Rz. 2719

[Autor/Stand] DEMPE-bezogene Implikationen organisatorischer Veränderungen. In der Praxis sind häufig organisatorische Veränderungen in Bezug auf immaterielle Werte zu beobachten, ohne dass sich das zivilrechtliche Eigentum an diesen immateriellen Werten ändern muss. Dies kann z.B. die Implementierung einer konzerneinheitlichen Leitungsfunktion sein, die die Entwicklung von lokal eingetragenen und gehaltenen Marken steuert, oder die Zusammenlegung von mehreren Patentabteilungen der Gruppe zu einer einheitlichen Abteilung, die die weltweite Entwicklung und den weltweiten Schutz der Konzernpatente bestimmt. Hier stellt sich die Frage, welche konkreten steuerlichen Folgen im Hinblick auf die Gewinnzuordnung nach dem DEMPE-Konzept mit rein organisatorischen Veränderungen verbunden sind und wie die in der Vergangenheit ausgeübten DEMPE-Funktionen (z.B. Entwicklung eines Werts) ab dem Zeitpunkt der Neuordnung in der Gewinnaufteilung zu berücksichtigen sind. Fraglich ist insbesondere, ob es im Zeitpunkt der organisatorischen Veränderung aufgrund eines etwaigen Übergangs von Gewinnpotentialen zu einem einmaligen Realisierungsvorgang im Hinblick auf bestehende stille Reserven – etwa nach einem Funktionsverlagerungsgedanken – kommen kann oder ob vielmehr ein laufender anteiliger Gewinnanspruch der die DEMPE-Funktion bisher ausübenden Konzerngesellschaft fortbesteht.

 

Beispiel:

Die französische A-SA ist Muttergesellschaft des internationalen A-Konzerns und zivilrechtliche Eigentümerin sämtlicher Patente des Konzerns, die sie überwiegend im Rahmen ihrer eigenen Forschungs- und Entwicklungsfunktion entwickelt hat. Die Patente werden den Produktionsgesellschaften des A-Konzerns sowie fremden Dritten im Lizenzwege zur Nutzung überlassen. Die A-SA beschäftigt mehrere Mitarbeiter, die sowohl den Schutz der Patente als auch lizenzierungsbezogene Aufgaben übernehmen.

Im Jahr 1 erwirbt der A-Konzern die deutsche B-GmbH, einen Wettbewerber. Die B-GmbH verfügt ebenfalls über Patente, die sie in ihrer eigenen Forschungs- und Entwicklungsabteilung entwickelt hat und die sie den Produktionsgesellschaften des A-Konzerns auf Lizenzbasis zur Nutzung überlässt. Im Jahr 3 reorganisiert der A-Konzern die Patentverwaltung. Der Schutz sämtlicher Patente der Gruppe einschließlich der Patente der B-GmbH wird nun durch die Mitarbeiter der A-SA übernommen, die künftig auch sämtliche Entscheidungen im Hinblick auf die Lizenzierung innerhalb des Konzerns treffen und zudem erstmals auch Lizenzverträge mit fremden Dritten hinsichtlich der Patente der B-GmbH aushandeln, die zivilrechtlich von der B-GmbH als Patenteigentümer abgeschlossen werden. Das zivilrechtliche Eigentum an den Patenten sowie die nicht-exklusiven Lizenzverträge mit den Gruppengesellschaften bleiben unverändert.

Geht man davon aus, dass die B-GmbH ab einem bestimmten Zeitpunkt keine eigenen DEMPE-Funktionen im Hinblick auf ihre Patente mehr ausübt, sondern diese nun vollständig bei der A-SA liegen, stellt sich die Frage, ob unter DEMPE-Gesichtspunkten eine "Übertragung" der Patente auf die A-SA mit der Folge einer Einmalrealisierung vorzunehmen ist oder ob die B-GmbH auch in künftigen Jahren anteilig an den Erträgen aus den Patenten partizipiert.

 

Rz. 2720

[Autor/Stand] Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums. Das wirtschaftliche Eigentum an einem Wirtschaftsgut ist in den meisten Fällen einem einzigen Rechtsträger zuzuordnen.[3] Insoweit stellt sich die Frage, ob organisatorische Veränderungen im Konzern aufgrund des DEMPE-Konzepts eine Übertragung bzw. ein "Überspringen" des wirtschaftlichen Eigentums an einem immateriellen Wert zur Folge haben können.

Zur Bestimmung des wirtschaftlichen Eigentums ist gem. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO festzustellen, ob eine vom zivilrechtlichen Eigentümer abweichende Person aufgrund einer gesicherten Rechtsposition in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer wirtschaftlich auszuschließen, sodass sie faktisch die mit einer Wertsteigerung bzw. einem Wertverlust verbundenen Chancen und Risiken trägt (Rz. 2690 f.).[4] Das wirtschaftliche Eigentum ist nicht deckungsgleich mit dem "funktionalen" Eigentum i.S.d. DEMPE-Konzepts (Rz. 2705), denn die beiden Zuordnungsmaßstäbe setzen schon auf unterschiedlichen Ebenen an, weil das wirtschaftliche Eigentum in erster Linie den Ausweis in der (steuer-)bilanziellen Abbildung betrifft,[5] während sich die Zuordnung des funktionalen Eigentums nach dem DEMPE-Konzept auf die reine Gewinnebene beschränkt.[6] Insbesondere unterscheidet sich aber das bestimmende Element: Während es für die Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums allein auf die zivilrechtlichen Positionen der beteiligten Personen ankommt, erfolgt die Zuordnung des funktionalen Eigentums insbesondere tätigkeitsbezogen, d.h. es ist zentral auf die jeweils handelnden Personen abzustellen (im Einzelnen Rz. 2613). Das schließt nicht aus, dass wirtschaftliches und funktionales Eigentum bei einer Person zusammenfallen können; in vielen Fällen dürfte dies ...

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