine bereits entstandene Steuerschuld des ausländischen Mitunternehmers nachträglich in belastender Weise abgeändert wird. In den Einbringungsfällen des § 50 i Abs. 1 Satz 2 könnte eine echte Rückwirkung bis einschließlich Veranlagungszeitraum 2013 vorliegen, wenn es sich bei § 50 i Abs. 1 Satz 2 um eine konstitutive Rechtsänderung handelt (Anm. 30) und die Personengesellschaft allein wegen Verwirklichung einer Buchwerteinbringung nach § 20 UmwStG vor dem 29.6.2013 in die § 50 i-Verhaftung geraten ist. Eine echte Rückwirkung ist grundsätzlich unzulässig.[5] Es ist nicht ersichtlich, dass die Enttäuschung des Vertrauens in die Aufrechterhaltung der für die Vergangenheit geltenden Rechtslage gerechtfertigt ist. Der BFH hat in 2010 erstmals über eine Auslegungsfrage zur Anwendung von DBA auf gewerblich geprägte Personengesellschaften entschieden. Hinsichtlich der Besteuerung der laufenden Beteiligungserträge aus der Personengesellschaft musste der Stpfl. nicht mit einer Änderung der Gesetzeslage rechnen, weil der BFH das seinerzeit geltende Abkommensrecht erstmals für diese Fälle – abweichend von der Verwaltungsmeinung – ausgelegt hat (insb. lag keine überraschende Rspr.-Änderung vor).[6] Auch die Begründung des Gesetzgebers ist unzureichend, der Stpfl. habe ein positives Wissen hinsichtlich der Besteuerung der späteren stillen Reserven gehabt[7]; aus der angenommenen Veräußerungsgewinnbesteuerung im Inland leitet sich noch keine zwingende Inlandsbesteuerung der laufenden Einkünfte der Personengesellschaft ab.[8] Es ist vielmehr das Gegenteil schlüssig: wären bspw. im Wegzugsfall die Wirtschaftsgüter entstrickt worden, hätte Deutschland nach dem Wegzug kein Besteuerungsrecht an den laufenden Gewinnen mehr gehabt.[9] Ferner war die seinerzeit geltende Rechtslage auch nicht verworren und deshalb unklar oder systemwidrig und deshalb unbillig. Und es ist auch nicht davon auszugehen, dass durch die BFH-Rspr. überragende Belange des Allgemeinwohls verletzt werden. Schließlich verursacht § 50 i Abs. 1 Satz 3 im Vergleich zur vormaligen Rechtslage nicht nur einen unerheblichen Schaden beim Stpfl.[10] Nach alledem erscheint es höchst zweifelhaft, dass eine aus § 50 i Abs. 1 Satz 3 (bzw. § 50 i Satz 2 a.F.) resultierende echte Rückwirkung als verfassungsrechtlich zulässig bewertet werden kann.[11]

 

Rz. 35

[Autor/Stand] Unechte Rückwirkungsfälle. Für Veranlagungszeiträume ab 2013 (Fälle des § 50 i Abs. 1 Satz 1) bzw. für Veranlagungszeiträume ab 2014 (Fälle des § 50 i Abs. 1 Satz 2) entfaltet § 50 i Abs. 1 Satz 3 eine unechte Rückwirkung, weil anknüpfend an eine zurückliegende Sachverhaltsdisposition zukünftige Steuerfolgen im Vergleich zur vormals geltenden Rechtslage verändert werden. Die unechte Rückwirkung ist grundsätzlich zulässig. In diesen Fällen ist ein Verstoß gegen den Grundsatz des Vertrauensschutzes nicht ersichtlich.

[Autor/Stand] Autor: Liekenbrock, Stand: 01.10.2017
[2] BGBl. I 2014, 1266 = BStBl. I 2014, 1126.
[Autor/Stand] Autor: Liekenbrock, Stand: 01.10.2017
[4] Einkünfte der Personengesellschaft, die von der BFH-Rspr. nicht berührt sind und bereits vor Schaffung von § 50 i im Inland steuerverhaftet wa...

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