Rz. 70

[Autor/Stand] Zurechnung begründet Konflikt mit Ertragsteuer-DBA. Werden einer Person i.S. des § 2 über § 5 Abs. 1 Satz 1 bestimmte Einkünfte von einer ausländischen Gesellschaft zugerechnet, dann stellt sich die Frage, ob diese Zurechnung zu einem Konflikt mit einem zwischenstaatlichen DBA führen. Vor einer Beantwortung dieser Frage muss man allerdings die Vorfrage beantworten, welches DBA ggf. zur Anwendung gelangen kann. Insgesamt sind vier Konstellationen denkbar: Zunächst könnte das DBA zwischen dem Ansässigkeitsstaat der Person i.S. des 2 und dem ggf. abweichenden Ansässigkeitsstaat der ausländischen Gesellschaft angesprochen sein. Denkbar ist auch, dass das DBA zwischen dem Ansässigkeitsstaat der ausländischen Gesellschaft und dem ggf. abweichenden Quellenstaat angesprochen ist. Möglich ist aber auch, dass das DBA zwischen dem Ansässigkeitsstaat der Person i.S. des § 2 und dem ggf. abweichenden Quellenstaat betroffen ist. Schließlich kann man auch nur an das zwischen dem Ansässigkeitsstaat der Person i.S. des § 2 und Deutschland abgeschlossene DBA denken. Nur Letzteres ist zielführend, weil die Zurechnung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 die Person i.S. des § 2 für steuerliche Zwecke so behandelt, als habe diese die Einkünfte für Zwecke der Besteuerung nach § 2 unmittelbar erzielt. Ist das aber zutreffend, dann kann sich aus einem zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat der Person i.S. des § 2 abgeschlossenen DBA ein Konflikt ergeben. Für den Fall, dass Deutschland der Quellenstaat ist (was die Regel sein wird), kann sich ein solcher Konflikt insbes. aus den im DBA enthaltenen Verteilungsnormen ergeben. Ist Deutschland nicht der Quellenstaat, ergibt sich der Konflikt daraus, dass dem Ansässigkeitsstaat der Person i.S. des § 2 nach einer Art. 21 Abs. 1 OECD-MA nachgebildeten Abkommensvorschrift das ausschließliche Besteuerungsrecht zugewiesen sein kann.[2]

 

Beispiel

A ist eine Person i.S. des § 2 und alleiniger Gesellschafter der niedrig besteuerten A-Ltd. Die A-Ltd. verfügt über eine Marke, die der A anlässlich seines Wegzuges auf die A-Ltd. übertragen hatte. Die Marke wird der inländischen B-GmbH gegen Lizenzgebühr zur Nutzung überlassen. Zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat von A besteht ein dem OECD-MA nachgebildetes DBA. – Nach Art. 12 Abs. 1 OECD-MA steht allein dem Ansässigkeitsstaat von A das Besteuerungsrecht an den Lizenzgebühren zu. Eine Zurechnung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 stünde in einem Konflikt zu Art. 12 Abs. 1 OECD-MA.

 

Rz. 71

[Autor/Stand] Zurechnung begründet Konflikt mit Erbschaftsteuer-DBA. Die Ausführungen zum Konflikt der einkommensteuerlichen Zurechnung nach § 5 Abs. 1 Satz 1 mit Ertragsteuer-DBA gelten entsprechend, wenn es um die erbschaftsteuerliche Zurechnung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 geht. Auch kann es zu einem Konflikt kommen, wenn zwischen dem Ansässigkeitsstaat der Person i.S. des § 2 und Deutschland eines der wenigen Erbschaftsteuer-DBA besteht.[4]

 

Beispiel

A aus dem Beispiel aus Anm. 70 verstirbt mehr als fünf Jahre nach seinem Wegzug. Den Anteil an der A-Ltd. erbt seine mit ihm weggezogene Tochter. Zwischen Deutschland und dem Ansässigkeitsstaat von A besteht ein dem ErbSt-MA nachgebildetes DBA. – Nach Art. 7 ErbSt-MA steht allein dem Ansässigkeitsstaat von A das Besteuerungsrecht an der Marke zu. Eine Zurechnung nach § 5 Abs. 1 Satz 2 stünde damit in einem Konflikt zu Art. 7 ErbSt-MA.

 

Rz. 72

[Autor/Stand] Beschränkung des deutschen Besteuerungsrechts ist grds. zu beachten. Im Rahmen von §§ 2 und 4 ist anerkannt, dass eine Zuweisung des Besteuerungsrechts zum Ansässigkeitsstaat der Person i.S. des § 2 bzw. ein der Höhe nach beschränktes deutsches Besteuerungsrecht durch ein DBA anzuerkennen ist (vgl. § 2 Anm. 31 ff.; § 4 Anm. 16 ff.). Dies wird von der Finanzverwaltung für § 2 ausdrücklich bestätigt.[6] Nichts anderes kann dann im Rahmen des § 5 Abs. 1 gelten, der die Besteuerung nach §§ 2 und 4 lediglich ergänzt.[7] Im Übrigen wäre ein von § 5 ausgehender sog. "Treaty Override" nur zulässig, wenn der gesetzgeberische Wille zur Außerkraftsetzung einer DBA-Regelung im nachfolgenden Gesetz ausdrücklich zum Ausdruck kommt.[8] § 20 Abs. 1 ordnet den "Treaty Override" allerdings nur für die §§ 718 an, so dass § 5 daran nicht teilnimmt.[9] Insoweit liegen die Dinge etwas anders als im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung. Darüber hinaus werden zunehmend verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Politik des flächendeckenden "Treaty Override" erhoben (vgl. § 20 Anm. 42 ff.).[10]

 

Rz. 73

[Autor/Stand] Gilt nicht bei DBA-Öffnungsklauseln. Zu beachten ist allerdings, dass einige deutsche DBA entsprechende Öffnungsklauseln enthalten (zB DBA-Schweiz), die eine Besteuerung nach § 2 (iVm. § 5 Abs. 1) ermöglichen. Insoweit scheidet eine Berufung auf das DBA aus.[12]

[Autor/Stand] Autor: Schönfeld, Stand: 01.10.2011
[2] Vgl. Elicker in Blümich, § 5 AStG Rz. 4; Schulz in Lademann, § 5 AStG Rz. 49 ff.; Steierberg in Mössner/Fuhrmann, § 5 AStG Rz. 12 f.; Weggenmann in Haase, § 5 AStG R...

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