Rz. 326

[Autor/Stand] Fehlende gesetzliche Regelung zur Einkommensermittlung. Für die Zeit vor dem VZ 2009 fehlte es an einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung, wie das Einkommen der Familienstiftung zu ermitteln war. Diskutiert wurde, ob aus dem Einkommensbegriff des § 15 Abs. 1 a.F. auf die Anwendung der Einkommensermittlungsvorschriften des EStG und des KStG rückgeschlossen werden könne. Dies wurde insbesondere von der Rechtsprechung bejaht.[2] Dabei sollte das Einkommen der Stiftung ermittelt werden, wie es zu ermitteln wäre, wenn sie der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen würde.[3] Der BFH begründete dies mit der Überlegung, dass das Einkommen der Familienstiftung dem unbeschränkt steuerpflichtigen Stifter oder Bezugsberechtigten zuzurechnen sei. Dort solle es nach den Grundsätzen der unbeschränkten Steuerpflicht besteuert werden. Damit setze es sich aus den Einkünften der Familienstiftung i.S.d. § 2 Abs. 1 EStG und den in § 2 Abs. 3 und 4 EStG genannten Abzugsbeträgen zusammen. Die Gegenmeinung[4] ging davon aus, dass die Einkünfte der Stiftung nach den Verhältnissen beim Zurechnungsempfänger zu qualifizieren seien.[5] Auch in der Finanzverwaltung war eine Tendenz erkennbar, bei der Einkommensermittlung auf die für den Zurechnungsempfänger geltenden Vorschiften abzustellen. Danach sollte etwa § 10 Nr. 2 KStG keine Anwendung finden. Veräußerungsgewinne sollten nur dann steuerpflichtig sein, wenn sie auch in der Person des Zurechnungsempfängers steuerpflichtig waren.

 

Rz. 327

[Autor/Stand] Zurechnung von negativem Einkommen. Streitig war auch die Möglichkeit der Zurechnung eines negativen Einkommens der Stiftung. Bis zum Inkrafttreten des JStG 2009 war streitig, ob auch ein negatives Einkommen zurechenbar ist.[7] Dieser Streit veranlasste den Gesetzgeber, die Frage im JStG 2009 zu regeln (vgl. näher Rz. 9). Diese Frage war aus der Sicht eines potenziellen Verlustvortrags zu beurteilen. Ein Verlust der Familienstiftung muss sich vortragsmäßig entweder bei der Ermittlung des Einkommens der Familienstiftung in den Folgejahren oder unmittelbar bei dem Zurechnungsempfänger auswirken. Außerdem muss die Möglichkeit bedacht werden, dass negatives Vermögen einer Familienstiftung mit positivem Vermögen des Zurechnungsempfängers auszugleichen ist. Jedenfalls enthielt § 15 bis zum Inkrafttreten des JStG 2009 keine dem § 10 Abs. 3 Satz 5 entsprechende Vorschrift. Dies spricht zwingend dafür, dass die Vorschrift auch die Zurechnung negativen Einkommens bzw. negativen Vermögens vorsah und dass ein Ausgleich beim Zurechnungsempfänger stattfinden sollte. § 15 spricht nur vom Einkommen und vom Vermögen, was begrifflich sowohl negatives Einkommen als auch negatives Vermögen umfasst. § 10 d EStG findet im Rahmen der Einkommensermittlung Anwendung, d.h., Verluste, die die ausländische Familienstiftung erzielt, sind im Wege des Vor- bzw. Rücktrags auf die Zurechnungsbeträge der Folge- bzw. der Vorjahre zu übertragen. Beim einzelnen Zurechnungsempfänger kann dagegen ein negatives Einkommen zu keinem Verlustvor- oder -rücktrag führen, weil die Zurechnung des Einkommens nicht schon bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte ansetzt (vgl. Wortlaut des § 10 d EStG).[8]

 

Beispiel

Die Familienstiftung A erzielt im Jahr 01 einen Verlust von 100 und ein negatives Einkommen von 120. Das negative Einkommen von 120 wird dem Stifter zugerechnet. Es kann dessen positives Einkommen mindern.

Unterstellt man, dass das übrige Einkommen des Stifters im Jahr 01 aufgrund großer Verluste 0 beträgt, so besteht im Jahr 01 keine Ausgleichsmöglichkeit. In diesem Fall kann das Einkommen der ausländischen Familienstiftung für das Jahr 02 unter Einbeziehung des Verlustvortrags von 100 ermittelt werden. Dies folgt aus dem Wortlaut und der Systematik des § 10 d EStG; die Bestimmung stellt sich als Einkommensermittlungsvorschrift dar. Umgekehrt kann der Stifter das im Jahr 01 ihm zugerechnete negative Einkommen nicht zum Zweck eines Verlustvortrags bzw. -rücktrags verwenden. Das negative Einkommen stellt nämlich keinen Verlust i.S.v. § 10 d EStG dar, der bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte nicht ausgeglichen werden konnte. Im Ergebnis ist es denkbar, dass sich Verluste der ausländischen Familienstiftung doppelt auswirken. Dies ist jedoch nur die Folge der überaus ungenauen und wenig sorgfältigen Gesetzesfassung. § 10 Abs. 3 Satz 5 a.F. findet keine Anwendung. Die Anwendung von § 10 d EStG war auf der Ebene der Familienstiftung mangels Rechtsgrundlage ausgeschlossen.

 

Rz. 328

[Autor/Stand] Rückwirkende Gesetzesänderung durch das JStG 2009. § 15 Abs. 7 Satz 2 i.d.F. des JStG 2009 soll nach § 21 Abs. 18 Satz 7 rückwirkend auf alle noch offenen Veranlagungen angewendet werden. Dies ist eine eindeutige Verletzung des GG.[10] Die rückwirkende Anwendung eröffnet allerdings auch für die Zurechnungsempfänger dann günstige Möglichkeiten, wenn ein in der Vergangenheit bereits zugerechnetes negatives Einkommen im Wege des Verlustvortrags nach § 1...

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