2. die, wären die Betriebsstätte und das übrige Unternehmen voneinander unabhängige Unternehmen ,

  a) durch schuldrechtliche Vereinbarungen geregelt würden oder
  b) zur Geltendmachung von Rechtspositionen führen würden.
 

Rz. 3324

[Autor/Stand] Definition nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 BsGaV. § 16 Abs. 1 Nr. 2 BsGaV regelt die zweite Kategorie von anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen. Zu deren Identifizierung ist nicht auf die Zuordnung eines Vermögenswerts etc. nach den Vorschriften der BsGaV abzustellen, sondern eine fiktive Übertragung des Verhältnisses zwischen den beteiligten Betriebsstätten auf ein Verhältnis zwischen voneinander unabhängigen rechtlich selbständigen Unternehmen vorzunehmen. Eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 2 BsGaV liegt dann vor, wenn der wirtschaftliche Vorgang üblicherweise Gegenstand einer schuldrechtlichen Vereinbarung wäre (Anm. 3325) oder zur Geltendmachung einer Rechtsposition führen würde (Anm. 3326). Die Finanzverwaltung sieht auch hier eine "doppelte" fiktive Vertragsbeziehung und unterstellt ausweislich von Tz. 2.16.1.1 VWG BsGa grundsätzlich, dass fiktive Dienstleistungen und fiktive Nutzungsüberlassungen zunächst zwischen der die Dienstleistung erbringenden bzw. den Nutzungsgegenstand überlassenden Betriebsstätte und dem "übrigen Unternehmen" und gleichzeitig zwischen dem "übrigen Unternehmen" und der die Dienstleistung in Anspruch nehmenden bzw. den Nutzungsgegenstand nutzenden Betriebsstätte bestehen.[2] Diese Rechtsauffassung ist abzulehnen (Anm. 3323).

 

Rz. 3325

[Autor/Stand] Fiktive Dienstleistung oder fiktive Nutzungsüberlassung. Nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV liegt dann eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung vor, wenn voneinander unabhängige Dritte in einer vergleichbaren Situation eine schuldrechtliche Vereinbarung getroffen hätten. Dies kann etwa eine Tätigkeit betreffen, die durch eine Personalfunktion in einer Betriebsstätte für eine andere Betriebsstätte ausgeübt wird (fiktive Dienstleistung) oder die Überlassung eines Vermögenswerts, der nach der BsGaV einer Betriebsstätte zugeordnet ist, an eine andere Betriebsstätte (fiktive Nutzungsüberlassung).[4] § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV dürfte in der Regel auch die Fälle des § 1 Abs. 1 Nr. 1 BsGaV umfassen, da fremde Dritte auch im Fall einer Zuordnungsänderung eines Vermögenswerts eine schuldrechtliche Vereinbarung (Kaufvertrag) getroffen hätten. Diese doppelte Erfassung von fiktiven Veräußerungen hat jedoch keine praktischen Auswirkungen, weil an Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV die gleiche Rechtsfolge anknüpft wie an Geschäftsbeziehungen i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BsGaV.

Ausgangspunkt der Identifizierung von fiktiven Dienstleistungen und fiktiven Nutzungsüberlassungen sind die der Betriebsstätte jeweils zugeordneten Personalfunktionen (Anm. 3012 ff.). Da eine Geschäftsbeziehung i.S.d. § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV voraussetzt, dass voneinander unabhängige Unternehmen eine schuldrechtliche Vereinbarung abgeschlossen hätten, ist auch hier eine Bagatellgrenze zu beachten, wonach ein gewisses Mindestmaß an ökonomischer Relevanz überschritten werden muss, um eine anzunehmende schuldrechtliche Beziehung zu begründen (Anm. 2750). Dies gilt unabhängig davon, dass nach der Verordnungsbegründung keine Personalfunktion "von vornherein als geringwertig oder unerheblich anzusehen" sein soll (Anm. 2934).[5] Das weitergehende Postulat der Verordnungsbegründung, dass das Ergebnis einer Betriebsstätte "unter Berücksichtigung aller ihr zuzuordnenden Personalfunktionen" zu bestimmen sei,[6] ist jedoch von § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a BsGaV nicht gedeckt, da unabhängige Unternehmen für Bagatellfälle eben keine rechtliche Vereinbarung treffen würden. Im Rahmen der betriebsstättenbezogenen Gewinnermittlung/-abgrenzung schuldrechtliche Beziehungen zu fingieren, die im Fall von unabhängigen Unternehmen ihrer Geringfügigkeit wegen unberücksichtigt bleiben würden, scheidet jedenfalls – auch im Hinblick auf das erklärte Ziel des Gesetz- und des Verordnungsgebers, entsprechende Sachverhalte gleichzustellen[7] – aus. Nach dem OECD-Betriebsstättenbericht ist die Relevanzschwelle dann überschritten, wenn es durch einen wirtschaftlichen Vorgang zu einer ökonomisch signifikanten Übertragung von Risiken, Verantwortlichkeiten und Vorteilen kommt.[8]

In den folgenden Fällen liegen keine anzunehmenden schuldrechtlichen Beziehungen i.S.d. § 16 Abs. 1 Nr. 2 Buchst a BsGaV vor:

  Wirtschaftliche Vorgänge, die im Zusammenhang mit der für das gesamte Unternehmen geltenden Kreditwürdigkeit stehen (keine fiktiven Bürgschaften, fiktive Garantien o.Ä.);[9]
  Nutzung finanzieller Mittel des übrigen Unternehmens durch eine Betriebsstätte (keine fiktiven Darlehen bzw. keine fiktiven Finanzierungsdienstleistungen, § 16 Abs. 3 Satz 1 BsGaV; Anm. 3329; zu Ausnahmen s. § 16 Abs. 3 Satz 2 BsGaV, § 17 BsGaV; Anm. 3330 f., 3351 ff.);
  wirtschaftliche Vorgänge im Zus...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Haufe Steuer Office Excellence. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge