Rz. 2824

[Autor/Stand] Steuerbilanzielle Abbildung des Gesamtunternehmens. Kaufleute unterliegen in Deutschland gem. §§ 238 ff. HGB der handelsrechtlichen Buchführungspflicht und haben ihren Gewinn nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung zu ermitteln. Die handelsrechtliche Buchführungspflicht umfasst dabei sämtliche Unternehmensteile, d.h. auch ausländische Betriebsstätten.[2] Gem. § 140 AO sind nach "anderen Gesetzen als den Steuergesetzen" geführte Bücher und Aufzeichnungen auch für Besteuerungszwecke heranzuziehen. Daneben bestehen gem. § 141 AO originär steuerliche Buchführungspflichten auch dann, wenn keine außersteuerliche Buchführungspflicht vorliegt, aber gewisse Umsatz-, Wert- oder Gewinngrenzen überschritten sind. Die steuerliche Gewinnermittlung baut nach dem Maßgeblichkeitsgrundsatz zunächst auf der handelsrechtlichen Buchführung auf. In einem zweiten Schritt sind gem. § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV eigenständige steuerliche Bilanzierungsregeln durch Anpassungen zu berücksichtigen. Alternativ kann gem. § 60 Abs. 2 Satz 2 EStDV auch eine gesonderte Steuerbilanz erstellt werden, in der über die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften hinaus auch die steuerlichen Sondervorschriften Eingang finden. Etwaige nach ausländischem Recht für die Betriebsstätte geführten Bücher sind unter Anpassung an die deutsch-steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften in die inländische Buchführung zu übernehmen (Rz. 2825, 2830).

Unbeschränkt steuerpflichtige Personen haben für deutsche Besteuerungszwecke ihr Welteinkommen zu ermitteln. Dazu ist – sofern Einkünfte i.S.d. §§ 4 Abs. 1 EStG aus einem inländischen Unternehmen betroffen sind und keine Sondervorschriften zur Gewinnermittlung wie § 4 Abs. 3 EStG o.Ä. Anwendung finden – eine Steuerbilanz bzw. eine Handelsbilanz mit Überleitungsrechnung für das gesamte Unternehmen einschließlich der (ausländischen) Betriebsstätten aufzustellen. Eine Sonderbehandlung ausländischer Einkünfte wie die Freistellung nach einem DBA ist erst in einem zweiten Schritt zu berücksichtigen.

 

Rz. 2825

[Autor/Stand] Steuerbilanzielle Abbildung der Betriebsstätte. Im Hinblick auf die steuerbilanzielle Abbildung der der Betriebsstätte zuzuordnenden Geschäftstätigkeit stellt sich die Frage, inwieweit für ausländische Betriebsstätten eine eigene "Steuerbilanz" aufgestellt werden muss. Im Fall eines inländischen Unternehmens sind die ausländischen Betriebsstätten zunächst Teil der Steuerbilanz des Gesamtunternehmens (Rz. 2824). Soweit nach dem Recht des Betriebsstättenstaats die Verpflichtung besteht, Bücher und Aufzeichnungen zu führen und dieser Verpflichtung gefolgt wird, sind gem. § 146 Abs. 2 Satz 3 AO die Ergebnisse der dortigen Buchführung in die Buchführung des Gesamtunternehmens zu übernehmen (Rz. 2830), wobei die erforderlichen Anpassungen an die deutsch-steuerlichen Gewinnermittlungsvorschriften vorzunehmen sind.[4] Dies impliziert faktisch die Erstellung einer eigenen "Steuerbilanz" für die ausländische Betriebsstätte.

Sofern die Bedingungen einer Übernahme der (angepassten) ausländischen Betriebsstättenbuchhaltung nach § 146 Abs. 2 Satz 3 AO nicht gegeben sind, waren die der Betriebsstätte zuzuordnenden Geschäftsvorfälle bisher nach Tz. 1.1.4.2 Betriebsstätten-VWG im Inland einzeln zu erfassen und kenntlich zu machen[5]; der Betriebsstättengewinn war ggf. nach § 162 AO zu schätzen.[6] In diesem Fall ergab sich mithin keine eigene "Steuerbilanz" der Betriebsstätte. Ob dies auch nach Einfügung des § 1 Abs. 5 i.d.F. v. 26.6.2013 noch gilt, muss indes insbesondere vor dem Hintergrund der nach § 3 BsGaV zu erstellenden Hilfs- und Nebenrechnung (Rz. 2828, 2981 ff.) bezweifelt werden. Nach der hier vertretenen Rechtsauffassung sind die Rechtsfolgen des AOA darüber hinaus bereits in der allgemeinen steuerlichen Gewinnermittlung zu ziehen (Rz. 2826), was zur Gewinnabgrenzung im Ergebnis ebenfalls die Erstellung einer "Steuerbilanz" erfordert.

Für inländische Betriebsstätten ausländischer Unternehmen stellen sich die Bilanzierungspflichten wie folgt dar: Soweit eine Betriebsstätte eine im Handelsregister eingetragene oder eintragungspflichtige Zweigniederlassung i.S.d. §§ 1313h HGB darstellt, gelten die handelsrechtlichen Bilanzierungsvorschriften auch für diese Betriebsstätte,[7] womit über § 140 AO auch eine steuerliche Buchführungspflicht besteht. Stellt eine inländische Betriebsstätte eines beschränkt Stpfl. dagegen keine Zweigniederlassung dar, kann sich die Buchführungspflicht aus § 141 AO ergeben.[8] Dies setzt das Überschreiten der jeweiligen Wertgrenzen (s.o.) und eine Aufforderung durch das Finanzamt vor Beginn des Geschäftsjahrs voraus.[9] Die Buchführungspflicht nach § 141 AO umfasst im Fall inländischer Betriebsstätten beschränkt Stpfl. ausschließlich die inländischen Einkünfte.[10] Eine Gewinnermittlung nach deutschem Steuerrecht für das Gesamtunternehmen, d.h. einschließlich des ausländischen Unternehmensteils, ist folglich nicht erforderlich.

 

Rz. 2826

[Autor/Stand] Steuerbilanz...

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