Rz. 76

[Autor/Stand] Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2. Nach hier vertretener Auffassung gehört die fiktive Steuerpflicht nach den §§ 7, 8 und 14 auch zu den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Satz 2 (vgl. Anm. 188). Die Finanzverwaltung sieht das ebenso.[2] Folgt man dem, dann muss der Stpfl. auch den Gegenbeweis nach § 8 Abs. 2 für die Beteiligung an einer EU-/EWR-Gesellschaft führen können. Wegen der weiteren Einzelheiten vgl. die Ausführungen zu § 5 Abs. 1 Satz 1 (vgl. Anm. 74 f.).

 

Rz. 77

[Autor/Stand] Gegenbeweis nach allgemeinen Regeln. Verneint man eine Anwendung von § 8 Abs. 2 oder hält man die Voraussetzungen dieser Vorschrift für zu eng, dann ergibt sich der Gegenbeweis unmittelbar aus den EU-/EWR-Grundfreiheiten. Die Rspr. des EuGH in der Rechtssache „van Hilten-van der Heijden”[4] steht dem nicht entgegen. Zwar hat der EuGH dort zur erweitert unbeschränkten Erbschaftsteuerpflicht nach niederländischem Recht entschieden, dass diese zu keiner Beschränkung der Kapitalverkehrsfreiheit führt. Begründet wird dies damit, dass im Falle des Erwerbes von Todes wegen durch (bzw. von) Gebietsfremde(n) erst der Erwerb als solcher einen grenzüberschreitenden Kapitalverkehrsvorgang vom Inland in das Ausland (bzw. umgekehrt) darstellt, der einer Besteuerung durch die Erbschaftsteuer unterliegt. Allerdings geht es vorliegend darum, dass die Vermögenswerte einer ausländischen Gesellschaft den Gesellschaftern für erbschaftsteuerliche Zwecke zugerechnet werden, was bei einer Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft nicht der Fall wäre. Hier wird die Beteiligung an einer ausländischen Gesellschaft gegenüber der Beteiligung an einer inländischen Gesellschaft diskriminiert. In der Folge wird entweder die Niederlassungs- oder Kapitalverkehrsfreiheit durch eine Investition in eine ausländische Gesellschaft beschränkt. Hierzu gelten ebenfalls die vom EuGH in der Rechtssache "Cadbury Schweppes" entwickelten Grundsätze, dh. die Beschränkung ist nur dann gerechtfertigt, wenn es sich bei der Beteiligung um eine rein künstliche Konstruktion handelt, die bar jeder wirtschaftlichen Realität ist.[5] Dies nicht nur deshalb, weil die fiktive Steuerpflicht nach den §§ 7, 8 und 14 zu den Voraussetzungen von § 5 Abs. 1 Satz 2 gehört und damit so getan wird, als sei eine unbeschränkt steuerpflichtige Person an der ausländischen Gesellschaft beteiligt. Zudem verlangt § 5 Abs. 1 Satz 2 selbst noch eine fiktive unbeschränkte Steuerpflicht. An diesen Fiktionen muss sich der Gesetzgeber nach der Rspr. des BFH auch für die Anwendung der EU-/EWR-Grundfreiheiten festhalten lassen.[6] Damit kommt es auch im Rahmen von § 5 Satz 1 Satz 2 nicht auf die tatsächliche Ansässigkeit der Person i.S. des § 2 an; diese könnte sogar in einem Drittstaat ansässig sein.

[Autor/Stand] Autor: Schönfeld, Stand: 01.10.2011
[2] Vgl. Tz. 5.1.2 AEAStG: "Vermögen oder Vermögensteile, deren Erträge dem Steuerpflichtigen nach § 5 zuzurechnen sind."
[Autor/Stand] Autor: Schönfeld, Stand: 01.10.2011
[4] EuGH v. 23.2.2006 – C-513/03 – van Hilten-van der Heijden, Slg. 2006, I-1957, Rz. 43 ff.
[5] EuGH v. 12.9.2006 – C-196/04 – Cadbury Schweppes, Slg. 2006, I-7995.
[6] BFH v. 21.10.2009 – I R 114/08, BStBl. II 2010, 774; vgl. auch die Nachweise auf S. 113, Fußn. 2.

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