Rz. 1617

[Autor/Stand] Absatzrisiko. Kennzeichnend für einen Lohnfertiger ist, dass er keine wesentlichen unternehmerischen Risiken trägt (vgl. zu den Grundformen betrieblicher Risiken Anm. 607). Dies wird sowohl von der Finanzverwaltung[2] als auch vom FG Münster in seinem Urteil v. 16.3.2006[3] herausgestellt. Insb. das Preis- und Absatzrisiko nimmt bei einem Lohnfertiger regelmäßig einen nur geringen Umfang ein.[4] Ob hierbei jedoch die Abnahme aller Produkte garantiert werden muss oder ob die faktische Abnahme des überwiegenden Teils der Produktion ausreicht, ist umstritten. So wird in der Literatur die Auffassung vertreten, dass allein der Umstand der ausschließlichen Produktabnahme durch den Auftraggeber noch nicht die Annahme eines Lohnfertigungsverhältnisses rechtfertige.[5] U.E. sollte die Begrenzung einer Abnahmeverpflichtung für die Annahme eines Lohnfertigungsverhältnisses unproblematisch sein, wenn die vertraglich oder faktisch garantierte Abnahmemenge ausreicht, die Kosten des Lohnfertigers (Fixkosten sowie variable Kosten) zu decken. Denn unter diesen Umständen sind die mit der Herstellung verbundenen Risiken des Lohnfertigers begrenzt und mit einer vollständigen Abnahmeverpflichtung vergleichbar.[6] Infolgedessen werden die Preise bei einer weitreichenden Abnahmeverpflichtung geringer sein, als bei einer eingeschränkten oder nur faktischen Abnahmeverpflichtung.[7] Bezieht sich hingegen die Abnahmeverpflichtung nur auf einen Teil der Produktion des Lohnfertigers und werden (umfangreiche) Lieferungen an Dritte oder an den Auftraggeber ohne Abnahmeverpflichtung erbracht, dann spricht dies für ein eigenes Preis- bzw. Absatzrisiko des Lohnfertigers.

 

Rz. 1618

[Autor/Stand] Beschaffungsrisiko. Idealtypisch trägt der Lohnfertiger kein Beschaffungsrisiko. Denn die zur Herstellung seiner Produkte notwendigen Vorprodukte und/oder Rohstoffe werden üblicherweise von seinem Auftraggeber (kostenlos) beigestellt. Ein gewisses Beschaffungsrisiko kann sich allerdings ergeben, wenn der Lohnfertiger die Vorprodukte und/oder Rohstoffe (ggf. auch teilweise) selbst beschafft. Ein solches Beschaffungsrisiko spricht grundsätzlich nicht gegen die Einordnung eines Produktionsunternehmens als Lohnfertiger. Sollte dieses Beschaffungsrisiko jedoch erheblich sein, wird keine typische Lohnfertigung mehr angenommen werden können.

 

Rz. 1619

[Autor/Stand] Lagerrisiko. Da dem Lohnfertiger die Vorprodukte bzw. Rohstoffe üblicherweise vom Auftraggeber beigestellt werden bzw. er im Rahmen einer "Just-in-Time-Konzeption" produziert, ergibt sich für ihn generell kein bzw. ein nur sehr geringes Lagerrisiko. Ein solches besteht nur dann in einem größeren Maße, wenn der Lohnfertiger ausnahmsweise für die Vorprodukt- und/oder Rohstoffbeschaffung selbst verantwortlich ist. Sollte dies der Fall sein, spricht dies für einen funktionsstarken Lohnfertiger bzw. bei erheblichen Lagerrisiken für die Einordnung des Produktionsunternehmens als Eigenproduzent.

 

Rz. 1620

[Autor/Stand] Produkthaftungsrisiko. Gewährleistungs- bzw. Produkthaftungsrisiken treffen den Lohnfertiger nur insoweit, als der entsprechende Schaden durch ihn verursacht wird. Dies betrifft zB das Risiko, dass die vom Lohnfertiger hergestellten Produkte den vereinbarten Qualitätsstandard nicht erreichen. Diese Risiken können durchaus von Bedeutung sein, wenn zB ganze Produktionsserien Qualitätsmängel aufweisen und damit unbrauchbar sind. Aus den Qualitätsmängeln entstehende Kosten sind grundsätzlich vom Lohnfertiger zu tragen.

[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.03.2016
[2] BMF v. 12.4.2005 – IV B 4 - S 1341 - 1/05 – VWG-Verfahren, BStBl. I 2005, 570 – Tz. 3.4.10.2 Buchst. a, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 129 ff.
[3] Vgl. FG Münster v. 16.3.2006 – 8 K 2348/02 E, EFG 2006, 1562 (rkr.); Baumhoff/Greinert, IStR 2006, 789.
[4] Vgl. BMF v. 23.2.1983 – IV C 5 - S 1341 - 4/83 – VWG, BStBl. I 1983, 218 – Tz. 3.1.3 Bsp. 3, vgl. Anhang 2 Verwaltungsanweisungen S. V 5 ff.; Dahnke in Schaumburg, Internationale Verrechnungspreise zwischen Kapitalgesellschaften, S. 150; Baumhoff/Sieker, IStR 1995, 517; Ditz in Schönfeld/Ditz, Art. 9 OECD-MA Rz. 87.
[5] Vgl. Rödder, StbJb. 1997/98, S. 121; Kuckhoff/Schreiber, Verrechnungspreise in der Betriebsprüfung, Rz. 214.
[6] So auch Engler/Wellmann in V/B/E, Verrechungspreise4, Rz. N 454.
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.03.2016
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.03.2016
[Autor/Stand] Autor: Ditz, Stand: 01.03.2016

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