a) Grundfreiheiten

 

Rz. 16

[Autor/Stand] Unionsrechtliche Bedenken an den §§ 7–14 AStG. Werden im Schrifttum aus unionsrechtlicher Perspektive noch Bedenken gegen die §§ 7–14 AStG geäußert (s. auch Vor §§ 7–14 AStG Anm. 31 ff.),[2] lassen sich die Argumente nicht unmittelbar auf § 3 Nr. 41 EStG übertragen.[3] Daran ändert auch der Umstand nichts, dass § 3 Nr. 41 EStG systematisch auf den §§ 7–14 AStG aufbaut. Denn bei der Frage, ob eine nationale Rechtsvorschrift eine der einschlägigen Grundfreiheiten beschränkt, kommt es allein auf die Wirkungen an, die von der betreffenden Vorschrift ausgehen. Da es sich um eine Steuerbefreiung handelt, kann deshalb zunächst keine beschränkende Wirkung von § 3 Nr. 41 EStG ausgemacht werden. Etwas anderes kommt dann in Betracht, wenn aus der Überschreitung der Sieben-Jahres-Frist eine Überbesteuerung droht (s. Anm. 18 ff.). Gleiches gilt, wenn die Überbesteuerung daraus resultiert, dass Hinzurechnungsbeträge möglicherweise nicht verbraucht werden können, weil die ausl. Gesellschaft in dem Zeitraum zwischen Hinzurechnungsbesteuerung und Gewinnausschüttung ins Inland verzieht (s. Anm. 47) oder im Ausland an Umwandlungsmaßnahmen beteiligt ist (s. Anm. 51 ff.). Denn die §§ 7–14 AStG verlieren dort ihre unionsrechtliche Zulässigkeit, wo sie eine Steuerbelastung schaffen, die über den regulären Steuerzugriff im parallelen Inlandssachverhalt hinausgeht.[4]

 

Rz. 17

[Autor/Stand] Keine vollständige Beseitigung der Doppelbesteuerung. § 3 Nr. 41 EStG kann deshalb vom Grundsatz her auch nicht vorgeworfen werden, die Norm sorge nur für eine unvollkommene Beseitigung der Doppelbesteuerung. Das Problem einer den vergleichbaren inl. Sachverhalt übersteigenden Gesamtsteuerbelastung, zu der es im Bereich des ESt-Spitzentarifs kommen kann, wird grds. nicht durch die Freistellung nachfolgender Gewinnausschüttungen verursacht, sondern vorher durch die Ermittlung und Einbeziehung des Hinzurechnungsbetrags in das Einkommen des Anteilseigners gem. § 10 AStG. Sollte es deshalb im Einzelfall dazu kommen, dass bereits durch den Ansatz des HZB eine unionsrechtswidrige Überbesteuerung droht, so muss der Stpfl. die auf Grundlage von § 18 AStG ergangenen Hinzurechnungsbescheide anfechten. Etwas anderes gilt nur dann, wenn nachfolgende Beteiligungserträge unter Außerachtlassung des Zwecks von § 3 Nr. 41 EStG nicht von der Besteuerung ausgenommen werden.

 

Rz. 18

[Autor/Stand] Sieben-Jahres-Frist. Bei einem Überschreiten der Sieben-Jahres-Frist droht eine Überbesteuerung. Diese Frist beschränkt im Rahmen einer Investition in eine ausl. Zwischengesellschaft aufgrund des Beherrschungsverhältnisses[7] regelmäßig die Niederlassungsfreiheit (Art. 49 AEUV), bei Streubesitzbeteiligungen aber auch die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 AEUV), denn sie behandelt die ausl. Investition ungünstiger als den vergleichbaren inl. Sachverhalt.[8] Ein Beispiel soll die drohende Überbesteuerung verdeutlichen:

 

Beispiel 1:

In der folgenden Berechnung wird die Steuerbelastung einer Gewinnausschüttung außerhalb der Sieben-Jahres-Frist (mit Anrechnung der zu Lasten der ausl. Gesellschaft gezahlten Steuern) mit derjenigen eines Inl.-Sachverhalts verglichen, d.h. ohne vorherige Hinzurechnungsbesteuerung und jeweils unter Vernachlässigung von GewSt und SolZ.

 
Ausschüttung außerhalb der Sieben-Jahres-Frist
Ausl. Zwischengesellschaft   Inl. Gesellschafter (natürliche Person)
  Hinzurechnungsbesteuerung (Jahr 1) Nachfolgende Ausschüttung (Jahr 9)
Passive Einkünfte 100   HZB (§ 10 Abs. 1 AStG) 85 Einkünfte 85
  aHZB (§ 12 Abs. 1 Satz 2 AStG) 100 TEV ./. 34
z.v.E. 100   z.v.E. 100 z.v.E. 51
Ausl. KSt (15 %) 15   Inl. ESt (42 %) 42 Inl. ESt (42 %) 21,42
  Anrechnung (§ 12 Abs. 1 Satz 1 AStG) 15    
Ausschüttbarer Gewinn 85   Gesamtsteuerbelastung: 63,42 (= 63,42 %)
 
Ausschüttung im Inl.-Sachverhalt
Inl.-Gesellschaft   Inl. Gesellschafter (natürliche Person)
  Keine Hinzurechnungsbesteuerung Ausschüttung
Einkünfte 100   Einkünfte 85
  TEV ./. 34
z.v.E. 100   z.v.E. 51
Inl. KSt (15 %) 15   Inl. ESt (42 %) 21,42
     
Ausschüttbarer Gewinn 85   Gesamtsteuerbelastung: 36,42 (= 36,42 %)

Zwischen den Gesamtsteuerbelastungen klafft in diesem Fall eine unionsrechtliche Legitimationslücke von 27 (= 27 %). Eine Rechtfertigung dieser Beschränkung ist nicht ersichtlich. Die Überbesteuerung widerspricht dem unionsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsgebot.[9] Denn typisierende, unwiderlegbare gesetzliche Vermutungen zur Bekämpfung missbräuchlicher Gestaltungen werden nach der st. Rspr. des EuGH als unverhältnismäßig erachtet.[10] Dass die Begrenzung nach der Begründung des Gesetzgebers aus praktischen Erwägungen erforderlich sei,[11] überzeugt nicht, da nicht die FinVerw., sondern die Stpfl. den Nachweis darüber zu führen haben, inwieweit den Gewinnausschüttungen solche Hinzurechnungsbeträge zugrunde liegen, die bereits der ESt unterlegen haben (s. Anm. 68 f.).[12] Die Begründung vermag deshalb weder zu überzeugen, noch als Rechtfertigung für die von der Befristung ...

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