Rz. 1727

[Autor/Stand] Abgrenzungsproblematik. Eine Abgrenzung des Dienstleistungsbereichs vom Bereich der Güter- und Warenlieferungen (Maschinen, Anlagen, Halb- und Fertigerzeugnisse, Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe), der Nutzungsüberlassungen materieller Wirtschaftsgüter (Miete, Pacht, Leasing) und des Kapitalverkehrs (Darlehen und sonstige schuldrechtliche Finanzierungsleistungen) ist aufgrund der unterschiedlichen Charakteristika dieser Leistungsbereiche relativ problemlos. Weitaus problematischer hingegen ist eine Abgrenzung zum Bereich der immateriellen Wirtschaftsgüter, der den gesamten Technologiesektor, die Gruppe der gewerblichen Schutzrechte (Patente, Gebrauchs- und Geschmacksmuster, Marken- und Urheberrechte) und die sog. "Know-how"-Nutzungen umfasst.

 

Rz. 1728

[Autor/Stand] Abgrenzung zur Know-how-Überlassung. Insb. die inhaltliche bzw. begriffliche Trennung der Know-how-Verträge von den Dienstleistungsverträgen ist insofern problematisch, als die meisten Know-how-Verträge zugleich Dienstleistungselemente aufweisen. So beinhalten die meisten Know-how-Verträge die Erbringung von Dienstleistungen in Form von Beratungsleistungen.[3] Insofern kann es sehr schwierig sein festzustellen, wo die Grenze zwischen der Übertragung oder Lizenzierung immaterieller Vermögenswerte und der Erbringung von Dienstleistungen verläuft.[4] In der Praxis werden Know-how-Verträge zur Überlassung oder Nutzung gesetzlich nicht geschützten Spezialwissens über gewerblich-technische Erfahrungen abgeschlossen, wie zB Produktionsverfahren, Konstruktionen und nicht patentierte Erfindungen. Dieses Spezialwissen wird im Allgemeinen im Wege praktischer Erprobung gewonnen und durch praktische Beratung, technische Hilfe und Mitarbeiter-Schulung einem anderen zur Verfügung gestellt. Tz. 6.99 OECD-Leitlinien betont, dass diese Dienstleistungskomponenten ggf. getrennt berechnet werden müssen, und zwar entsprechend den für die Dienstleistungsverrechnung vorgesehenen Verfahren und Methoden.[5] Insofern müssen Kriterien für eine Abgrenzung dieser beiden Entgeltkategorien entwickelt werden. Ist bei solchen "gemischten Verträgen" der Stellenwert der praktischen Beratung und Schulung im Rahmen der Übertragung des Know-how an den Abnehmer höher als der des weiterzugebenden Spezialwissens, bzw. ist die Beratungs- und Schulungsleistung für den Leistungsempfänger von größerer Bedeutung als das Know-how selbst, so handelt es sich um die Erbringung einer Dienstleistung und nicht um eine Know-how-Übertragung. Dient die Beratung hingegen lediglich der Erläuterung der Unterlagen und Aufzeichnungen, die die zu übermittelnden Kenntnisse und Erfahrungen betreffen, so wird man diesen Vorgang nicht als eine eigenständige Dienstleistung qualifizieren können. Letztlich ist also die Abgrenzung nach dem Schwerpunkt des Vertragsinhalts bzw. der Wissensvermittlung vorzunehmen bzw. auf den Grad des Interesses des Abnehmers an den einzelnen Leistungskomponenten abzustellen.

Die OECD stellt ferner in Tz. 6.10 OECD-Leitlinien zur Berücksichtigung von Intangibles bei der Festlegung von Verrechnungspreisen heraus, dass nicht jedwedes immaterielles Wirtschaftsgut eine gesonderte Vergütung erfordert. Beispielhaft wird auf die Erbringung von Dienstleistungen eingegangen, die unter Einsatz von nicht eindeutigem Know-how erfolgt, wenn vergleichbare Dienstleistungsunternehmen vergleichbares Know-how für die Dienstleistungserstellung bzw. -erbringung einsetzen. In diesem Fall ist es Sache der Vergleichbarkeitsanalyse für Zwecke der Bemessung einer fremdvergleichskonformen Dienstleistungsgebühr, den Einsatz vergleichbarer immaterieller Wirtschaftsgüter im Vergleichstatbestand zu berücksichtigen. Eine gesonderte Lizenzgebühr für die Know-how-Überlassung kommt insofern nicht in Betracht.[6]

 

Rz. 1729

[Autor/Stand] Unterschiedliche abkommensrechtliche Behandlung. Die Erbringung von Dienstleistungen ist gegenüber der Überlassung von Know-how auch deshalb abzugrenzen, weil abkommensrechtlich unterschiedliche Besteuerungsfolgen insb. bezogen auf das Quellenbesteuerungsrecht des Sitzstaates des Dienstleistungsempfängers bzw. Lizenznehmers zum Tragen kommen.[8] So fassen einige DBA mit Entwicklungsländern Vergütungen für bestimmte Dienstleistungen unter den Lizenzgebührenartikel[9], wobei vornehmlich technische Dienstleistungen betroffen sind.[10] Während in diesen Fällen der Begriff "technisch" regelmäßig definiert wird, bleibt der Dienstleistungsbegriff ausnahmslos ohne eigenständige abkommensrechtliche Begriffsdefinition. Insofern ist über den jeweiligen Anwendestaatsvorbehalt der Art. 3 Abs. 2 OECD-MA entsprechenden Bestimmung auf das Begriffsverständnis des innerstaatlichen Rechts des jeweiligen Anwendestaates zurückzugreifen, wobei es aus deutscher Sicht vor allem darauf ankommt, dass die Tätigkeit als solche geschuldet ist.[11] Die DBA, die Vergütungen für technische Dienstleistungen und die Know-how-Überlassung gleichermaßen unter den Lizenzgebührenartikel einordnen, sehen regelmä...

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