Rz. 2331

[Autor/Stand] Definition des Factoring. Unter Factoring wird der Kauf von Forderungen aus Waren und Dienstleistungsgeschäften vor deren Fälligkeit verstanden. Übernimmt der Käufer (d.h. die konzerninterne Factoring-Gesellschaft) die Haftung für das Ausfallrisiko (Delkrederehaftung), so liegt ein sog. echtes Factoring vor. Beim unechten Factoring bleibt das Ausfallrisiko beim Verkäufer der Forderung.

 

Rz. 2332

[Autor/Stand] Ausübung einer Finanzdienstleistung. Beim echten und unechten Factoring handelt es sich um eine Finanzdienstleistung, bei der der Factor für den Verkäufer der Forderung (Factoringgeber) auf Basis eines gemischten Vertrages eine Finanzierungsfunktion (Ankauf und Kreditierung der Forderung), eine Dienstleistungsfunktion (Verwaltung des Forderungsbestandes) und ggf. die Delkrederefunktion (Kreditversicherung) übernimmt. Sowohl beim echten als auch beim unechten Factoring steht die Finanzierungsfunktion im Vordergrund. Diese kommt darin zum Ausdruck, dass der Factor dem Factoringgeber durch die Finanzierung der vor Fälligkeit angekauften Forderungen sofortige Liquidität verschafft. Der Factoringgeber braucht nicht auf den Eingang seiner Außenstände mit ihren oft monatelangen Zahlungszielen bis zum Fälligkeitszeitpunkt zu warten, sondern genießt eine bevorzugte Befriedigung und einen eigenständigen umsatzkongruenten Bargeldzufluss mit seiner Leistungserbringung. Im Ergebnis handelt es sich damit beim Factoring um eine Vorfinanzierung von Forderungen aus Lieferungen und Leistungen. Dem Factoringgeber bleibt so die Aufnahme von Krediten zur Überwindung von Liquiditätsengpässen erspart, weshalb das Factoring auch in einer Substitutionsbeziehung zum Bankenkreditmarkt steht. Das gilt gleichermaßen für das unechte wie auch das echte Factoring, denn auch beim echten Factoring werden die – angekauften – Forderungen des Factoringgebers bevorschusst. Dies zeigt, dass das wirtschaftliche Schwergewicht beim Factoring auf einer Finanzierungsfunktion beruht.[3]

 

Rz. 2333

[Autor/Stand] Bestimmung einer angemessenen Factoringgebühr. Die angemessene Factoringgebühr orientiert sich an dem Umfang der von der Factoring-Gesellschaft (z.B. Finanzierungsgesellschaft) wahrgenommenen Funktionen und Risiken, wobei zwischen

  der Finanzierungsfunktion in Form der vorzeitigen Bereitstellung von Liquidität,
  der Dienstleistungsfunktion in Form der Verwaltung, Überwachung und dem Inkasso der Forderungen sowie
  der Delkrederefunktion in Form der Übernahme des Ausfallrisikos unterschieden wird.
 

Rz. 2334

[Autor/Stand] Pauschal- versus Einzelgebühr. Die angemessene Factoringgebühr wird i.d.R. als Pauschalgebühr für die einheitliche Finanzdienstleistung "Factoring" erhoben. Die Gebühr setzt sich dabei aus den Vergütungen für die einzelnen vorstehend dargestellten Funktionen zusammen.[6] Daneben kann die angemessene Factoringgebühr auch direkt bzw. einzeln den verschiedenen Funktionen zugeordnet werden, so dass die Summe dieser Einzelgebühren im Ergebnis wieder der Pauschalgebühr entspricht bzw. entsprechen sollte.

 

Rz. 2335

[Autor/Stand] Zinskomponente. Für die Zinsberechnung im Rahmen der Finanzierungsfunktion werden beim konzerninternen Factoring i.d.R. die Refinanzierungskosten zuzüglich eines Zinsaufschlages von 0,25–0,5 %-Punkten auf die Refinanzierungskosten erhoben.[8]

 

Rz. 2336

[Autor/Stand] Dienstleistungskomponente. Das Entgelt für die Dienstleistungsfunktion wird i.d.R. – soweit die Preisvergleichsmethode nicht anwendbar ist – anhand der Kostenaufschlagsmethode (hierzu Anm. 721 ff.) bestimmt. Im Rahmen der Kostenaufschlagsmethode ermittelt sich die Gebühr für die Dienstleistungskomponente des Factoring auf Basis der durch die entsprechenden Dienstleistungen ausgeübten Vollkosten zuzüglich eines angemessenen Gewinnaufschlags. Der Gewinnaufschlag beträgt in der Praxis i.d.R. zwischen 5 % und 10 %.

 

Rz. 2337

[Autor/Stand] Delkrederekomponente. Die Gebühr für die Delkrederefunktion sollte sich am tatsächlichen Forderungsausfallrisiko orientieren. In diesem Zusammenhang lassen sich keine allgemeingültigen Grundsätze formulieren; vielmehr ist der Einzelfall zu analysieren, wobei die Branchenzugehörigkeit und die Frage, ob die Forderungen gegenüber Privat- oder Geschäftskunden bestehen, eine wesentliche Rolle spielen. Sind in den Forderungen, welche im Rahmen des Factoring verkauft werden, auch konzerninterne Forderungen aus Lieferungen und Leistungen enthalten, kann für die Delkrederefunktion – wenn überhaupt – nur ein sehr geringes Entgelt angesetzt werden.[11] Denn das Zahlungsausfallrisiko im Konzern ist i.d.R. – nicht zuletzt wegen des Rückhalts im Konzern (Anm. 2280 ff.) – sehr gering.

[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[3] Vgl. dazu auch BGH v. 23.1.1980 – VIII ZR 91/79, BGHZ 76, 126.
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[6] Vgl. Schnorberger, RIW 1993, 911.
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.11.2016
[8] So auch Gun...

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