a) Nationale Umsetzung des Fremdvergleichsgrundsatzes

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Verrechnungspreise und Einkünfteverlagerung. Die Gewinnabgrenzung zwischen international verbundenen Unternehmen und die damit korrelierende Problematik der Bestimmung internationaler Verrechnungspreise stehen im Fokus der internationalen Finanzbehörden.[2] Die internationale Gewinnabgrenzung hat sich zu einem "der" Themen in Betriebsprüfungen international agierender Unternehmen entwickelt.[3] Dies nicht zuletzt auch deswegen, weil die internationalen Fisci befürchten, dass durch unangemessene Verrechnungspreise Unternehmensgewinne[4] in Staaten mit geringeren Steuersätzen verlagert werden und infolgedessen die steuerliche Bemessungsgrundlage des inländischen Steuerpflichtigen unangemessen reduziert wird.[5] § 1 soll dies verhindern.[6] Eine unangemessene Reduktion der Bemessungsgrundlage bzw. eine Verlagerung von Gewinnen wird in der Regel dadurch erzielt, dass bestimmte Leistungen zwischen nahestehenden Unternehmen unentgeltlich erbracht werden oder im Rahmen entsprechender konkreter Leistungsbeziehungen die Entgelte unangemessen hoch oder unangemessen niedrig vereinbart werden. Auf dieses Grundproblem der internationalen Einkünfteabgrenzung zwischen nahestehenden Personen wies bereits die Gesetzesbegründung zur Einführung des § 1 im Jahr 1972 hin: "International verflochtene Unternehmungen sind bei der Gestaltung ihrer Geschäftsbeziehungen dem Anreiz ausgesetzt, Gewinne nicht im Inland, sondern im Ausland entstehen zu lassen, wenn dies für sie günstiger ist. So zeigt die Erfahrung, dass innerhalb international verflochtener Unternehmenskreise nicht selten z.B. für Lieferungen ins Ausland ein zu geringes Entgelt und für Lieferungen aus dem Ausland ein zu hohes Entgelt gefordert wird und damit die Gewinne aus der deutschen Besteuerung ins Ausland verlagert werden."[7] Eine andere Form der Gewinnverlagerung ist die, dass Funktionen, die bisher von einem Unternehmen im Inland wahrgenommen wurden, auf ein anderes nahestehendes Unternehmen im Ausland mit der Folge übertragen werden, dass die Gewinne künftig dort anfallen. In gewisser Weise als "Überreaktion" auf die Möglichkeit der Steuerverlagerung identifizieren viele Staaten aus fiskalischer Sicht Verrechnungspreiskorrekturen als eine effiziente und willkommene Quelle von zusätzlichen Steuereinnahmen, Zinsen und Strafzuschlägen, die zunehmend genutzt wird. Die Ermittlung angemessener Verrechnungspreise erweist sich vor diesem Hintergrund als Balanceakt zwischen der unangemessenen Verlagerung von Gewinnen und der Gefahr einer wirtschaftlichen Doppelbesteuerung.

 

Rz. 17.1

[Autor/Stand] Fremdvergleichsgrundsatz als Maßstab zur internationalen Gewinnabgrenzung. Vor diesem Hintergrund hat sich – nicht zuletzt aufgrund des Wirkens der OECD[9] und der Vorgaben des OECD-MA – mit dem Fremdvergleichsgrundsatz ("arm's length principle") ein international anerkannter Maßstab zur Bestimmung und Dokumentation von Verrechnungspreisen herausgebildet. Der Fremdvergleichsgrundsatz dient als Maßstab zur Prüfung der Angemessenheit von Verrechnungspreisen zwischen international verbundenen Unternehmen und zugleich als Abgrenzungsmaßstab zwischen der gesellschaftsrechtlichen Sphäre und der betrieblichen Sphäre eines verbundenen Unternehmens. Nach dem in Art. 9 Abs. 1 OECD-MA definierten Fremdvergleichsgrundsatz[10] sind Verrechnungspreise zwischen international verbundenen Unternehmen so zu bemessen, wie sie zwischen voneinander unabhängigen Unternehmen unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen für eine entsprechende Lieferung oder Leistung vereinbart worden wären. Im Zusammenhang mit der Festlegung angemessener Verrechnungspreise erlangen in der internationalen Besteuerungspraxis die Vorgaben zur sachgerechten Dokumentation zunehmend Bedeutung,[11] um aus der Perspektive der Steuerbehörden auch eine effiziente Prüfung zu ermöglichen und aus der Unternehmenssicht steuerstrafrechtliche Risiken zu minimieren.

 

Rz. 17.2

[Autor/Stand] Eine den Art. 9 Abs. 1 OECD-MA ausfüllende Gewinnkorrekturvorschrift zugunsten der Finanzverwaltung. Nach Rz. 15 ff. der Regierungsbegründung zur Einführung des AStG[13] im Jahr 1972 sollte in das innerstaatliche deutsche Steuerrecht eine den Art. 9 Abs. 1 OECD-MA ausfüllende Gewinnkorrekturvorschrift eingefügt werden. Dadurch sollte der "Dealing-at-arm's-length-Grundsatz" auch innerstaatlich abgesichert werden.[14] Das Ziel, Art. 9 Abs. 1 OECD-MA durch § 1 in innerstaatliches Recht umzusetzen, geht auch aus der Begründung des AbzStEntModG v. 2.6.2021[15] explizit hervor, durch das § 1 grundlegend reformiert wurde (vgl. Rz. 14.2 ff.). Danach enthält § 1 den "international weit verbreitenden Standard zur internationalen Gewinnabgrenzung zwischen Staaten: den Fremdvergleichsgrundsatz".[16] Dieser sei "Rechtsmaßstab für eine Regulierung des Gesamtbereichs der internationalen Gewinnabgrenzung", gemeint ist damit wohl, dass § 1 sowohl die internationale Gewinnabgrenzung zwischen verbunden...

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