a) Bezug zu mehreren Steuerhoheitsgebieten

"... 2. die entweder mehr als einen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder mindestens einen Mitgliedstaat der Europäischen Union und einen oder mehrere Drittstaaten betrifft, wobei mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt ist: ..."

 

Rz. 37

[Autor/Stand] Grenzüberschreitender Bezug. Um als grenzüberschreitende Steuergestaltung zu gelten, muss diese wenigstens zwei unterschiedliche Staaten betreffen. Unerheblich ist insoweit, ob es sich um Drittstaaten oder EU-Mitgliedstaaten handelt. Es ist nicht erforderlich, dass auch ein Inlandsbezug besteht. Mit anderen Worten könnte insoweit auch eine Steuergestaltung, die sich bspw. zwischen zwei Drittstaaten "abspielt", grundsätzlich im Inland mitteilungspflichtig sein.[2] Soweit ersichtlich, kommt § 138d Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 1 AO keine eigenständige Bedeutung zu. Das heißt, der erforderliche grenzüberschreitende Bezug (im weiteren Sinne) ergibt sich allein aus den unter § 138d Abs. 2 Nr. 2 Buchst. ae AO genannten Voraussetzungen. Ist keine dieser Voraussetzungen erfüllt, sind auch nicht wenigstens zwei Staaten i.S.d. § 138d Abs. 2 Nr. 2 Satz 1 Halbs. 1 AO "betroffen".[3]

 

Rz. 38

[Autor/Stand] Weites Verständnis. Die alternativen Tatbestandsvoraussetzungen des § 138d Abs. 2 Nr. 2 AO beinhalten ein sehr weit gefasstes Verständnis dessen, unter welchen Voraussetzungen wenigstens zwei unterschiedliche Staaten von einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung betroffen sind. Dies entspricht auch der ausdrücklichen Auffassung der Finanzverwaltung, wonach der Begriff der Betroffenheit weit auszulegen ist.[5] Dieses weite Verständnis resultiert daraus, dass sich der grenzüberschreitende Bezug u.a. aus der Ansässigkeit, dem Unterhalten einer Betriebstätte oder der Tätigkeit eines an der Steuergestaltung Beteiligten ergeben kann. Da der Begriff des Beteiligten im Gesetz nicht definiert wird und potentiell sehr weitgehend ist (s. Rz. 162), ergibt sich eine entsprechend niedrige Schwelle für das Vorliegen eines grenzüberschreitenden Bezugs bzw. das Betroffensein mehrerer Staaten.[6] Insbesondere setzt die "Betroffenheit" eines Staates aus Finanzverwaltungssicht keine steuerliche Auswirkung voraus.[7]

[Autor/Stand] Autor: Engelen, Stand: 01.08.2022
[2] So auch Brandis in T/K, § 138d AO Rz. 11 (Stand: April 2020).
[Autor/Stand] Autor: Engelen, Stand: 01.08.2022
[6] Siehe auch Grotherr, Ubg 2020, 202 (203).

b) Grenzüberschreitender Bezug der an der Steuergestaltung Beteiligten

aa) Ansässigkeit in unterschiedlichen Steuerhoheitsgebieten

"... a) nicht alle an der Gestaltung Beteiligten sind im selben Steuerhoheitsgebiet ansässig; ..."

 

Rz. 39

[Autor/Stand] Unbeschränkte Steuerpflicht ausschlaggebend. Der grenzüberschreitende Bezug kann sich daraus ergeben, dass die an der Steuergestaltung Beteiligten in unterschiedlichen Steuerhoheitsgebieten ansässig sind.[2] Eine steuerliche Ansässigkeit ergibt sich nach innerstaatlichem Recht insbesondere nach § 1 Abs. 1 Satz 1 EStG für natürliche Personen aus ihrem Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt bzw. für juristische Personen nach § 1 Abs. 1 KStG aus dem Ort ihrer Geschäftsleitung oder ihrem Sitz. Eine Ansässigkeit kann folglich danach beurteilt werden, ob im Inland Anknüpfungspunkte für eine unbeschränkte Steuerpflicht bestehen.[3] Da es nach der Vorschrift darauf ankommt, dass nicht alle an der Gestaltung Beteiligten im selben Steuerhoheitsgebiet ansässig sind, ist in entsprechender Weise auf Regelungen ausländischer Rechtskreise abzustellen. In teleologischer Reduktion sollte der grenzüberschreitende Bezug für die Steuergestaltung erheblich sein müssen. Das heißt, dass es nicht ausreicht, wenn einer der Beteiligten zwar im Ausland ansässig ist, dies aber für die Wirkweise der Steuergestaltung unerheblich ist.[4] M.a.W. ist ein grenzüberschreitender Bezug i.S.d. § 138d Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO dann nicht gegeben, wenn bspw. lediglich eine Gesellschaft als Objekt einer Transaktion im Ausland ansässig ist, die Parteien der Transaktion aber sämtlich im Inland ansässig sind.[5]

 

Beispiel 10

Die A-GmbH (ansässig in Deutschland) verkauft Anteile an der B-GmbH (ansässig im Ausland) an die C-GmbH (ansässig in Deutschland). Im Ausland ergeben sich durch die Übertragung der Anteile an der B-GmbH keine steuerlichen Auswirkungen.

Lösung: Die Ansässigkeit der B-GmbH hat keine materielle Relevanz für die Transaktion. Die B-GmbH ist damit keine weitere an der Gestaltung beteiligte Person. Die an der Gestaltung beteiligten A-GmbH und C-GmbH sind beide in Deutschland ansässig und ein grenzüberschreitender Bezug ist nicht gegeben.

 

Rz. 40

[Autor/Stand] Keine Beurteilung nach Abkommensrecht. Eine steuerliche Ansässigkeit kann zwar grundsätzlich auch a...

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