Rz. 2223

[Autor/Stand] Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters. Die VWG 1983 relativieren in Tz. 4.2.2. ihre in Tz. 4.2.1. aufgestellte Forderung, bei der Angemessenheitsprüfung von Sollzinssätzen der Banken auszugehen. In diesem Zusammenhang wird klargestellt, dass die Umstände des Einzelfalls es notwendig machen können, auch andere Zinssätze als die Sollzinssätze heranzuziehen, sofern dies fremdüblich ist. Im Ergebnis läuft dies auf die Ermittlung eines angemessenen Zinssatzes über eine Bandbreitenbetrachtung hinaus. Insofern ist – entsprechend der Theorie des doppelten ordentlichen Geschäftsleiters – zu berücksichtigen, dass neben der darlehensgebenden Konzerngesellschaft auch der ordentliche Geschäftsleiter der darlehensaufnehmenden Konzerngesellschaft Berücksichtigung finden muss.[2] Vor diesem Hintergrund kann sich der konzerninterne Zinssatz keinesfalls nur einseitig am Sollzinssatz orientieren (Anm. 2225). Vielmehr ermittelt er sich innerhalb eines Zinsbandes, d.h. der Bandbreite zwischen Soll- und Haben-Zinssatz. Dies läuft im Ergebnis auf die Ermittlung eines Einigungsbereiches i.S. eines hypothetischen Fremdvergleichs gem. § 1 Abs. 3 Satz 6 hinaus, wonach im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs durch die Simulation eines Preisbildungsprozesses der Mindestpreis des Leistenden (hier: Darlehensgeber) und der Höchstpreis des Leistungsempfängers (hier: Darlehensnehmer) zu ermitteln ist.[3] Dabei ist die Bestimmung eines angemessenen Zinssatzes auf der Ober- bzw. Untergrenze des Einigungsbereiches jedenfalls ohne Begründung nicht zulässig. Dies ergibt sich auch aus Tz. 2.1.9 VWG 1983, wonach ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die schematische Orientierung eines Preises an der Ober- bzw. Untergrenze der Bandbreite nicht hinnehmen würde, sondern im Interesse seines Unternehmens auf eine ausgewogene Preisgestaltung (hier: Bestimmung eines fremdüblichen Zinssatzes) bedacht wäre.[4] Auch nach § 1 Abs. 3 Satz 7 ist hinsichtlich der Aufteilung des Einigungsbereiches zu beachten, dass der Preis dem Einigungsbereich zugrunde zu legen ist, der dem Fremdvergleichsgrundsatz mit der höchsten Wahrscheinlichkeit entspricht. Auch insofern ist gesetzlich keine schematische Festlegung an der Unter- bzw. Obergrenze der Zinsbandbreite vorgesehen.

 

Rz. 2224

[Autor/Stand] Zinsurteile des BFH. Die Zinsbandbetrachtung entspricht auch der Rspr. des BFH. So sind nach Auffassung des BFH die banküblichen Habenzinsen als Untergrenze und die banküblichen Sollzinsen als Obergrenze für angemessene Zinsen zu beachten. Nach Auffassung des BFH haben sich dabei "im Zweifel" Darlehensgläubiger und Darlehensschuldner die Spanne zwischen banküblichen Haben- und Schuldzinsen zu teilen (Anm. 2223).[6] Diese Rspr. ist nicht überzeugend, denn eine solche hälftige Teilung des Zinssatzes ist zwischen unabhängigen Dritten nicht üblich.[7] Vielmehr ist alleine darauf abzustellen, zu welchen Konditionen das verbundene Unternehmen anderweitig ein Darlehen hätte aufnehmen können oder müssen.[8] Damit kann als angemessener Zinssatz nur derjenige zur Anwendung kommen, welcher am Markt zum Ansatz kommen würde. Allerdings ist der Ansatz eines Mittelwertes des Einigungsbereichs in § 1 Abs. 3 Satz 7 gesetzlich vorgesehen, soweit kein Wert innerhalb des Einigungsbereichs mit einer höchsten Wahrscheinlichkeit bestimmt werden kann (Anm. 2223).[9] Sieht man daher das Zinsband zwischen Habenzinsen als Untergrenze und den banküblichen Sollzinsen als Obergrenze als Einigungsbereich i.S. eines hypothetischen Fremdvergleichs an, so ist nach den Vorgaben des § 1 Abs. 3 der Mittelwert zwingend zum Ansatz zu bringen, soweit kein anderer Wert des Einigungsbereichs mit höchster Wahrscheinlichkeit ermittelt werden kann. Damit ist die Mittelwertlösung nicht schematisch anzuwenden. Denn bei der hälftigen Teilung des Einigungsbereiches handelt es sich nach § 1 Abs. 3 Satz 7 um eine widerlegbare Vermutung. Die Widerlegbarkeit ist insofern sachgerecht, als die Festlegung auf den Mittelwert international nicht zwingend und auch nicht üblich ist.[10] Im Ergebnis sollte sich daher auch aus § 1 Abs. 3 Satz 7 nichts anderes ergeben. Denn weil die hälftige Teilung des Zinssatzes unter unabhängigen Dritten nur in seltenen Ausnahmefällen zum Ansatz kommt, kann mit höchster Wahrscheinlichkeit eine solche Mittelwertlösung widerlegt werden. Im Übrigen ist zu berücksichtigen, dass auch der BFH eine "Zinsteilung" nur "im Zweifel" vorsieht, wenn also keine Anhaltspunkte vorliegen, den angemessenen Zinssatz eher an der Unter- oder an der Obergrenze des Zinsbandes festzulegen.

 

Rz. 2225

[Autor/Stand] Relevanz des Sollzinssatzes. Der Sollzins der Banken stellt die Obergrenze des Zinsbandes dar.[12] Er kommt nach Auffassung des BFH dann zwingend zum Ansatz, wenn sich das verbundene Unternehmen im Rahmen der Darlehensgewährung selbst (d.h. zum Sollzinssatz) refinanzieren muss. Verfügt das verbundene Unternehmen demgegenüber über eigene Liquidität, die ohne Kreditaufn...

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