(2) 1 Die Ausübung einer Finanzierungsfunktion innerhalb eines Unternehmens ist eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung, die im Regelfall als Dienstleistung anzusehen ist und nicht als Zurverfügungstellung eigener finanzieller Mittel der Finanzierungsbetriebsstätte. 2 Für eine solche Dienstleistung ist der nach § 16 Absatz 2 Satz 1 anzusetzende Verrechnungspreis nach einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode zu bestimmen. 3 Finanzierungsaufwendungen und Finanzierungserträge des Unternehmens, die durch die Tätigkeiten der Finanzierungsbetriebsstätte verursacht werden, beeinflussen die Kostenbasis der Finanzierungsbetriebsstätte nicht.

 

Rz. 3353

[Autor/Stand] Fiktive Dienstleistungsbeziehung. Übt eine Finanzierungsbetriebsstätte eine Finanzierungsfunktion innerhalb des Unternehmens i.S.d. § 17 Abs. 1 BsGaV aus, wird nach § 17 Abs. 2 Satz 1 BsGaV widerlegbar vermutet, dass diese Betriebsstätte lediglich eine Dienstleistung an das übrige Unternehmen erbringt. Infolgedessen liegt eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung in Gestalt der Dienstleistungserbringung durch die Finanzierungsbetriebsstätte vor. Mithin führt die Überlassung eigener finanzieller Mittel der Finanzierungsbetriebsstätte nicht zur Annahme einer fiktiven Darlehensbeziehung zwischen der Finanzierungsbetriebsstätte und einer anderen Betriebsstätte desselben Unternehmens. Eine Ausnahme davon kann sich aber unter Anwendung der Öffnungsklausel gem. § 17 Abs. 7 BsGaV ergeben.[2]

 

Beispiel

Die M-GmbH hat in den Niederlanden eine Finanzierungsbetriebsstätte. Eigenes Personal der Finanzierungsbetriebsstätte organisiert die Kreditaufnahme für den Erwerb von Vermögenswerten im übrigen Unternehmen der M-GmbH.

 

Lösung

Die niederländische Finanzierungsbetriebsstätte übt die Geschäftstätigkeit einer Finanzierungsbetriebsstätte aus (§ 17 Abs. 1 Satz 1 BsGaV). Infolgedessen sind die weitergereichten Darlehen der niederländischen Finanzierungsbetriebsstätte nicht als Vermögenswerte (Forderungen) nach §§ 7 oder 8 BsGaV zuzuordnen. Die aufgenommenen Kredite sind nicht als übrige Passivposten nach § 14 BsGaV zuzuordnen. Für die Übernahme der Finanzierungsfunktion steht der niederländischen Finanzierungsbetriebsstätte eine Vergütung gem. § 17 Abs. 2 BsGaV zu.

 

Rz. 3354

[Autor/Stand] Kostenorientierte Vergütung. § 17 Abs. 2 Satz 2 BsGaV unterstellt, dass die Ausübung der Finanzierungsfunktion in der Regel risikoarm ist.[4] Infolgedessen ist die angemessene Vergütung auf Grundlage einer kostenorientierten Verrechnungspreismethode zu bestimmen. Hierzu gehören insbesondere die Kostenaufschlagsmethode (Anm. 721 ff.) und die geschäftsvorfallbezogene Nettomargenmethode (Anm. 791 ff.), wenn ihre Anwendung sich an den Kosten orientiert. Ferner sollen bei der Anwendung dieser Methoden die Finanzierungsaufwendungen und Finanzierungserträge des Unternehmens, die durch die Tätigkeiten der Finanzierungsbetriebsstätte verursacht werden, nicht in die Kostenbasis der Finanzierungsbetriebsstätte einbezogen werden (§ 17 Abs. 2 Satz 3 BsGaV). Vielmehr sind sie den Betriebsstätten zuzuordnen, die die Finanzierungsfunktion nutzen, weil ihnen auch die Vermögenswerte, die der Finanzierungsfunktion innerhalb des Unternehmens dienen, zugeordnet werden (Anm. 3261 ff.).[5] Im Ergebnis dürfen jeweils nur die ausschließlich in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Erbringung der fiktiven Dienstleistung stehenden Kosten der Finanzierungsbetriebsstätte berücksichtigt werden.[6] Dazu gehören insbesondere die Personalkosten der in der Finanzierungsbetriebsstätte beschäftigten Arbeitnehmer. Allgemeine Verwaltungs- oder Geschäftskosten, die aufgrund von Personalfunktionen des übrigen Unternehmens entstehen, gehören nicht zur Kostenbasis. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollen die Aufwendungen von Fehlmaßnahmen nicht in die Kostenbasis einfließen, sodass die Finanzierungsfunktion insoweit auch einen Verlust zur Folge haben kann. Dieses Ergebnis steht nicht im Einklang mit dem Fremdvergleichsgrundsatz. Denn § 17 Abs. 1 BsGaV geht offensichtlich davon aus, dass Tätigkeit einer Finanzierungsbetriebsstätte als Routinetätigkeit einzustufen ist.[7] Nach dem Fremdvergleichsgrundsatz erzielen Routineunternehmen im gewöhnlichen Geschäftsverlauf aber keine Verluste.[8]

[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018
[2] Vgl. Andresen in Wassermeyer/Andresen/Ditz, Betriebsstätten-Handbuch2, Rz. 4.202.
[Autor/Stand] Autor: Leonhardt/Tcherveniachki, Stand: 01.03.2018
[4] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.17.2, Rz. 180, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[5] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.17.2, Rz. 181, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 447 ff.
[6] Vgl. BMF v. 22.12.2016 – IV B 5 - S 1341/12/10001-03 – DOK 2016/1066571 – VWG BsGa, BStBl. I 2017, 182, Tz. 2.17.2, Rz. 182, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 44...

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